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2D-Materialien: Von der Idee zur Industrie

Mit den sogenannten „2D-Materialien“ ist ein neuer, erfolgreicher Zweig der Materialwissenschaft entstanden. Ein Doktoratskolleg der TU Wien sorgt hier für die nötige Interdisziplinarität.

Computergeneriertes Bild eines Transistors, bestehend aus mehreren atomaren Schichten

Selbst winzige Rußpartikel haben einen Durchmesser von hunderten oder tausenden Atomen. Es gibt aber auch Materialien, die sich als atomar dünne Schicht herstellen lassen – mit einer Dicke von nur einem einzigen Atom. Solche einatomigen Schichten bezeichnet man als „2D-Materialien“. Das bekannteste davon ist Graphen, für dessen Herstellung 2010 der Physik-Nobelpreis vergeben wurde. Damals galt die Forschung an solchen Materialien bei vielen noch als spekulatives Hoffnungsgebiet, doch inzwischen hat sich längst gezeigt: Es gibt eine ganze Reihe von 2D-Materialien mit hervorragenden Eigenschaften, die sich für industriell hochinteressante Anwendungen einsetzen lassen, von stromsparender Elektronik bis hin zu neuartigen Sensoren.

In diesem Bereich treffen unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen aufeinander: An der Schnittstelle von Physik, Chemie und Elektrotechnik wird an der TU Wien mit solchen 2D-Materialien gearbeitet. 2016 startete die TU Wien das Doktoratskolleg „TU-D“, um die fächerübergreifende Ausbildung in diesem Bereich zu fördern. Mit einer Finanzierung des österreichischen Wissenschaftsfonds FWF konnte „TU-D“ nun verlängert werden: Am 1. Oktober 2023 startete nun die nächste Phase.

Künstliche Nasen und bessere Computer

„Längst fokussiert sich die Forschung im Bereich der 2D-Materialien nicht mehr auf Graphen alleine“, erklärt Prof. Florian Libisch, Koordinator des Doktoratskollegs. „Wir forschen auch an anderen Materialien wie etwa Molybdendisulfid oder Wolframdiselenid – auch bei ihnen handelt es sich um atomar dünne Schichten mit ganz besonderen Eigenschaften.“

Anwendungsideen für solche Materialien gibt es viele: So kann man 2D-Materialien etwa verwenden, um hochsensible Sensoren für bestimmte Partikel oder Luft-Inhaltsstoffe herzustellen: Wenn sich bestimmte Moleküle an der Oberfläche anlagern, ändern sich die elektrischen Eigenschaften des Materials – und das lässt sich hochpräzise messen. So könnte man gewissermaßen eine „künstliche Nase“ bauen, die extrem kompakt, mit minimalem Platzaufwand, Schadstoffe in der Luft erschnüffelt.

Besonders interessant sind 2D-Materialien für die Elektronik-Industrie. „Elektronische Bauteile wie der Transistor lassen sich auch mit solchen 2D-Materialien herstellen“, erklärt Florian Libisch. „Das macht diese Bauteile nicht nur kompakter, sondern auch haltbarer und energieeffizienter.“ Auch robustere, effizientere Touchscreens lassen sich mit solchen Materialien herstellen – erste Prototypen gibt es bereits.

Von der Theorie bis zur Praxis

Das Besondere am Doktoratskolleg der TU Wien ist nicht nur, dass es mit Physik, Chemie und Elektrotechnik gleich drei Fachdisziplinen miteinander verbindet, sondern auch, dass es eine Brücke von der Theorie zur Praxis schlägt.

„Bei uns gibt es theoretische Forschungsarbeit und Computersimulation, gleichzeitig werden die Materialien dann auch bei uns hergestellt, vermessen und charakterisiert. Und wieder andere Forschungsgruppen arbeiten dann daran, aus diesen Materialien ganz konkrete anwendungsnahe Geräte herzustellen“, erklärt Florian Libisch. „Normalerweise kann eine Forschungsgruppe nur einen Teil dieses Spektrums abdecken. Wir vereinen all diese Schritte und sind daher in der außergewöhnlichen Situation, jungen Leuten eine exzellente Ausbildung anbieten zu können, die von der Theorie bis zur Device-Entwicklung reicht.“

In den nächsten vier Jahren sollen nun rund 30 junge Forscherinnen und Forscher im Rahmen des Doktoratskollegs ihre Dissertation abschließen.