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Für Sinteritis gibt es keine Heilung

Christian Gierl-Mayer wurde im Juli 2022 zum Professor am Institut für Chemische Technologien und Analytik der TU Wien berufen. Ein Ziel des von „Sinteritis“ betroffenen Prof. Gierl-Mayer ist die Überarbeitung des Lehrplans.

Porträtbild in Farbe mit hellem Hintergrund.

© www.fayer.at / Nelson

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Prof. Christian Gierl-Mayer

Die Köpfe der vier Beatles in fotorealistischer Porträtmalerei. Viergeteiltes Bild.

© Christian Gierl-Mayer

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Die "Beatles", fotorealistisch porträtiert von Christian Gierl-Mayer.

Im Juli 2022 wurde Christian Gierl-Mayer zum ordentlichen Professor an die TU Wien berufen. Mit ihr verwurzelt ist der frisch ernannte Professor allerdings schon seit Studienzeiten. Nach seinem Studium der Technischen Chemie trat er im Oktober 2003 er seine erste Arbeitsstelle als Assistent an der TU Wien an. Über seinen weiteren Werdegang berichtet Gierl-Mayer:

„Im Jänner 2016 erhielt ich eine Laufbahnstelle für ‚Metallische Sinterwerkstoffe‘, wodurch ich zum Assistant Professor ernannt wurde. 2019 habe ich mich für das Fach Pulvermetallurgie habilitiert und wurde dadurch 2019 zum Associate Professor ernannt. Im Oktober 2019 übernahm ich die Leitung der Forschungsgruppe Pulvermetallurgie, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster (164-03-3) von Prof. Danninger. Im Oktober 2021 wurde ich zum Forschungsbereichsleiter Chemische Technologien (164-03) ernannt.“

Im Gespräch gab er uns Einblicke in seine Forschungsinteressen, aber auch seinen Werdegang und seine ungewöhnlichen Hobbys.

„Für Sinteritis gibt es keine Heilung“ – Forschungsschwerpunkt Pulvermetallurgie

Das Sintern* beschäftigt Prof. Gierl-Mayer seit seinen Anfängen. Er widmete diesem Prozess bereits seine Diplomarbeit und seine Dissertation mit dem Titel „Herstellung von PM-Formteilen durch optimiertes Sintern“. Für diese Arbeit erhielt er im Jahr 2000 den Miba Preis zur Förderung der Technischen Wissenschaften. Ganz klar, ihn hat eine (vollkommen ungefährliche) Krankheit erfasst, die man allerdings ein Leben lang behält, wie er augenzwinkernd berichtet: die „Sinteritis“. Was es damit auf sich hat? Bis heute ist das Spezialgebiet von Prof. Gierl-Mayer die Pulvermetallurgie, ein spannendes und vielfältiges Forschungsgebiet, wie er findet. „Die internationale Community in diesem Bereich ist sehr gut vernetzt und freundschaftlich verbunden, wodurch ein vielfältiger Austausch entsteht. Prof. Gerhard Jangg hat das vor vielen Jahren „Sinteritis“ genannt, von der man nicht mehr loskommt, wenn man sich einmal angesteckt hat.“

Gierl-Mayers Forschungstätigkeit betrifft insbesondere die chemischen Interaktionen im frühen Stadium des Sinterns von verschieden pulvermetallurgischen Werkstoffen. Prof. Gierl-Mayer dazu: „Die Wechselwirkung der Sinteratmosphäre mit den Pulverkörpern hat sich über die Jahre zu einem speziellen Forschungsgebiet für die FG Pulvermetallurgie herauskristallisiert. Dies hat zu einem deutlich verbesserten Verständnis der Aufheizphase beim Sintern geführt. Die funktionellen Werkstoffe der Pulvermetallurgie, insbesondere die weichmagnetischen Eigenschaften, werden in den nächsten Jahren ein Hauptforschungsgebiet darstellen. Die Oberflächenreaktionen auf Stahlblechen im Kontakt mit oxidierenden Atmosphären wie sie beim Warmwalzen ober beim Verzinken auftreten, stehen ebenfalls im Mittelpunkt meiner Forschungstätigkeit.“

Prof. Gierl-Mayer beobachtet bereits jetzt, dass sich manches durch seine Berufung verändert hat, auch die bevorstehende Pensionierungswelle von Habilitierten im Institut würde zu einer Konsolidierung und Neuaufstellung führen, ist er überzeugt. "Ich bin hier aber guter Dinge, dass dies mit Hilfe einiger jüngerer Kolleg_innen hervorragend funktionieren wird. Einen wichtigen Baustein stellt hier die verbesserte Personalsituation durch die Berufungszusagen dar. Ich werde mich sicher in diversen Gremien einbringen, aber auch gemeinsam mit den Kolleg_innen die Lehre überarbeiten. Davon betroffen sind insbesondere die bei uns stattfindenden Laborübungen, die wir neu gestalten wollen.“

Schließlich hat uns auch die Persönlichkeit des Professors interessiert und ob er eine Prägung für sein Fach durch seine Familie erfuhr. Prof. Gierl-Mayer dazu:
"Ich bin der erste in der Familie, der die Matura gemacht hat. Ich komme vom Land, mein Vater war Kaufmann und meine Mutter Friseurmeisterin. Vom Studieren hatte keiner in der Familie eine Ahnung, aber ich erhielt wichtige Unterstützung dadurch, dass meine Großeltern zu dieser Zeit in Klosterneuburg lebten und mir eine Wohnung zur Verfügung stellten, was natürlich die finanzielle Belastung sehr entspannt hat." In seinem Privatleben schätzt der Professor die hohe Lebensqualität der Stadt Wien: ihre kulturellen Möglichkeiten, aber auch die Nähe zum Wienerwald, in den er gern mit dem Fahrrad fährt. Schließlich überrascht er mit ungewöhnlichen Hobbys: Prof. Gierl-Mayer beschäftigt sich seit vielen Jahren mit fotorealistischer Porträtmalerei. Dass er es dabei zu einer ziemlichen Kunstfertigkeit gebracht hat, zeigen etwa seine Porträts der Beatles. Der Tüftler pflegt auch noch ein zweites ausgefallenes Hobby: den Papiermodellbau. Für beides braucht es Eigenschaften, die ihm auch bei seiner beruflichen Tätigkeit zugute kommen: „Rennautos und Flugzeuge aus Papier fordern meine handwerkliche Geschicklichkeit. Die Parallelen zur Arbeit sind: Geduld, Geduld, Geduld sowie handwerkliche Geschicklichkeit, Improvisationsgabe.“