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Hausmüll-Deponie unter der Lupe

Verschiedene Ansätze für die Betriebsweise von Mülldeponien suggerieren, man könnte lange Nachsorgephasen verkürzen. So steht das "flushing"-Konzept für ein verstärktes "Ausspülen" von Schadstoffen durch erhöhten Wassereintrag. Eine neue Studie der TU stellt den gewünschten Effekt in Frage.

Abb. 1: Versuchsdeponie in Breitenau (Niederösterreich)

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Abb. 1: Versuchsdeponie in Breitenau (Niederösterreich)

Abb. 1: Versuchsdeponie in Breitenau (Niederösterreich)

Abb. 2: Wasserströmung in Hausmülldeponien

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Abb. 2: Wasserströmung in Hausmülldeponien

Abb. 2: Wasserströmung in Hausmülldeponien

Im Auftrag des <link http: www.lebensministerium.at _blank>BMLFUW hat das <link http: www.iwa.tuwien.ac.at _blank>Institut für Wassergüte- und Abfallwirtschaft der TU Wien im Rahmen der Forschungsförderung zur Altlastensanierung die Studie STRANDEZA ("Neue Strategien zur Nachsorge von Deponien und zur Sanierung von Altlasten") erstellt. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gefördert. Die Förderung wurde von der <link http: www.kommunalkredit.at _blank>Kommunalkredit Austria AG abgewickelt.

Untersucht wurde, wie die Wasserströmung durch Deponien simuliert werden kann und wie die Strömungsverhältnisse das Gefährdungspotential von Hausmülldeponien beeinflussen. Besonderes Augenmerk wurde auf die Wirkung unterschiedlicher Oberflächenabdeckungen auf den Wasser- und Stoffhaushalt von Hausmülldeponien gelegt. Aus den Untersuchungsergebnissen wurden Empfehlungen für den Betrieb und die Nachsorge von Deponien sowie für die Altlastensanierung abgeleitet.

Als Untersuchungsobjekt diente eine 1987 angelegte Versuchsdeponie in Breitenau (Niederösterreich). Damals wurden etwa 100.000 Tonnen Müll in drei getrennten "Kompartimenten" deponiert und mit unterschiedlichen Materialen (siehe Foto: 1 = Kies, 2 = Kies-Schluff und 3 = Kies-Schluff-Kompost) abgedeckt. Die seit Errichtung durchgängige Dokumentation ermöglichte es, den Einfluss der Abdeckungsvarianten auf den Wasserhaushalt und in der Folge auf den Stoffhaushalt der Deponie zu untersuchen.

Verschiedene - ursprünglich für bodenphysikalische Fragestellungen entwickelte - Softwarepakete dienten zur mathematischen Modellierung der Wasserdurchströmung der Deponie. Ein sogenanntes 2-Bereichsmodell erwies sich am geeignetsten zur Abbildung der Wasserströmung. Das Modell erlaubt es, die Deponie in Bereiche mit hoher Speicherkapazität und geringer Durchlässigkeit (Matrix) und Bereiche mit geringer Speicherkapazität und hoher Durchlässigkeit (bevorzugte Sickerwege) einzuteilen (vgl. Abb. 2). Die Unterteilung entspricht den Verhältnissen in einer Hausmülldeponie, die geprägt sind von den Inhomogenitäten des abgelagerten Mülls.

Die Erstellung von Stoffbilanzen ergab, dass nach 15 Jahren Deponierung erst ein geringer Teil der potentiell mobilisierbaren Stoffmenge die Deponie über Gasaustritt und Sickerwasser verlassen hat. So waren z.B. vom organischen Kohlenstoff noch mehr als 85% in der Deponie. Der spezifische Stoffaustrag wird, entgegen bisherigen Vorstellungen, nicht nur vom Wasserdurchsatz, sondern auch von der Wasserwegigkeit beeinflusst. Bei stärkerem Wassereintrag kann das Wasser hauptsächlich an bevorzugten Sickerwegen ablaufen. Es kommt deshalb mit großen Teilen der Deponie nicht in Kontakt. Die Stoffkonzentrationen im Sickerwasser an der Deponiebasis spiegeln demzufolge nur einen Teil der Deponie wider. Zukünftige Änderungen im Strömungsfeld der Deponie infolge deponieinterner Prozesse (Durchströmung bisher trocken gebliebener Bereiche) können wieder zu einem Ansteigen der Stoffkonzentrationen im Sickerwasser führen.

Im Forschungsprojekt konnte gezeigt werden, dass

  • nach 15 Jahren Deponierung noch eine sehr große Menge an wasserlöslichen potentiellen Schadstoffen in der Deponie vorhanden ist;
  • die Wasserströmung durch Deponien von der Inhomogenität des abgelagerten Abfalls bestimmt ist;
  • bei einem verstärkten Wasserzutritt das Wasser vermehrt über bevorzugte Sickerwege rasch abläuft und einen großen Teil der Deponie nicht berührt;
  • verstärkter Wassereintrag deshalb nicht zwangsläufig einen erhöhten Stoffaustrag bedeutet;
  • Nachsorgezeiträume von Jahrhunderten (!) durch erhöhten Wassereintrag nicht wesentlich verringert werden können.