Mit Nobelpreisträger Ertl am Fritz-Haber-Institut
Im GA-Trakt der Veterinärmedizinischen Universität Wien ist der Arbeitsbereich Physikalische Chemie des Institutes für Materialchemie beheimatet. Entsprechend gestaltet sich auch die Kulisse für TU-Professor Günther Rupprechter. Begleitet von Hundegebell und Hufgetrappel erzählt er, wie seine Vorliebe für Chemie und Physik bereits in der Kindheit ihren Ursprung hatte. „Ich bekam einen Chemiekasten geschenkt und war schon in der Schule sehr interessiert am Chemie- und Physikunterricht.“ 1985 begann das Chemiestudium an der Universität Innsbruck. Die Diplomarbeit schrieb Rupprechter auf dem Gebiet der physikalischen Chemie. Bereits in seiner Doktorarbeit, die er 1992 in Innsbruck begann, beschäftigte ihn die Charakterisierung von Nanoteilchen in Katalysatoren. Die Untersuchung der katalytischen Eigenschaften dieser Teilchen setzte er am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle an der Saale fort. 1996, nach Abschluss seiner Dissertation, folgte ein zweijähriger Auslandsaufenthalt als Post doc an der University of California, Berkeley. „Mein Doktorvater hatte Verbindungen nach Berkeley aber auch ans Fritz-Haber-Institut in Berlin. Ich bewarb mich für beide Stellen und wurde angenommen. Zunächst wollte ich aber Erfahrung in den USA sammeln, anschließend ging ich für sieben Jahre nach Berlin, um eine Arbeitsgruppe zum Thema Laserspektroskopie und Katalyse aufzubauen“, so Rupprechter. Seine Forschungstätigkeit beschäftigte ihn zunehmend mit der Untersuchung von katalytischen Prozessen auf Einkristalloberflächen, dünnen Filmen und Nanoteilchen. Am Fritz-Haber-Institut in Berlin lernte Günther Rupprechter den diesjährigen Chemienobelpreisträger Gerhard Ertl kennen. Im Oktober 2005 folgte er einem Ruf an die TU Wien und wurde zum Universitätsprofessor für Oberflächen- und Grenzflächenchemie am Institut für Materialchemie bestellt.
Forschungsschwerpunkt: Oberflächenchemie und Katalyse
Ein Schwerpunkt in der Forschung von Günther Rupprechter bildet die spektroskopische Untersuchung von Elementarprozessen der Katalyse an festen Oberflächen. Bei letzteren handelt es sich zumeist um metallische oder oxidische Nanoteilchen und Einkristalle. Technische Katalysatoren, die in der Industrie eingesetzt werden, sind oft pulverförmige Substanzen, die bei der Charakterisierung Nachteile aufweisen. So sind die aktiven Nanoteilchen manchmal so klein, dass sie selbst im Elektronenmikroskop nicht gefunden werden können. Unkontrollierte Syntheserückstände stellen ein weiteres Hindernis dar. Deshalb arbeiten Professor Rupprechter und sein Team mit atomar definierten Modellsystemen (Einkristalle, Filme und Nanoteilchen), die im Ultrahochvakuum kontaminationsfrei hergestellt, anschließend aber unter technisch relevanten Bedingungen untersucht werden. Daneben werden technische Katalysatoren unter definierten Bedingungen nasschemisch präpariert und umfassend charakterisiert. Ziel der Forschung ist, zu verstehen und zu beweisen, warum und wie ein Katalysator mit Molekülen interagiert, was auch zu Weiterentwicklungen der industriellen Katalyse führen soll. Rupprechter: „Unsere Strategie lautet analoge Experimente mit Modellkatalysatoren und mit technischen Katalysatoren durchzuführen. So können wir Unterschiede und Ähnlichkeiten feststellen und Abläufe auf molekularer Ebene verstehen. Für manche Reaktionen gibt es zwei bis drei mögliche Wege. Hier können wir durch gezielte Experimente den relevanten Reaktionsmechanismus herausfinden“.
Grundlagen versus Spezialisierung
Günther Rupprechter erlebte die Änderung der Studienpläne an der TU Wien und die Umstellung auf Bachelor und Master, die er insgesamt als sehr gute Entwicklung betrachtet, mit. Dennoch betont er, wie wichtig eine solide Grundlagenausbildung für die Studierenden sei. „Man hört immer wieder Schlagwörter wie Praxisbezug und Spezialisierung. Hier muss man aufpassen. Denn wenn im Studium die Spezialisierung zu früh beginnt, wie viel Zeit bleibt dann noch für die Grundlagenausbildung?“, merkt Rupprechter an. Bei vielen AbsolventInnen ist es laut Rupprechter so, dass sie in der Industrie ohnehin mit neuen Anforderungen konfrontiert werden und sich in neue Gebiete erst einarbeiten müssen. Es geht darum flexibel zu sein. „Damit man diesen Schritt schafft, ist eine solide und breite Grundlagenausbildung wichtig. Eine zu frühe Spezialisierung verschlechtert meiner Meinung nach die Chancen am Arbeitsmarkt anstatt sie zu verbessern.“
Rückkehr nach Österreich
Nach zehn Jahren im Ausland freut sich Günther Rupprechter wieder zurück in seiner Heimat Österreich zu sein. Für den gebürtigen Tiroler aus Jenbach hätte es „keine bessere Stelle geben können“, weil diese genau in sein Interessensgebiet passt. „Ich kann hier meine Forschung zu Oberflächenprozessen und Spektroskopie weiterentwickeln und es gibt gute Synergien mit den KollegInnen am Institut und in den Fakultäten, die ebenso an der Oberflächenchemie interessiert sind“, so Rupprechter.
Dass sein Forschungsgebiet „Oberflächenchemie“ bzw. die „Untersuchung chemischer Reaktionen auf festen Oberflächen“ erst kürzlich durch die Verleihung des Nobelpreises an Gerhard Ertl ins Medieninteresse rückte, freut Günther Rupprechter sehr. Ertl selbst lernte er während seines Studienaufenthalts in den USA sowie bei seiner späteren Tätigkeit am Fritz-Haber-Institut in Berlin kennen. Dort leitete Gerhard Ertl die Abteilung für Physikalische Chemie. Nach seiner Emeritierung 2004 „vererbte“ Ertl seine Bücher, ein paar davon Rupprechter. Günther Rupprechter erhielt für seine Forschungsarbeiten 2005 den Jochen-Block-Preis der deutschen Katalysegesellschaft „für die Anwendung von oberflächenanalytischen (Surface Science) Methoden auf die heterogene Katalyse“.
Günther Rupprechter – Professor für Oberflächen- und Grenzflächenchemie am Institut für Materialchemie
Reaktionsmechanismen in der Katalyse zu verstehen und abzuleiten beschäftigen den TU-Professor mit langjähriger Auslandserfahrung in Kalifornien und Berlin. Sein Forschungsgebiet teilt der gebürtige Tiroler mit dem diesjährigen Chemie-Nobelpreisträger. Die momentan erhöhte Aufmerksamkeit für die Oberflächenchemie sieht er als positiven Impuls. Für seine StudentInnen setzt er sich für eine solide Grundlagenausbildung ein.