News

Das Zentrum für den Röntgenblick

Das Röntgenzentrum der TU Wien besteht seit 2010. Ganz unterschiedliche Forschungsprojekte werden dort mit Spitzengeräten und Know-how unterstützt.

Röntgengeräte und Menschen, die an Computern sitzen

Im Röntgenzentrum der TU Wien

Röntgenstrahlen sind ein unverzichtbares Werkzeug für die Materialforschung. Man benötigt sie in der Chemie genauso wie in der Physik oder den Ingenieurswissenschaften. Sogar für die Untersuchung alter Kunstgegenstände können Röntgenstrahlen von entscheidender Bedeutung sein.

Weil der Bedarf nach Röntgen-Technologien an der TU Wien so groß ist, entschloss man sich im Jahr 2010, die Röntgeneinrichtungen des Hauses zu bündeln: Anstatt für verschiedene Institute verschiedene Röntgengeräte anzuschaffen wurde ein institutsübergreifendes Röntgenzentrum mit erstklassigen Geräten eingerichtet. Möglich wurde das durch großzügige finanzielle Unterstützung durch das Universitätsinfrastrukturprogramm der Stadt Wien, durch das Wissenschaftsministerium und durch Eigenmittel der TU Wien.

Diese Strategie hat sich bewährt: Eine sehr erfolgreiche Bilanz kann gezogen werden. Eigentlich hätte es bereits im Jahr 2020 aus diesem Grund eine Jubiläumsfeier geben sollen – die wurde wegen der Pandemie allerdings immer wieder verschoben. Im Juni 2023 wurde sie endlich nachgeholt. Fest steht: Das Röntgenzentrum ist mit vielen Instituten innerhalb und auch außerhalb der TU Wien bestens vernetzt, die Auslastung der Geräte ist extrem hoch, der wissenschaftliche Output ist groß.

Wellen, die zu den Atomen passen

Wer von Röntgengeräten hört, denkt zuallererst vielleicht an Bilder gebrochener Knochen aus dem Krankenhaus, doch damit hat die Arbeit am Röntgenzentrum der TU Wien kaum etwas zu tun. Während ein Röntgenbild im Krankenhaus nur zeigt, wo Röntgenstrahlen stärker oder schwächer absorbiert werden, nutzt man am Röntgenzentrum die Technik der Röntgendiffraktion – die Wechselwirkung von elektromagnetischen Wellen und Materie auf atomarer Skala.

Das Licht, das wir sehen können, hat eine Wellenlänge von einigen hundert Nanometern. Das ist für menschliche Maßstäbe zwar klein, aber verglichen mit der Größe von Atomen und Molekülen immer noch gewaltig groß. Röntgenstrahlen haben eine viel kleinere Wellenlänge. Sie entspricht ungefähr dem Abstand zwischen benachbarten Atomen in einem Kristall. Deshalb eignen sie sich so gut für die Untersuchung von Materialien: Die Art, wie Röntgenstrahlen von verschiedenen Materialien gebeugt und reflektiert werden, hängt empfindlich von den Eigenschaften des Materials ab. So kann man durch die Analyse der Röntgenstrahlen ermitteln, welche Atome im Material auf welche Weise angeordnet sind, oder auch, welche Fehler eine Kristallstruktur enthält und wie häufig sie auftreten.

„Wir haben eine erstklassige Laborausstattung mit ganz unterschiedlichen Röntgengeräten“, sagt Klaudia Hradil, die das Röntgenzentrum seit seiner Gründung leitet. „Für ein einzelnes Institut wäre es unmöglich, Geräte in dieser Zahl und Qualität anzuschaffen, durch das Röntgenzentrum können alle Institute hervorragende Technologie in Anspruch nehmen.“ Dazu kommt, dass das Personal des Röntgenzentrums optimale Unterstützung anbieten kann, damit bei jedem Forschungsprojekt das Bestmögliche aus den Geräten herausgeholt wird.

Von der Batterie bis zum Kunstgegenstand

„Wir haben in den letzten zehn Jahren viele sehr erfolgreiche Forschungsprojekte unterstützt, dabei sind zahlreiche gemeinsame wissenschaftliche Publikationen entstanden“, sagt Klaudia Hradil. „Welche Atome sind in einem bestimmten Material enthalten, und in welcher Menge? Wie sind winzige Kristalle in einer Probe räumlich orientiert? Treten in einem Material mechanische Spannungen auf? All diese Fragen können wir mit unseren Methoden beantworten.“ Wichtig ist das in vielen Bereichen, von der Entwicklung neuer Materialien, etwa für neuartige Batterietechnologien, bis hin zur Untersuchung von Korrosion, um beispielsweise die Haltbarkeit von Bauteilen zu verbessern.

Manchmal eröffnen sich auch neue Forschungsthemen, mit denen man zunächst gar nicht gerechnet hat: „Vor einigen Jahren suchten wir nach interessanten Themen für einen Schulworkshop und sind so auf die Idee gekommen, auch alte Kulturgüter mit Röntgenmethoden zu untersuchen“ erzählt Hradil. „Mehrere Museen waren begeistert von den Möglichkeiten, die sich bei uns ergeben. Und so wurde dieser Bereich zu einem wichtigen und sehr erfolgreichen Forschungsthema für uns.“

Erfolgreiche Kooperationen

Wichtig sind auch Kooperationen mit Firmen, um die Möglichkeiten der Röntgenanalyse gemeinsam weiterzuentwickeln. Auch mit anderen Universitäten gibt es eine rege Zusammenarbeit, so wurde etwa gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur ein neues Gerät im Wert von zwei Millionen Euro aufgebaut. Auch mit internationalen Großanlagen, etwa mit Synchrotrons und Neutronenquellen wird zusammengearbeitet.

„Vernetzung ist in der Wissenschaft unverzichtbar“, sagt Klaudia Hradil. „Wir sind einerseits der zentrale Knotenpunkt für Röntgenforschung innerhalb der TU Wien, andererseits auch Schnittstelle nach außen. Das hat sich sehr bewährt. Unsere Geräte sind fast rund um die Uhr im Einsatz und die Forschungserfolge können sich sehen lassen.“