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Waldbrandrisiko wird berechenbar

Im Rax-Gebiet wütet derzeit ein verheerender Waldbrand – doch solche Ereignisse sind nicht völlig überraschend. Mit einer Kombination ganz unterschiedlicher Daten kann man das Waldbrandrisiko immer besser abschätzen.

Waldfläche, zum Teil abgebrannt

© Mortimer Müller

Spuren eines Waldbrandes in Niederösterreich

Es ist eine Waldbrandkatastrophe, wie sie zumindest in Österreich nur ganz selten vorkommt: Rund 150 Hektar Wald sind derzeit vom verheerenden Brand im Gebiet der Rax betroffen. Der Klimawandel wird die Wahrscheinlichkeit für solche Ereignisse in Zukunft noch weiter erhöhen. Die TU Wien forscht derzeit gemeinsam mit der BOKU Wien, der ZAMG und der Feuerwehr im Rahmen des Projekts „CONFIRM“ an neuen Methoden, um Waldbrandgefahr frühzeitig zu erkennen und zu beziffern. Dafür müssen unterschiedliche Daten kombiniert werden: Messdaten von Flugzeugen und von den Sentinel-Satelliten der ESA bzw. der EU, von denen die gesamte Erdoberfläche laufend untersucht wird. Noch befindet sich das neue Waldbrand-Warn-Tool in der Entwicklungs- und Probephase, aber schon jetzt zeigt sich: Es gab bereits in den letzten Wochen klare Hinweise auf ein hohes Waldbrandrisiko im Rax-Gebiet.

Waldbrand-Vorhersage verbessern

„Es gibt schon bisher Modelle, mit denen man versucht, Waldbrandgefahr möglichst gut einzuschätzen“, sagt Wouter Dorigo vom Department für Geodäsie und Geoinformation der TU Wien. „Allerdings waren diese Modelle bisher nicht besonders aussagekräftig. Bisher basierten die Vorhersagen auf meteorologischen Daten. Um das Waldbrandrisiko realistisch einschätzen zu können, benötigt man zusätzlich auch noch genauere Daten über die Vegetation und das Gelände, die schwer zu bekommen sind.“

Mittlerweile ist es allerdings möglich, solche Daten in hoher Qualität zu sammeln: Mit Flugzeugen überfliegt man die Wälder und tastet die Erdoberfläche mit einem Laserscanner Punkt für Punkt ab. „Ursprünglich setzte man diese Technik ein, um Informationen über die Topographie zu gewinnen“, sagt Wouter Dorigo. „Aber heute sind diese Methoden so präzise, dass wir daraus Information über die Vegetation am Boden ableiten können.“ Wie sieht an einer bestimmten Stelle die Vegetation aus? Handelt es sich um dichten Wald, oder gibt es Lücken, die die Dynamik des Waldbrandes beeinflussen? Wichtig für die Waldbrandgefahr ist auch die dreidimensionale Struktur des Waldes: Wie sieht unter den Baumkronen die Kraut- und Strauchschicht aus? Kann es zu einem Feuerleiter-Effekt kommen, bei dem das Feuer aus unteren Schichten bis ganz nach oben klettert?

Aufschlussreiche Satellitendaten

Von besonders großer Bedeutung sind bei dem Projekt auch die Daten der Sentinel-Satelliten der ESA. „Sie umkreisen die Erde und liefern uns etwa alle sechs Tage neue Messergebnisse einer bestimmten Stelle am Boden“, sagt Wouter Dorigo.

Aus der spektralen Zusammensetzung der vom Boden reflektierten Strahlung kann man wertvolle Schlüsse ziehen: „Unterschiedliche Bäume reflektieren die Strahlung auf unterschiedliche Weise. Daher können wir auf Basis dieser Daten auch abschätzen, um welche Bäume es sich handelt. Auch den Feuchtigkeitsgehalt der Vegetation können wir aus diesen Messdaten ziemlich genau berechnen.“

Der Waldbrand am Schneeberg war keine Überraschung

Das Waldbrand-Vohersageprojekt „CONFIRM“ ist erst vor eineinhalb Jahren angelaufen, bisher gibt es nur vorläufige Gefahren-Bewertungstools. Außerdem liegt der Fokus nicht auf dem Gebiet der Rax, sondern in Regionen in Tirol und der Steiermark. Trotzdem zeigen die Daten bereits jetzt: Das hohe Waldbrandrisiko im Rax-Gebiet war vorherzusehen. „Exakte Prognosen sind nach wie vor schwierig, aber unser Modell zeigt, dass das Risiko eines Waldbrands in dieser Gegend in den letzten Wochen stark gestiegen ist“, erklärt Dorigo. Das Projekt soll im Lauf des nächsten Jahres abgeschlossen werden und dann einen zuverlässigen Indikator für mögliche drohende Waldbrandgefahr in Österreich liefern.

Kontakt

Dr. Wouter Dorigo
Department für Geodäsie und Geoinformation
Technische Universität Wien
Gusshausstraße 25-29
+43 1 58801 12243
wouter.dorigo@tuwien.ac.at

Text: Florian Aigner