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Die Suche nach dem Sternenstaub

Woraus besteht ein Komet? Forschungsteams auf der ganzen Welt untersuchen nun die Zusammensetzung von Tschurjumow-Gerassimenko. Auch die TU Wien ist mit dabei.

Die Raumsonde Rosetta [1]

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Die Raumsonde Rosetta [1]

Die Raumsonde Rosetta [1]

Staubpartikel vom Kometen Tschurjumow-Gerassimenko; auf einer Goldfolie gesammelt durch COSIMA

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Staubpartikel vom Kometen Tschurjumow-Gerassimenko; auf einer Goldfolie gesammelt durch COSIMA

Staubpartikel vom Kometen Tschurjumow-Gerassimenko; auf einer Goldfolie gesammelt durch COSIMA

Ein zweiter Staubpartikel

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Ein zweiter Staubpartikel

Ein zweiter Staubpartikel

Es war wohl das meistgefeierte wissenschaftliche Ereignis des Jahres 2014: Der Europäischen Weltraumorganisation ESA gelang es, mit der Raumsonde Rosetta den Kometen Tschurjumow-Gerassimenko zu erreichen und sogar ein Landegerät auf ihm zu platzieren. Große Mengen an wissenschaftlichen Daten werden seither gesammelt, und auch die TU Wien ist an ihrer Auswertung beteiligt. Prof. Kurt Varmuza wertet massenspektrometrische Daten aus, um herauszufinden, aus welchen chemischen Substanzen der Komet zusammengesetzt ist. Erste Ergebnisse wurden nun im Fachjournal Nature publiziert.

Die Moleküle und ihr Fingerabdruck

In einem Abstand von ungefähr zehn Kilometern umkreist Rosetta den Kometen. Das ist nahe genug, um kleine Staubkörner aufzufangen, die sich ständig vom Kometen lösen und ins All entweichen. „An Bord der Raumsonde Rosetta befindet sich COSIMA, ein Sekundärionen-Flugzeit-Massenspektrometer“, erklärt Kurt Varmuza.

Das Problem dabei ist allerdings, dass sich die Signale der unzähligen Bestandteile der Partikel überlagern. Aus den Messdaten herauszulesen, welche Moleküle in der Probe vorkommen, ist ähnlich kompliziert wie die Analyse von Fingerabdrücken auf einem Glas, das unzählige Menschen in der Hand hatten.

Große Datenmengen
„Mittlerweile wurden mehr als 3000 Staubkörner durch COSIMA gesammelt und tausende Massenspektren gemessen“, erzählt Varmuza. „Jedes von ihnen besteht aus etwa 100.000 Zahlen – und all diese Daten mussten von Rosetta an die Erde gefunkt werden.“

Kurt Varmuza beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Massenspektrometrie. Mittlerweile ist er im Ruhestand, bringt aber heute als Mitarbeiter im Team von Prof. Peter Filzmoser am Institut für Stochastik und Wirtschaftsmathematik sein Wissen über spektrometrische Datenanalyse ein. Er leitet das vom FWF kürzlich bewilligte Projekt "Meteoriten-Chemie und Vergleich mit Kometendaten von Rosetta" und arbeitet an mathematischen Methoden, aus den vielen Daten verlässliche Aussagen über die chemische Zusammensetzung der Proben abzuleiten.

Das COSIMA-Projekt wird von Martin Hilchenbach im Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen geleitet. Dort befindet sich ebenfalls ein COSIMA-Massenspektrometer, die Zwillingsschwester des Gerätes auf der Rosetta-Sonde. Die Messdaten von Rosetta mit den Daten eines baugleichen Gerätes auf der Erde vergleichen zu können, ist für das Projekt an der TU Wien sehr wichtig.

Kommt das Leben aus dem All?

Die Untersuchung des Kometen ist nicht zuletzt auch eine Suche nach den Ursprüngen des Lebens. Es wäre denkbar, dass die ersten komplexen organischen Moleküle auf unserem Planeten nicht hier entstanden sind, sondern auf Asteroiden und Kometen zu uns gekommen sind. „Die große Sensation wäre es natürlich, auf Tschurjumow-Gerassimenko tatsächlich komplizierte organische Moleküle zu finden“, sagt Kurt Varmuza. Doch gerade solche Moleküle sind schwer zu identifizieren. „Wenn sich dort Kohlenstoffverbindungen finden lassen, dann gibt es eine große Vielzahl, sodass die genaue Identifikation kaum möglich  sein wird“, warnt Varmuza.
 
Besonders spannend wird das Projekt, wenn sich der Komet samt Sonde der Sonne nähert: Dann wird die Staubschicht rund um den Kometen nämlich weggeblasen und andere Partikel werden sich vom Kometen lösen. „Möglicherweise erhalten wir dann völlig andere Daten“, sagt Varmuza. Jedenfalls wird die Wissenschaft noch Jahre damit verbringen, die Messdaten von Rosetta genau zu analysieren und die Zusammensetzung von Tschurjumow-Gerassimenko zu ergründen.

[1] Foto: ESA


Mehr dazu:
<link http: www.nature.com nature journal vaop ncurrent full nature14159.html _blank link_extern>Schulz R. et al., Nature, issue 12 Feb 2015: "Comet 67P/Churyumov-Gerasimenko sheds dust coat accumulated over the past four years".

<link http: www.esa.int our_activities space_science rosetta rosetta_watches_comet_shed_its_dusty_coat _blank link_extern>ESA: Rosetta watches comet shed its dusty coat

<link http: www.lcm.tuwien.ac.at vk _blank link_extern>Prof. Kurt Varmuza