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Forschungsteam publiziert neues, präzises COVID-„Epidemometer“

Ein junges Forschungsteam der TU Wien publiziert neue Methode zur genauen Prognose der Epidemiedynamik. Ländervergleiche inklusive.

Grafiken und Diagramme zur Covid-Analyse.

Diagramm links oben: Verlauf der aktiven Fallzahlen. Diagramm Mitte links: Suszeptibler Anteil Bevölkerung. Diagramm links unten: Aggregierte exogene Treiber inkl. Verlauf der Impfraten.

Die COVID-19-Pandemie stellt Regierungen und Gesundheitssysteme noch immer vor große Herausforderungen beim Krisenmanagement. Epidemiologische Modelle spielen dabei eine entscheidende Rolle und unterstützen die Politik durch Vorhersage des künftigen Infektionsverlaufes und der Spitalsauslastungen. Eine wesentliche Herausforderung besteht dabei darin, nicht messbare epidemiologische Zustände wie etwa die Infektionsanfälligkeit (Suszeptibilität) in Echtzeit zu bestimmen.

Nachwuchsforscher_innen der TU Wien publizierten nun eine neue Methode, mit der man die Infektionsanfälligkeit der Bevölkerung infolge einer Virusmutation allein anhand der offiziell verfügbaren Daten einfach und robust voraussagen kann. Der Verlauf einer Pandemie wird durch sogenannte exogene Treiber bestimmt. Diese sind z.B. das veränderliche soziale Verhalten der Bevölkerung, Mobilitätsverhalten oder Lockdowns. Meist sind die Wirkungen dieser Faktoren allerdings unbekannt und erschweren daher die Analyse und Prädiktion des hochdynamischen Infektionsgeschehens gravierend. Bei der neuen Methode können diese exogenen Treiber ebenfalls einfach und in Echtzeit bestimmt werden. Dadurch können etwa auch quantitative Effekte von Lockdowns vorhergesagt werden.

„Epidemometer“

Eine genauere epidemiologische Zustandsschätzung in Verbindung mit der Bestimmung der unbekannten exogenen Faktoren ermöglicht auch eine wesentlich zuverlässigere Prognose. Mit seinen jüngst im Journal of Nonlinear Dynamics publizierten Arbeiten zeigt das Team, wie die Methode aus der nichtlinearen Kontrolltheorie auf gängige epidemiologische Kompartmentmodelle angewendet werden kann und dadurch präzise Prognosen wesentlicher Größen wie etwa Inzidenz oder Spitalsbelegungen ermöglicht. Das neue „Werkzeug“ sieht das Forschungsteam als wissenschaftliches Unterstützungsangebot für Entscheidungsträger_innen und Kolleg_innen.

Innovativ: Kontrolltheorie + Medizin

Die neue Herangehensweise entwickelte ein Team um Prof. Stefan Jakubek am Institut für Mechanik und Mechatronik der TU Wien in Kooperation mit Forschern der MedUni Wien. Eine tragende Rolle spielte dabei die Arbeit der beiden Masterstudierenden Johanna Bartlechner und Oliver Ecker. Ihr Ansatz liefert einen völlig neuen Zugang – und zwar aus der Perspektive der Regelungstechnik, kombiniert mit medizinischer Expertise. Sie nutzen die Methode zur quantitativen Echtzeitanalyse und Vorhersage wichtiger Größen in der Pandemie, speziell der Belegung von Spitälern und Intensivstationen.

Präzise: Diese Methode verrät mehr

Ein Blick in die Vergangenheit der Pandemie belegt die Zuverlässigkeit: „Wir haben unsere Methoden anhand von Daten der vergangenen Monate aus unterschiedlichen Ländern evaluiert, die erzielte Genauigkeit hat unsere Erwartungen dabei deutlich übertroffen“, erklärt TU-Studentin Johanna Bartlechner. Sie analysierte im Team neben Österreich auch andere Länder wie z.B. Südafrika, Dänemark, Schweiz oder Großbritannien. „Viele Faktoren, die die Fallzahlen oder Belegung der Intensivbetten signifikant beeinflussen, sind quantitativ schwer oder gar nicht erfassbar und zeichnen sich durch stark nichtlineare Dynamik aus“, unterstreicht Oliver Ecker. Was die Methodik dabei z.B. zusätzlich und in Echtzeit verrät: Wie verändert eine neue Virusvariante die Wahrscheinlichkeit eines Spitalsaufenthalts? Wie wirksam sind staatliche Interventionen wie zum Beispiel Lockdowns?

Website: Weekly Update COVID-19 Analytics

Das TU-Forschungsteam zeigt auf seiner Website wöchentlich aktualisierte Analysen und Prognosen für Österreich sowie Analysen anderer Länder: https://www.imm-covid-analytics.com/, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster 

Publikationen

Dezember 2021: C. Hametner, L. Böhler, M. Kozek, J. Bartlechner, O. Ecker, Z.P. Du, R. Kölbl, M. Bergmann, T. Bachleitner-Hofmann, S. Jakubek
Intensive care unit occupancy predictions in the COVID-19 pandemic based on age-structured modelling and differential flatness, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
Journal of Nonlinear Dynamics, accepted for publication

September 2021: C. Hametner, M. Kozek, L. Böhler, A. Wasserburger, Z.P. Du, R. Kölbl, M. Bergmann, T. Bachleitner-Hofmann, S. Jakubek
Estimation of exogenous drivers to predict COVID-19 pandemic using a method from nonlinear control theory., öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
Nonlinear Dynamics 106, 1111–1125 (2021)

Rückfragehinweis

Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Jakubek
Technische Universität Wien
Institut für Mechanik und Mechatronik
Getreidemarkt 9, 1060 Wien
+43 1 58801 325 510
stefan.jakubek@tuwien.ac.at

Aussenderin

Bettina Neunteufl, MAS
Technische Universität Wien
Pressesprecherin
+43 664 484 50 28
bettina.neunteufl@tuwien.ac.at