Aktuelles

Leserbrief von Guenter Emberger in Die Presse vom 30.9.2025

zum Kommentar "Beim Lobau-Tunnel siegt Vernunft über Ideologie" von Jakob Zirm, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

"Was ist nun vernünftig und was ideologisch?"

Was versteht man unter Vernunft und was unter Ideologie? – Und kann es sein, dass manche diese zwei Begriffe verwechseln? Vernunft orientiert sich nämlich an Fakten und ist offen für neue Erkenntnisse, während Ideologie starre Überzeugungen verteidigt, und das oft unabhängig von der Realität. 

Für mich als Verkehrswissenschafter wäre es vernünftig, den öffentlichen Verkehr (ÖV) auszubauen, um die nationalen und internationalen Klimaziele zu erreichen. Ideologisch ist es, an Autoinfrastrukturen festzuhalten und ein System zu fördern, das die Autoabhängigkeit der Menschen verstärkt und allen Klimazielen widerspricht. Vernünftig wäre es, das Geld der Asfinag in zukunftsfähige und enkeltaugliche Infrastrukturen zu investieren, um die regionale Wertschöpfung zu erhöhen. Ideologisch ist es zu glauben, dass man durch Autobahnausbau und Tunnel Wirtschaftswachstum fördern kann. Vernünftig wäre es, Infrastrukturen für den Umweltverbund (ÖV, Rad, Fuß) auszubauen, der Pendlerinnen ohne Gesundheitsgefährdung schnell und umweltfreundlich ans Ziel bringen kann. Ideologisch ist es, weiterhin auf den Autoverkehr zu setzen, der allein in Österreich für rund 400 Tote pro Jahr durch Unfälle und weitere 5000 indirekte Todesfälle durch Luftverschmutzung verantwortlich ist. 

Vernünftig wäre es, Transitverkehre auf die Schiene zu verlagern und diese daher auszubauen. Ideologisch ist es, das nur einmal vorhandene Geld in „Umfahrungsautobahnen“für Durchzugsverkehre durch Österreich zu verschwenden. Vernünftig wäre es, wissenschafts- und evidenzbasierte Entscheidungen zu treffen. Ideologisch ist es, wenn politische Enteine scheidungen von automobilaffinen Lobbygruppen zu deren Vorteil beeinflusst werden. 

Was ist nun vernünftig und was ist ideologisch? 

Univ.-Prof. Dr. Guenter Emberger, Vorstand Institut für Verkehrswissenschaften, 1040 Wien