News

Die Parkinson-Krankheit auf einem Chip

Dritter Platz beim Houskapreis 2020: Einem Team der TU Wien gelang es, Hirngewebe auf einem Bio-Chip zu züchten und wurde dafür nun ausgezeichnet.

Im Biochip-Labor der TU Wien

1 von 3 Bildern oder Videos

Im Biochip-Labor der TU Wien

Prof. Peter Ertl (3. von rechts) und sein Team

1 von 3 Bildern oder Videos

Das Biochip-Team

Prof. Peter Ertl (3. von rechts) und sein Team

Ein sensor-integrierter mikrofluidischer Chip, mit einem Mittelhirn Organoid

1 von 3 Bildern oder Videos

Der Biochip

Ein sensor-integrierter mikrofluidischer Chip, mit einem Mittelhirn Organoid

Die richtigen Medikamente gegen die Parkinson-Krankheit zu finden, ist oft schwierig. Genetische Faktoren spielen dabei eine große Rolle. Der Forschungsgruppe von Prof. Peter Ertl an der TU Wien ist ein wichtiger Erfolg gelungen: Auf Bio-Chips kann man aus Stammzellen winzige Gewebestücke kultivieren, an denen man dann ganz gezielt unterschiedliche Therapiemöglichkeiten ausprobieren kann. So könnte das Forschungsprojekt „Parkinson’s-on-a-Chip“ Tierversuche in der Medikamentenentwicklung ersetzen. Gemeinsam mit Industriepartnern in Österreich und Luxembourg soll eine patientenorientierte Präzisionstherapie entwickelt werden.

Dieses Projekt wurde nun in der Kategorie „Hochschulforschung“ beim Houskapreis 2020, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster mit dem dritten Platz ausgezeichnet. Die Nominierungen wurden von einer Fachjury ausgewählt, der dritte Platz, dotiert mit 20.000 Euro, wurde dann auf Basis eines Publikumsvotings vergeben. Der Sieg in der Kategorie „Hochschulforschung“ ging an die TU Graz.

Minigewebe aus Stammzellen

Die Parkinson-Krankheit wird durch einen Mangel an dopaminproduzierenden Nervenzellen in der „Substantia Nigra“ verursacht, einem Teil des Gehirns, der ungefähr in der Mitte unseres Kopfes liegt. Das kann dann zu den typischen Symptomen führen: Bewegungsschwierigkeiten, Steifheit, Muskelzittern.

Eine Besserung durch Medikamente ist möglich. „Doch was bei einer betroffenen Person wirkt, kann bei anderen Leuten die falsche Therapie sein“, sagt Prof. Peter Ertl, Leiter der CellChip-Gruppe am Institut für Angewandte Synthesechemie der TU Wien. „Mindestens 15 verschiedene Gene konnten bereits mit der Parkinson-Krankheit in Verbindung gebracht werden. Es ist daher wichtig, dass die Therapie für Betroffene genau maßgeschneidert wird.“

Das gelingt mit einem persönlichen Parkinson-Modell am Bio-Chip: Aus einer Hautprobe kann man Stammzellen gewinnen, aus denen dann im Labor ein Mittelhirn-ähnliches Minigewebe entsteht – in einer Größe von einigen Milimetern. „Wir konnten zeigen, dass anhand dieser Minigewebe der degenerative Parkinson-Krankheitsverlauf nachgestellt werden kann“, sagt Peter Ertl. „Der genetische Hintergrund des am BioChip generierten Minigewebes entspricht dem des Patienten, daher kann man auf diese Weise austesten, welche Behandlungsmethode in diesem individuellen Fall die besten Erfolgschancen hat.“

Präzise Kontrolle im Bio-Chip

Peter Ertls Forschungsteam hat jahrelange Erfahrung in Organ-on-a-Chip-Technologien: Die Biochips bestehen aus winzigen Kammern, in denen das Gewebe auf genau kontrollierte Weise mit den richtigen Substanzen versorgt werden kann. Gleichzeitig lässt sich das Gewebe im Bio-Chip sehr exakt untersuchen. „Wir können so die biophysikalischen Bedingungen im Mittelhirn genau nachstellen. Das erlaubt uns, eine Reihe von Krankheitsindikatoren wie Sauerstoffbedarf, Dopaminausschüttung oder Melaninproduktion zeitaufgelöst zu erfassen und die Reaktionen von kranken Zellverbänden auf Medikamentenzugabe zu bestimmen“, sagt Peter Ertl.

Nachdem nun nachgewiesen konnte, dass sich die Technologie zur Untersuchung von Parkinson-Behandlungsmöglichkeiten eignet, soll nun gemeinsam mit Partnerunternehmen aus der Pharmaindustrie weitergeforscht werden: Die Wiener Firma SAICO Biosystems und Denz Bio-Medical sowie das Luxemburger Unternehmen Organo Therapeutics wollen in Kooperation mit der TU Wien die Biochip-Technologie weiter verbessern und für die Parkinson-Medikamentenentwicklung nutzen.

Kontakt

Prof. Peter Ertl
Institut für Angewandte Synthesechemie
Technische Universität Wien
Getreidemarkt 9, 1060 Wien
peter.ertl@tuwien.ac.at