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Gemeinsam forschen für öffentliche Räume

Stadtplanung ist ein transdisziplinäres Gebiet, das oft auch ungewöhnliche Forschungsmethoden braucht – dazu können Computerspiele genauso gehören wie Straßentheater.

Eine Frau beschäftigt sich mit einem Handy am Boden.

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Auch so kann Stadtplanungs-Forschung aussehen.

Ein Cover

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Das neue Buch von Sabine Knierbein und Chiara Tornaghi

Wir alle sind Teil des städtischen Raumes. Wir nutzen ihn, verändern ihn und diskutieren, wie man ihn verbessern könnte. In der Stadtplanung ist der Raum nicht bloß Untersuchungsgegenstand und leere Bühne für das, was entworfen und gebaut werden soll, sondern auch eine Begegnungszone, in der man Neues lernen kann, wo Kontakt geknüpft wird und wo Bildung stattfinden soll. Prof. Sabine Knierbein vom Interdisciplinary Centre for Urban Culture and Public Space am Department für Raumplanung der TU Wien hat gemeinsam mit Chiara Tornaghi (Coventry, UK) ein Buch darüber geschrieben, wie das tägliche Leben, die akademische Forschung und die stadtplanerische Bildung ineinandergreifen sollen. Das Buch „Public Space and Relational Perspectives. New Challenges for Architecture and Planning“ ist bei Routledge (London) erschienen.

Alle ins Boot holen – aber wie?
Eine Stadt kann man nicht am Reißbrett entwerfen. „Zuerst muss man die soziale Dynamik verstehen, die neue Trends im öffentlichen Leben, neue Bedürfnisse und innovative Lösungsideen hervorbringt“, sagt Sabine Knierbein. Es gab schon viele Versuche, in der Stadtplanung mehr Partizipation der betroffenen Bevölkerung zu erreichen, doch nicht immer waren sie erfolgreich.
 
Fingerspitzengefühl ist jedenfalls gefragt: „Es ist schön, wenn zu einer Informationsveranstaltung eingeladen wird, bei der Betroffene ihre Meinung zu städtebaulichen Projekten diskutieren können. Aber oft kommen dann nur wenige Leute – speziell Bevölkerungsgruppen, die nicht so gut deutsch sprechen, beteiligen sich nur zaghaft“, weiß Sabine Knierbein. Da kann es manchmal zielführender sein, die Leute einzuladen, gleich selbst mit der Schaufel vorbeizukommen, um etwa gemeinsam einen Spielplatz zu bauen. Ins gemeinsame Handeln kommen und in der Theorie die Kraft der räumlichen Praxis betonen kann ein nützlicher Weg sein.

Partizipative Aktionsforschung in der Stadt
In ihrer Forschungsarbeit, die nun in ein umfangreiches Buch mündete, befassten sich Knierbein und Chiara Tornaghi, die im Jahr 2009 als Gastprofessorin für Stadtkultur und öffentlicher Raum  an der TU Wien tätig war (Stifterin Stadt Wien), mit dem Aufbrechen von Grenzen zwischen Forschenden und städtischen Öffentlichkeiten, zwischen Planung und Umsetzungsprozess. Früher hat man oft versucht, den Status Quo zu analysieren, daraus Regeln abzuleiten und diese dann auf künftige Stadtentwicklungsprojekte anzuwenden. Dieser Prozess soll fluider, durchlässiger und inklusiver werden. „Dazu braucht es selbstreflexive Herangehensweisen, die einen Bogen spannen zwischen Raumtheorie, methodisch-innovativen Ansätzen und empirischer Stadtforschung“, sagt Sabine Knierbein.

Ganz unterschiedliche Zugänge wurden dabei ausprobiert: „Man kann beispielsweise Computerspiele entwickeln, die uns helfen, junge Leute in den sozialräumlichen Prozess hereinzuholen“, sagt Sabine Knierbein. Es gab Projekte, die mit Smartphones arbeiteten, es gab Experimente mit Straßentheater, wie auch Simulations-Planspiele. Forschung kann viele Gesichter haben und manchmal kann Forschung in konfliktbeladenen Situationen niederschwellig und generationenübergreifend durch Spielmethoden begünstigt werden.

Ganz wichtig ist für Knierbein die Bildungskomponente des Projekts: Die Stadtplanerinnen und Stadtplaner von morgen, die an der Universität lernen, sollen keine vorgefertigten Rezepte präsentiert bekommen, sondern stattdessen lernen, auf welche Weise man sich Lösungen direkt mit den Personen erarbeiten kann, die dann von den neuen Planungsideen profitieren sollen. Insofern richtet sich das Buch auch ganz speziell an Lehrende und an Studierende in Stadtplanung, Architektur und Stadtforschung. Es geht darum, den Seminarraum schon als einen ersten Ort zu verstehen, an dem sozialräumliche Prozesse simuliert werden können, etwa in Form von selbstorganisierten Gruppenarbeiten. Noch besser aber geht dies in den öffentlichen Räumen der Stadt, wo Intuition und Spontanität des Alltäglichen die Prozesse der Planenden maßgeblich verändern.

Tornaghi, C. and Knierbein, S (2015) Public space and relational perspectives. New challenges for architecture and planning. Routledge. New York/London., öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

Rückfragehinweis:
Prof. Sabine Knierbein
Department für Raumplanung
TU Wien
Karlsgasse 13, 1040 Wien
T: +43-1-58801-280020
sabine.knierbein@tuwien.ac.at

Aussender:
Dr. Florian Aigner
Büro für Öffentlichkeitsarbeit
Technische Universität Wien
Operngasse 11, 1040 Wien
T: +43-1-58801-41027
florian.aigner@tuwien.ac.at