Ziel dieses Schwerpunktprogramms ist es, grundlegende offene Fragen der Teilchen- und Astrophysik mit einem speziellen Werkzeug zu adressieren: dem Neutron, mit dem sich die Suche nach neuer Physik in kleinen Abweichungen von den Erwartungen manifestieren kann. Viele Observable der Neutronenphysik reagieren empfindlich auf Physik jenseits des Standardmodells, die aus Superstrings (hypothetische Eichbosonen in großen Extradimensionen), Supersymmetrie (Vorhersage des elektrischen Dipolmoments an der experimentellen Grenze) oder anderen großen vereinheitlichten Theorien (Ladungsquantisierung) hervorgeht. Grundlegende Eigenschaften der Quark-mischenden Cabibbo-Kobayashi-Maskawa (CKM)-Matrix müssen getestet werden. Das Brechen von Symmetrien wie Parität P, Zeitumkehr T und kombinierte Ladungskonjugation und Paritätssymmetrie CP soll untersucht werden. Die CP-Verletzung ist eine Voraussetzung für die dynamische Erzeugung der Baryon-Antibaryon-Asymmetrie des Universums. Das Forschungsprogramm wird sich auf fünf Schwerpunktbereiche konzentrieren, die in direktem Zusammenhang mit spezifischen physikalischen/astrophysikalischen Fragestellungen und Instrumenten stehen.

  • CP-Symmetrieverletzung und Teilchenphysik im frühen Universum. Im Mittelpunkt steht ein Experiment der nächsten Generation zur Messung des elektrischen Dipolmoments von Neutronen mit einer um mindestens eine Größenordnung gesteigerten Empfindlichkeit innerhalb der nächsten sechs Jahre.
  • Die Struktur und Natur der schwachen Wechselwirkung und mögliche Erweiterungen des Standardmodells. Der Schwerpunkt liegt auf neuartigen Experimenten zum β-Zerfall von Neutronen im Zusammenhang mit Symmetrien und schwacher Wechselwirkung.
  • Gravitationstests mit Quantenobjekten. Ziel ist es, die experimentelle Empfindlichkeit von Neutronen gegenüber der Gravitation und gegenüber hypothetischen Kurzstreckenkräften zu verbessern.
  • Ladungsquantisierung und die elektrische Neutralität des Neutrons. Ziel ist es, den Wert der elektrischen Ladung des Neutrons besser zu messen.

Der beabsichtigte Gewinn an experimenteller Präzision erfordert die Entwicklung neuer oder verbesserter Messtechniken.

  • Neue Techniken: Teilchendetektion, Magnetometrie und Neutronenoptik. Innerhalb der nächsten drei Jahre sollen im Bereich der Magnetometrie Restfelder auf einem < 5 fT-Niveau gemessen werden, die den Anforderungen der Neutronen-Dipol-Messungen genügen. Für die zu erwartende hohe Zählrate kalter und ultrakalter Neutronen, effiziente Niederenergie-Protonenzählung sowie Niederenergie-Elektronenspektroskopie werden neue Teilchendetektoren benötigt. Hochintensive Experimente mit sofortigen Zählraten von bis zu 108/s erfordern Detektoren mit schneller selbstauslösender Ausleseelektronik, Impulsformanalyse und Datenerfassung. Das Forschungsprogramm erfordert Entwicklungen spezialisierter Neutronenoptiken. Ein Hauptproblem ist die Kontrolle systematischer Effekte wie der Depolarisation in Neutronenleitern, des Einflusses von Magnetfeldschwankungen auf die Neutronenpolarisation und der Spinrotation.

Programmkoordinatoren: