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Cooler Kuppelbau

Dass die Erde keine Scheibe ist, das gilt als gesichert. Bauingenieure der Technischen Universität Wien bringen nun neuen Zündstoff in die "Scheibendiskussion": Sie lassen aus Scheiben Kuppeln entstehen und verwenden dazu Eis oder Beton. Mit ihrem neuen Verfahren zur Herstellung von Kuppeln könnte der Bau dieser statisch sehr anspruchsvollen Konstruktionen wieder "in" werden.

Abb. 1: Ausgangssituation: "Eis-Scheibe": Bei der bereits patentierten "Scheibentechnologie" entsteht grob gesprochen aus einer Scheibe eine Kuppel.

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Abb. 1: Ausgangssituation: "Eis-Scheibe": Bei der bereits patentierten "Scheibentechnologie" entsteht grob gesprochen aus einer Scheibe eine Kuppel.

Abb. 1: Ausgangssituation: "Eis-Scheibe": Bei der bereits patentierten "Scheibentechnologie" entsteht grob gesprochen aus einer Scheibe eine Kuppel.

Abb. 2: Durch Druck und Zug entsteht die Eiskuppel.

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Abb. 2: Durch Druck und Zug entsteht die Eiskuppel.

Abb. 2: Durch Druck und Zug entsteht die Eiskuppel.

Abb. 3: Von innen beleuchtete Eiskuppel.

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Abb. 3: Von innen beleuchtete Eiskuppel.

Abb. 3: Von innen beleuchtete Eiskuppel.

Abb. 4: Innenansicht der Eiskuppel

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Abb. 4: Innenansicht der Eiskuppel

Abb. 4: Innenansicht der Eiskuppel

Abb. 5: Videostream "Wie die Eiskuppel entsteht" [Zum Abspielen benötigen Sie RealOne Player]

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Abb. 5: Videostream "Wie die Eiskuppel entsteht" [Zum Abspielen benötigen Sie RealOne Player]

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Kuppeln zu bauen übte seit jeher Faszination aus, weil sie bautechnisch eine große Herausforderung bedeuten. Das Schwierigste daran: die Statik. Bereits in der Antike und im Mittelalter wurden sehr massive Kuppeln gebaut (z. B. Kuppel im Pantheon mit 43 Metern Spannweite), ihre dünneren Nachfolgerinnen erlebten in den 30er und 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts ihre Hochblüte – Beispiele dafür sind das Zeiß Planetarium in Jena oder die Großmarkthalle in Leipzig.

Aus der Mode gekommen sind Kuppelbauten aus mehreren Gründen: konstruktionsbedingt war die Verwendung einer Schalung erforderlich. Das war materialintensiv, teuer und aufwändig. Bauingenieure des Instituts für Stahlbeton- und Massivbau der TU Wien wollen dem Kuppelbau aber wieder zu neuer Renaissance verhelfen. Was liegt näher, als auf die Schalung zu verzichten? Bei der bereits patentierten "Scheibentechnologie" entsteht grob gesprochen aus einer Scheibe eine Kuppel. Man benötigt dazu nur eine Pumpe und ein seilähnliches Spannglied, wie sie bei Sesselliften und Seilbahnen verwendet werden. Damit die neue Technik funktioniert, braucht man flüssiges Material wie Beton oder Wasser – es muss nur irgendwann aushärten.

Mit Pumpe und Spannglied zur Kuppel

Mit Beton ist das Institut für Stahlbeton- und Massivbau bestens vertraut und hat sich daher in den ersten Versuchen zuerst an den Bau von Betonkuppeln herangewagt. Als das gelungen ist, galt der Ehrgeiz der Erzeugung von Eiskuppeln.

Das grundsätzliche Patentrezept des neuen Kuppelbaus ohne Schalung: flüssiges Material wird auf flachem Untergrund in eine Scheibenform gegossen und härtet dort aus. Rund um die Scheibe liegt ein Spannglied, das zusammengezogen wird. Gleichzeitig wird die Scheibe in der Mitte aufgepumpt. Durch beides – Druck und Zug – entsteht dann die Kuppel. Ganz ohne Bewehrung, d.h. die Einarbeitung von Material in Werkstoffe und Bauteile, damit diese belastbarer sind, geht es aber nicht. Während bei der Betonkuppel Bewehrungsstäbe verwendet wurden, ließ man sich extra für die Eiskuppel von der TU-Dresden durchsichtiges Glasfasergewebe anfertigen.

Die im Labor an der TU Wien erzeugten Kuppeln haben einen Durchmesser von etwas mehr als 5 Metern und sind rund 90 Zentimeter hoch. "In der Praxis kann man mit unserer Technologie Beton-Kuppeln bis zu 80 Metern Durchmesser erzeugen, bei Eis sind es 30 Meter," erläutert Johann Kollegger, Institutsvorstand des Instituts für Stahlbeton- und Massivbau der TU Wien, einen möglichen Einsatz für die Praxis.

Neuartiger Kuppelbau lockt auch ArchitektInnen und Geo-InformatikerInnen an

"Kuppeln üben schon grundsätzlich auf Bauingenieure großen Reiz aus. Wenn es jedoch um Eis geht, geraten sie geradezu ins Schwärmen. Aus der vielleicht als Spielerei abgetanen Laborarbeit können jedoch wichtige Rückschlüsse für die numerische Simulation und für den Bau von großen Schalentragwerken gewonnen werden", argumentiert Johann Kollegger die Beforschung des Eiskuppelbaus.

Von großem Forschungsinteresse sind die Eiskuppeln aber auch für ArchitektInnen und WissenschafterInnen des Instituts für Photogrammetrie der TU Wien. Während ArchitektInnen Schalen als Dachtragwerke für Veranstaltungshallen einsetzen möchten, interessieren sich die Photogrammetrie-ExpertInnen für die vermessungstechnische Dokumentation des Formgebungsprozesses mittels Laser-Scanner.

Eiskuppeln – Quo vadis?

"Für die Überdachung von Eisbars oder sogar Veranstaltungsräumen im Freien eignen sich unsere Eiskuppeln perfekt. Voraussetzung ist natürlich ein hochgelegener Wintersportort mit einer langen Wintersaison. Die Kuppeln sollten im Dezember aufgebaut werden und bis Ende Februar, Anfang März benützbar sein", resümiert Kollegger über die Zukunft "seiner" Eiskuppeln.

Mehr zur Faszination der Eiskuppeln ist auch in Modern Times, 23. Juli 2004, 22:35 Uhr, ORF2, zu sehen.