News

Nachruf Gerhard Seebauer (1956-2021)

Die TU Wien, die Fakultät für Technische Chemie und das Institut für Angewandte Synthesechemie trauern um Gerhard Seebauer.

Porträt von Gerhard Seebauer

Gerhard Seebauer

Mit tiefer Betroffenheit haben wir erfahren, dass unser Kollege und Freund Gerhard Seebauer, langjähriger Mitarbeiter am Institut für Angewandte Synthesechemie (davor Institut für Organische Chemie) unerwartet am 22. Juni 2021 im 65. Lebensjahr für immer von uns gegangen ist.

Gerhard Seebauer wurde 1956 geboren und stammte aus der Gegend der Marktgemeinde Dürnkrut im Weinviertel. Er kam im Jahr 1985 als Chemikalienlaborant an die TU Wien ans damalige Institut für Organische Chemie, aus dem später nach einer Strukturreform das größere Institut für Angewandte Synthesechemie hervorging. Mit den beinahe 40 Jahren Zugehörigkeit zur TU Wien war Gerhard eines der letzten, noch aktiv tätigen „Urgesteine“ und einer meiner längsten Weggefährten am Institut, er wäre im Herbst 2021 in Pension gegangen.

Die TU Wien war 1985 noch eine andere: das Institut für Organische Chemie war damals im mittlerweile durch einen Neubau ersetzten „alten Lehartrakt“ am Getreidemarkt beheimatet, ein Bau, der noch aus der Kaiserzeit stammte, was man diesem außen und auch innen sehr angesehen hat. Gerhard begann sofort engagiert das Chemikalien- und Labormanagement anzunehmen. Ich stand damals, wenige Jahre nach meinem Doktorat, am Beginn meiner wissenschaftlichen Laufbahn, Gerhard und ich haben uns von Anbeginn sehr gut verstanden: es war erfreulich und wohltuend mit ihm jemanden im Bereich des technisch-administrativen Personals zu haben, der einem bei anstehenden Aufgaben nicht erklärt hat, warum etwas nicht geht, sondern nachgedacht hat, wie es gehen könnte. Er hat die Dinge – sich mit den Kolleginnen und Kollegen zu den Anforderungen austauschend – im wahrsten Sinn des Wortes die Hemdsärmel nach oben krempelnd, in Angriff genommen.

Vieles, das heute in diesem Bereich selbstverständlich ist wie Chemikaliendatenbanken, ein Verrechnungssystem, eine geregelte Entsorgung, gab es damals nicht. Am Horizont begannen jedoch bereits die neuen Zeiten und deren Anforderungen zu dämmern: in all diesen Bereichen hat Gerhard Pionierarbeit geleistet. Auch, was den Einsatz der ersten, an Instituten vereinzelt aufkommenden „Personal Computer“ betrifft (von Laptops war noch lange keine Rede).

Er war, als wir die „k. u. k. Gefilde“ des „alten Lehartraktes“ 1994 endlich verlassen konnten und in den Chemieneubau neben dem Hochhaus eingezogen sind, wiederum die treibende Person bei der Einrichtung des neuen, zeitgemäßen Chemikalienlagers. Als dann einige Jahre später im Zuge der Strukturreform an der Technischen Chemie im Jahr 2002 das neue Institut für Angewandte Synthesechemie hervorgegangen ist, war Gerhard mir in meiner damaligen Funktion als Institutsvorstand eine große und verlässliche Stütze bei der Zusammenführung von Chemikalien- und Laborverwaltungssystemen, indem er auch seine Kolleginnen und Kollegen bei dieser arbeitsintensiven und umfangreichen Aufgabe „mitgezogen“ hat. Zwischenzeitlich, als durch einen Todesfall das Sekretariat des Institutes unbesetzt war, hat er für ca. 1 Jahr zusätzlich zu seinen technisch-administrativen Aufgaben auch in der Rolle als „Sekretär“ das Institut unterstützt.

Auch bei einem weiteren – für unser Institut großen und wichtigen – Meilenstein, dem Einzug in den 2010 endlich auf der Fläche des k. und k. Baus errichteten „Neuen Lehartrakt“, hat Gerhard sein volles Engagement eingebracht und mich, der ich das Vorhaben in meiner damaligen Rolle als Dekan begleiten durfte, insbesondere auch bei der „Logistik der Rochaden“ im Zuge der Bautätigkeiten am Campus Getreidemarkt unterstützt. Zu dieser Zeit wurde auch sein Sohn Thomas als administrativer Mitarbeiter am Institut aufgenommen, der – unter anfänglichem „Mentoring“ durch seinen Vater – zu einem ebenso tüchtigen Mitarbeiter geworden ist: ein, wenn auch nur kleiner Trost für uns ist, dass damit nach Gerhards Abschied weiterhin ein „Seebauer“ am Institut Namen und Erinnerung durch seine Leistungen hochhalten wird.

Abseits vom Beruflichen war Gerhard auch sozial am Institut bestens integriert, ob wir an die von ihm organisierten Institutsausflüge denken oder an seine Mitarbeit bei den „legendären“ Chemie-Weihnachtsfeiern am Getreidemarkt, mit Ausschank und Degustation von durch ihn aus dem Weinviertel mitgebrachten „weißen und roten Tropfen“.

Privat gehörten zusätzlich zur Familie Musik und Tradition zu Gerhards Leidenschaften – nicht zuletzt deshalb hatte er seinen Wehrdienst bei der Wiener Garde absolviert. In jungen Jahren war er auch in einer Musik-Band, die bei Bällen aufgespielt hat, tätig – ich erinnere mich noch an ein Poster mit Gerhard im „Glitzerlook“, das er in seinem Büro im alten Lehartrakt hinter dem Schreibtisch affichiert hatte. Er hat sich vor allem um die Ausbildung der musikalischen Jugend gesorgt und einige Jahre die Jugendkapelle des Musikvereins Jedenspeigen-Sierndorf geleitet. Er war von 1993 bis 2012 lange Jahre Kapellmeister. Für all diese Verdienste wurde er ab 2012 zum Ehrenkapellmeister des Musikvereins Jedenspeigen-Sierndorf ernannt.

Gerhard Seebauer war ein freundlicher, geselliger Mensch und Kollege, sowie ein loyaler Mitarbeiter – jedoch kein Ja-Sager, und gerade deshalb wurde er von allen sehr geschätzt.

Sein berufliches Herz hat wirklich bis zum letzten Tag für die TU Wien geschlagen.

Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Frau Theresia und den beiden Söhnen Reinhard und Thomas.
Gerhard, du bleibst uns unvergessen.

In dankbarer und liebevoller Erinnerung

Johannes Fröhlich
im Namen aller Kolleginnen und Kollegen
des Instituts für Angewandte Synthesechemie