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ERC-Grant für Marcus Huber

Quanten, Komplexität und Thermodynamik: Marcus Huber verknüpft ganz unterschiedliche Bereiche der Physik auf neue Weise und erhält dafür einen ERC Consolidator Grant.

Marcus Huber mit spiegelndem Kristall

© IQOQI-Vienna, by Mateusz Kotyrba

Marcus Huber © IQOQI-Vienna, by Mateusz Kotyrba

Die Quantenphysik funktioniert ganz hervorragend – so lange man nur kleine Systeme erklären möchte, die bloß aus wenigen Teilchen bestehen. Große Dinge beschreibt man normalerweise nicht mit den Formeln der Quantenphysik, sondern mit den Gesetzen der klassischen Physik. Doch was passiert, wenn ein Quantensystem (etwa ein Atom) in Kontakt mit etwas Großem kommt, etwa mit einem Messgerät? Das gehört zu den schwierigsten Fragen der Physik, auf die man bis heute keine wirklich befriedigende Antwort gefunden hat.

Prof. Marcus Huber vom Atominstitut der TU Wien nimmt solche Fragen unter die Lupe. Einerseits möchte er damit modernen Quantentechnologien und ihrer praktischen Anwendung zum Durchbruch verhelfen, andererseits sollen neue theoretische Erkenntnisse gewonnen werden, um die Quantentheorie selbst besser zu verstehen. Vom European Research Council ERC wurde er nun mit einem „ERC Consolidator Grant“ ausgezeichnet, einer der prestigeträchtigsten und höchstdotierten Förderungen der europäischen Forschungslandschaft.

Was ist Zeit?

Die Grundgesetze der Physik unterscheiden eigentlich nicht zwischen Vergangenheit und Zukunft. „Es gibt nur zwei Bereiche der Physik, in denen die Richtung der Zeit eine entscheidende Rolle spielt“, erklärt Marcus Huber. Erstens die Thermodynamik: Sie sagt uns, dass die Entropie in geschlossenen Systemen zunimmt – geordnete Zustände werden normalerweise ungeordneter, das Gegenteil passiert nur ganz selten. Zweitens der quantenphysikalische Messprozess: Ein Quantensystem, das man zunächst isoliert betrachten kann, gerät in Kontakt mit seiner Umwelt. Vorher kann es in einem beliebigen Quantenzustand gewesen sein, danach sind nur noch ganz bestimmte „klassische“ Zustände möglich. Auch dieser Prozess lässt sich normalerweise nicht umkehren. 

„Die Vermutung liegt nahe, dass diese beiden Gebiete – die Thermodynamik und der Messprozess in der Quantenphysik – auf ganz fundamentaler Ebene etwas miteinander zu tun haben“, sagt Marcus Huber. „Daher wollen wir die Quantentheorie statistisch verstehen, ähnlich wie man mit Hilfe der Thermodynamik statistische Größen wie Druck und Temperatur verstehen kann.“

Die Basis für neue Technologie

Die Thermodynamik war die Basis für die industrielle Revolution: Ohne sie wären Dampfmaschinen oder Verbrennungsmotoren nicht möglich gewesen. Marcus Huber hofft, dass neue Einblicke in die Theorie von Quantensystemen und Quantenmessungen auf ähnliche Weise die Basis für neue Quantentechnologien bilden könnten: „Mit unseren Theorien lässt sich erklären, wie gut man welche Quantensysteme kontrollieren kann, und wie effizient das ist.“

Anwendungen dafür gibt es viele – von „Quantenkühlschränken“, die extrem tiefe Temperaturen ermöglichen, bis zur Übertragung von Quanteninformation und einem künftigen Quanteninternet. „Ganz wichtig ist uns, selbst auch Experimente durchzuführen und mit experimentellen Forschungsgruppen auf der ganzen Welt zusammenzuarbeiten“, sagt Marcus Huber. „Mit neuen Erkenntnissen aus der Theorie lässt sich auch berechnen, wo die Grenzen bisheriger Quantentechnologien liegen, und welche von ihnen man vielleicht überwinden kann.“

Marcus Huber

Marcus Huber studierte Physik an der Universität Wien, wo er 2010 auch seine Doktorarbeit abschloss. Danach arbeitete er an der Universität Bristol, an der Universität von Barcelona sowie an der Universität Genf. 2016 kehrte er nach Wien zurück, als Gruppenleiter am IQOQI (dem Institut für Quanten Optik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften). Seit 2020 ist er Professor (assoc. Prof.) an der TU Wien, seine international zusammengesetzte Forschungsgruppen ist sowohl am IQOQI als auch an der TU Wien beheimatet. Marcus Huber konnte bereits viele hochdotierte Forschungsförderungen einwerben und prestigeträchtige Wissenschaftspreise gewinnen – darunter ein Marie-Curie-Stipendium der EU (im Jahr 2011) und der START-Preis des FWF (2015). Außerdem ist er Gründer der Fachzeitschrift „Quantum“ mit Sitz in Wien, das mittlerweile zu den Top-Journalen in der Quantenforschung zählt. 


Rückfragehinweis

Prof. Marcus Huber
Atominstitut
Technische Universität Wien
+43 1 58801 141881
marcus.huber@tuwien.ac.at 


Aussender:
Dr. Florian Aigner
PR und Marketing
Technische Universität Wien
Resselgasse 3, 1040 Wien
+43 1 58801 41027
florian.aigner@tuwien.ac.at