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Beben auf mikroskopischer Skala

Winzige Vibrationen verwendet man heute oft in der Sensortechnik. An der TU Wien wurde nun gezeigt: Auf besonders kleinen Größenskalen dominiert ein unerwarteter Effekt.

Zwei schwingende Strukturen erzeugen Wellen, die sich an der Oberfläche ausbreiten.

Zwei schwingende Strukturen erzeugen Wellen, die sich an der Oberfläche ausbreiten.

Eine Stimmgabel besteht aus zwei Armen, die in Schwingung versetzt werden und unten miteinander gekoppelt sind. So ähnlich kann man sich auch Sensoren vorstellen, die auf mikromechanischen Schwingungen beruhen – nur eben viel kleiner. Je nach Größenskala spricht man dann von MEMS (von mikroelektromechanischen Systemen) oder, wenn sie noch kleiner sind, von NEMS (von nanoelektromechanischen Systemen).

Die Kopplung zwischen den schwingenden Strukturen spielt dabei eine zentrale Rolle. Wie sich nun zeigte, verhält sich diese Kopplung auf winzigen, mikroskopischen Größenskalen aber ganz anders als man das von größeren Objekten gewohnt ist: Ausschlaggebend sind dann akustische Wellen, die sich nur an der Oberfläche des Sensorchips ausbreiten. Hendrik Kähler von der TU Wien gelang es nun, diese Wellen-Kopplung mathematisch zu beschreiben. Seine Arbeit soll nun die Grundlage für neuartige Mikro-Sensortechnik werden.

Schwingungen als vielseitige Messmethode

Viele wichtige Größen kann man mit schwingenden Mikrosystemen messen – etwa die Masse von Partikeln. „Wenn eine Mikrostruktur in Schwingung versetzt wird und sich dann ein Partikel auf dieser Struktur anlagert, dann ändert sich ihre Schwingungsfrequenz“, erklärt Hendrik Kähler vom Institut für Sensor- und Aktuatorsysteme der TU Wien, der derzeit im Forschungsteam von Prof. Silvan Schmid an seiner Dissertation arbeitet. Eine Änderung der Schwingungsfrequenz lässt sich sehr präzise messen – und daraus kann man dann beispielsweise auf die angelagerte Masse zurückschließen.

„Die Technik ist sehr vielseitig anwendbar, und in den letzten Jahren zeigte sich ein anhaltender Trend zur Miniaturisierung hin zu Strukturen mit Dimensionen deutlich kleiner als ein Mikrometer“, sagt Hendrik Kähler.

Die Folge ist, dass man das Verhalten der Strukturen auf andere Weise beschreiben muss als bisher. Wenn mehrere schwingende Strukturen auf demselben Sensorchip befestigt sind, dann beeinflussen sie einander. Wenn sie groß sind, dann kann man sich die Kopplung zwischen ihnen vorstellen, als wären sie durch eine dehnbare Feder miteinander verbunden. Doch bei extrem hohen Frequenzen tritt eine andere Art der Kopplung auf: Die Kopplung durch akustische Oberflächenwellen.

Oberflächlich aber folgenschwer

Akustische Oberflächenwellen sind ein Phänomen, das man aus anderen Forschungsbereichen kennt – etwa aus der Erdbebenforschung. Sie breiten sich rasch aus, dringen nicht ins Innere eines Körpers ein, sondern pflanzen sich nur an der Oberfläche fort.

Ein schwingender Resonator auf einem Sensorchip verursacht ebenfalls solche Oberflächenwellen. Diese können sich auf der Oberfläche des Chips ausbreiten und erreichen den anderen Resonator. Somit wird von der Schwingung des einen Resonators eine Kraft auf den anderen Resonator ausgeübt – so entsteht eine spezielle Art von Kopplung, die nicht wie bisher durch die Mathematik dehnbarer Federn erklärt werden kann, sondern bloß durch die Mathematik von akustischen Oberflächenwellen.

Hendrik Kähler gelang es nun, diesen Kopplungseffekt theoretisch zu beschreiben. Er konnte dabei zeigen, dass sich durch die Kopplung der Energieverlust der Resonatoren stark reduzieren kann. Seine Theorie der akustischen Oberflächenwellen-Kopplung wurde nun im Fachjournal „Communications Physics“ veröffentlicht. Sie soll dazu dienen, das Verhalten besonders kleiner Nanosensoren zu verstehen und neue Sensoren zu entwickeln.

Originalpublikation

H. Kähler, D. Platz, S. Schmid: Surface acoustic wave coupling between micromechanical resonators; Communications Physics 5, 118 (2022)., öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

Rückfragehinweis:

Hendrik Kähler, MSc
Institut für Sensor- und Aktuatorsysteme
Technische Universität Wien
+43 1 58801 36679
hendrik.kaehler@tuwien.ac.at

Text:Florian Aigner