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Gemeinsam inklusiv sprechen. Leitfaden für gendergerechte Sprache der TUW

Der neue Leitfaden für gendergerechte Sprache ist veröffentlicht. Er unterstützt die Angehörigen der Universität dabei, im Alltag inklusiv und respektvoll zu kommunizieren.

Grafische Darstellung zwier Köpfe mit Sprechblasen, einander zugewandt.

© VectorMine, stock.adobe.com

Miteinander sprechen: wertschätzend und offen für Vielfalt

Sprache wirkt. Denn wie wir sprechen, bestimmt, wer sich angesprochen fühlt. Ob in der Lehre, in E-Mails oder in offiziellen Dokumenten. Sprache kann Türen öffnen oder verschließen, Menschen sichtbar machen oder übergehen. Sprache prägt unser Denken, unser Zusammenleben und das Bild, das wir von der Welt haben.* Daher erzeugt, wer immer nur die männliche Form nutzt, ein Weltbild, in dem Männer im Zentrum stehen. Aus diesem Grund hat das Gender Equality Office der TU Wien im Auftrag des Rektorats einen Leitfaden für gendergerechte Sprache veröffentlicht. 

Vizerektorin Personal, Ute Koch, bringt auf den Punkt: „Mit diesem Leitfaden möchten wir an der TU Wien eine inklusive, gendergerechte Sprache fördern, die niemanden ausschließt und unsere Vielfalt sichtbar macht. Er soll Orientierung bieten und zu einer wertschätzenden Kommunikation im Sinne unserer gemeinsamen Werte beitragen.“

Mehr als Männer und Frauen

Lange Zeit ging es bei gendergerechter Sprache vor allem darum, Frauen neben Männern sichtbar zu machen. Doch unsere Gesellschaft ist vielfältiger: Es gibt Menschen, die sich weder als Frau noch als Mann identifizieren. Eine moderne, gendergerechte Sprache respektiert das – und lässt alle mitsprechen.

Dabei geht es nicht um „Sprachpolizei“ oder strenges Regelwerk, sondern um gegenseitigen Respekt. Wer inklusiv spricht, zeigt Haltung, egal ob in der Lehre, der Verwaltung oder Forschung.

Sprache verändert sich. Und wir uns mit ihr

Sprache ist lebendig, diese Erfahrung machen wir alle, und sie passt sich der Gesellschaft an. Daher ist auch der neue Leitfaden der TU Wien kein starres Regelwerk, sondern als eine praktische Orientierung mit Tipps und Beispielen gemeint, die sich stetig weiterentwickelt und dazulernt. 
Anfangs fühlt sich inklusives Formulieren vielleicht ungewohnt an, doch mit Übung wird es zur Routine. Perfekt muss niemand sein – der Wille zählt.

Ein augenzwinkerndes Beispiel zeigt, wie tief verankert manche Begriffe sind und wie angenehm inklusive Alternativen klingen können:

„Meine Herrschaften, wir müssen das Unternehmen auf Vordermann bringen – die Mannschaft steht bereit, dem Chaos Herr zu werden! Es ist Not am Mann, also staatsmännisches Auftreten! Egal ob das schwächere oder das andere Geschlecht – Hauptsache, der Mädchenname und die Muttersprache stimmen! Menschen beider Geschlechter, auf geht’s!“

Und in zeitgemäßer Sprache: 

„Liebe alle, unser Team bringt frischen Wind ins Unternehmen – gemeinsam räumen wir das Chaos weg! Es werden Leute gebraucht, also eloquent auftreten und mit Bravour glänzen. Ganz gleich, welches Geschlecht oder wie viele – Vielfalt macht uns stark! Geburtsname und Erstsprache? Schön, aber heute zählt vor allem Teamgeist und ein guter Kaffee!“

Der Perspektivwechsel zeigt: Inklusive Sprache schließt niemanden aus und klingt dabei viel besser.

Was nicht mehr reicht

Gendergerechte Sprache geht heute über altbekannte Formen hinaus. Ausdrucksweisen, die früher gängig waren, sind heute nicht mehr inklusiv. Dazu gehören:

  • Das generische Maskulinum („Professoren“, „Studenten“)
  • Generalklauseln wie „Mit der männlichen Form sind alle gemeint“
  • Doppelformen ohne Raum für Geschlechtervielfalt („Studenten und Studentinnen“)
  • Binnen-I („StudentInnen“) – macht nicht-binäre Personen unsichtbar

Wer wirklich alle ansprechen möchte, braucht neue, offene und vielfältige Formulierungen, die auch im neuen Leitfaden nachzulesen sind.

Was sagt der rechtliche Rahmen?

An der TU Wien ist die Verwendung gendergerechter Sprache verpflichtend – geregelt in § 11 des Frauenförderungsplans. Sie gilt für alle offiziellen Texte, auch in der Lehre.
Rechtlich basiert dies auf dem Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (§ 10a GlBG) sowie § 44 des Universitätsgesetzes. Der Begriff „Geschlecht“ umfasst laut Gesetz Identität, Merkmale, Ausdruck und Rolle – also auch trans*, inter* oder nicht-binäre Personen. Der Verfassungsgerichtshof bekräftigte 2018 das Recht auf selbstbestimmte Geschlechtsidentität (G77/2018). Seit 2020 sind in offiziellen Dokumenten sechs Geschlechtsoptionen vorgesehen:
weiblich, männlich, inter, divers, offen, keine Angabe – auch Universitäten sind gesetzlich verpflichtet, diese Vielfalt abzubilden (§ 13 Abs. 3 UHSBV).

Wir verstehen Sprache als Einladung

Gendergerechte Sprache lädt ein zum Mitdenken, Mitgestalten, Mitreden. Sie schafft ein Umfeld, in dem sich alle respektiert fühlen und ihr Potenzial entfalten können. Der neue Leitfaden der TU Wien ist ein Werkzeug auf diesem Weg – mit alltagsnahen Empfehlungen und der Einladung, Vielfalt auch sprachlich sichtbar zu machen. Probieren wir’s gemeinsam aus!

 

* Das belegen einer Reihe wissenschaftlicher Studien wie z.B. Zacharski, L.; Ferstl, E. C. (2023). Gendered Representations of Person Referents Activated by the Nonbinary Gender Star in German: A Word-Picture Matching Task. Discourse Processes, 60(4-5), 294-319.