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Die Ameisen und der Parasiten-Pilz

Genetische Untersuchungen ergeben: Bereits seit Jahrmillionen betreiben Ameisen Landwirtschaft, und ähnlich lange haben sie dabei mit Parasiten zu kämpfen.

Blattschneiderameisen

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Blattschneiderameisen

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Verschiedene Pilze aus den Labors der TU Wien

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Verschiedene Pilze aus den Labors der TU Wien

Zwei verwandte mykoparasitische Pilze interagieren miteinander: E. weberi ist ein Schädling, der die Pilz-Farmen von Ameisen befällt, T. atroviride ist ein nützlicher Pilz, der zum Schutz von Pflanzen eingesetzt wird. [1]

Vor tausenden Jahren entwickelten wir Menschen die Landwirtschaft. Ameisen können das allerdings schon viel länger. Seit etwa fünfzig Millionen Jahren gibt es Ameisen, die bestimmte Pilze kultivieren. Doch genau wie menschliche Landwirte haben auch Ameisenvölker mit Schädlingen zu kämpfen. Andere Pilze schmuggeln sich in die Pilz-Farmen der Ameisen ein. Nun wurden diese Pilze chemisch und genetisch untersucht um ihren Strategien auf die Spur zu kommen.

Der Pilz hilft beim Zerlegen der Blätter
Blattschneiderameisen leben in Symbiose mit bestimmten Pilzen, die ihnen als Hauptnahrungsquelle dienen. Die Ameisen schneiden Blätter in kleine Stücke und verfüttern sie an die Pilze. Den Pilzen gelingt es, die Pflanzenzellen und ihre Inhaltsstoffe aufzubrechen, erst dadurch werden sie für die Ameisen bekömmlich.

Allerdings gibt es Schimmelpilze wie Escovopsis weberi, von denen die Pilzfarmen der Ameisen immer wieder befallen werden. Irina Druzhinina war mit ihrem Team vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften der TU Wien nun an einem Forschungsprojekt beteiligt, in dem das Erbgut von E. weberi entschlüsselt wurde. Geleitet wurde die Studie von einem Team der Universität Atlanta (USA). Dabei wurde  entdeckt, dass sich E. weberi bereits vor 50 Millionen Jahren von verwandten Pilzen abgespalten hat. Seitdem hat er sich darauf spezialisiert, von den Früchten der Landwirtschaft der Ameisen zu profitieren.

An der TU Wien hat man viel Erfahrung mit Pilzen aus der Gruppe von E. weberi, die für ihre Fähigkeit bekannt sind, andere Pilze zu parasitieren. Das Team von Irina Druzhinina verglich seine DNA mit der DNA des Pilzes Trichoderma, dem bestuntersuchten parasitischen Schimmelpilz überhaupt. „Viele nahe Verwandte von E. weberi haben gelernt, auch andere Nahrungsquellen zu nutzen, etwa pflanzliche Biomasse. Aber E. weberi hat die dafür nötigen Gene nie erworben“, sagt Druzhinina. Sein Erbgut ist auf das Wesentlichste reduziert und gehört zu den kleinsten in der Sippe der echten Schlauchpilze.

Allerdings hat er sich die Fähigkeiten behalten, Giftstoffe herzustellen. Er attackiert die Pilze, die von den Ameisen kultiviert werden, und er verfügt auch über die nötigen Enzyme, um ihre Nährstoffe aufzuschließen. Außerdem kann er Antibiotika neutralisieren. Damit versuchen sich nämlich die Kulturpilze vor ihm zu schützen, und auch die Ameisen setzen Antibiotika in der Schädlingsbekämpfung ein, indem sie Bakterien fördern, die solche Substanzen produzieren.

Worauf der Schädlingspilz aber offensichtlich verzichtet, obwohl seine Vorfahren dies anscheinend praktizierten, ist Sex. Denn auf seinem Genom fanden sich weder bekannte Pilzgene, die eine Geschlechtszugehörigkeit bestimmen (sogenannte Paarungs-Typ Gene), noch Pheromone (chemische Botenstoffe), die bei seinen nahen Verwandten für die sexuelle Fortpflanzung essenziell sind.

Die Forschungsergebnisse geben interessante Anregungen für weitere Untersuchungen von parasitären Pilzen. Dadurch könnten sich auch neue Produkte für den Schutz von Nutzpflanzen vor schädlichen Pilzen (Biofungizide) ergeben.
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Originialpublikation

 [1] Fotos: Lea Atanasova und Komal Chenthamara, TU Wien