Unileben und Kultur News

„In the end, we will win“. TU Vision im Kino.

Zu Filmscreening und spannender Diskussion mit Forschenden der TU Wien sowie Regisseur Nikolaus Geyrhalter über dessen Film „Erde“ lud TU Vision am 15.6. ein.

Diskutant_innen am Podium

1 von 5 Bildern oder Videos

Podium nach dem Screening des Films „Erde“

Diskutant_innen zum Film „Erde“ mit Nikolaus Geyrhalter, Bettina Mihaly, Helmut Rechberger, Walter Weber, Sibylla Zech (von links)

Besucher_innen vor Stadtkino Wien mit Filmtafel TU Vision Kinoevent

1 von 5 Bildern oder Videos

TU Vision im Stadtkino Wien

TU Vision organisierte Screening und Podiumsdiskussion zum Film „Erde“.

Luftaufnahme eines Abbaugebietes

© NGF

1 von 5 Bildern oder Videos

„Erde"

Luftaufnahme in Italien aus dem Film „Erde" von Nikolaus Geyrhalter

Arbeiter in einem Abbaugebiet

© NGF

1 von 5 Bildern oder Videos

„Erde"

Bild (Ungarn) aus dem Film „Erde" von Nikolaus Geyrhalter

Bagger auf einem Abbaugebiet

© NGF

1 von 5 Bildern oder Videos

„Erde"

Aufnahme aus den USA im Film „Erde" von Nikolaus Geyrhalter

Nikolaus Geyrhalters „Erde“ gab Anlass zu diesem TU Vision-Abend im Stadtkino Wien. Dieser Film über Ingenieurskunst und ihre Folgen war Ausgangspunkt einer spannenden Diskussion mit TUW-Spezialist_innen mit Schwerpunkten zu Technikfolgenabschätzung, Abfallwirtschaft, nanoelektronischen Bauelementen sowie Raumplanung. Es war ein Abend mit spektakulären Einblicken in die Möglichkeiten und Grenzen von Technik und Forschung.

Screening und Diskussion mit

  • Nikolaus Geyrhalter, Regisseur und Produzent von „Erde”
  • Bettina Mihalyi, Verfahrenstechnikerin mit Forschungsschwerpunkt im Bereich Ökobilanzierung und Technikfolgenabschätzung, TU Wien
  • Helmut Rechberger, Leiter des Forschungsbereichs Abfallwirtschaft und Ressourcenmanagement, TU Wien
  • Walter Weber, Leiter des Forschungsbereichs Nanoelektronische Bauelemente, TU Wien
  • Sibylla Zech, Professorin am Institut für Raumplanung, TU Wien (Moderation)

 

Milliarden Tonnen an Erdmassen werden auf unserem Planeten mithilfe von Baggern, Bohrern oder Dynamit bewegt. Nikolaus Geyrhalter und sein Team filmten in Minen und Steinbrüchen, an Großbaustellen und Kohleabbaugebieten. Der Film zeigt in drastischen Bildern, wie wir uns den Planeten untertan machen, um uns dessen Rohstoffe anzueignen. Geyrhalter hat eine (menschliche) Schöpfungsgeschichte in sieben Kapiteln erzählt, Arbeiter und Fachleute reflektieren darin darüber, was es bedeutet und wie sie selbst sich dabei fühlen, gewaltige Massen an Material zu verschieben und in Schichten vorzudringen, die noch niemals ein Mensch berührt hat. Fast durchgängig betrachten sie den Boden (erd)historisch oder beseelt als Frau, als Mutter Erde, die sich mit allen Kräften gegen die gewaltsame Aneignung ihrer Bodenschätze wehrt. Von Adrenalin, von Kämpfen, von Fleisch und Schmerz ist dabei die Rede. Der Film ist eine Bestandsaufnahme der Menschheit als wichtigster Einflussfaktor auf die fundamentalen und unwiderruflichen Veränderungen unseres Heimatplaneten.

Ingenieurskunst

In the end we will win” sagt ein kalifornischer Arbeiter im ersten Kapitel. Weil: Gegen jeden Widerstand der Erde werden immer stärkere Bagger und Maschinen oder – wenn auch das nicht funktioniert – Dynamit in Anschlag gebracht. Die Ingenieurskunst hat nachgerade „bestialische” Maschinen (Diskutant Helmut Rechberger über eine Maschine zur Kupferextraktion) entworfen, um an die begehrten Ressourcen zu kommen. Aber siegen wir wirklich am Ende, wenn Zerstörungen, Eingriffe und Raubbau unser Überleben auf dem Planeten immer mehr in Frage stellen? Der Planet wird uns überleben; darin war sich die Diskussionsrunde einig.

Verantwortung, Politik, Wirtschaft, Zukunft

Viele unserer Probleme sind erst durch den technischen Fortschritt entstanden: Wir können binnen Wochen tausende Tonnen Erd- oder Gesteinsmassen abtragen, für die wir bisher jahrelang schwer arbeiten mussten. Die Technik verspricht aber auch erstaunliche Lösungen im Sinne der Nachhaltigkeit. Aber, so die Diskutant_innen, wir brauchen Zeit zur umsichtigen und sorgfältigen Planung und Folgenabschätzung. Materialien sind sparsam einzusetzen und immer als Teil einer Kreislaufwirtschaft zu sehen – die allerdings oft teuer ist. Teurer als der Abbau in den im Film gezeigten Minen.

Walter Weber, spezialisiert auf Batterieforschung zu Mobiltelefonen, wies darauf hin, dass Recycling nicht realisierbar ist, wenn sich die Industrie über die genauen Inhaltsstoffe der verwendeten Chips ausschweigt. Auch rief er dazu auf, die Verwendungszyklen unserer Geräte, etwa Mobiltelefone, deutlich auszudehnen. Konkret: Nutzen wir unsere Handys fünf Jahre statt einem Jahr.

Wirtschaft und Technik oder Wirtschaft versus Technik?

Auch Helmut Rechberger wies auf ein politisch-gesellschaftliches Dilemma hin, das eine technische Universität allein nicht bewältigen kann: Solange das wirtschaftspolitische Credo auf Wachstum und Konsum abzielt, werden wir zwingend weiter die Ressourcen der Erde ausbeuten. Auch nachhaltige Kreislaufwirtschaft greift nicht, wenn Rohstoffe billiger sind als das Recycling von Materialien. Und weiter: „Wir sollten doch das Optimum anstreben, nicht das Maximum! Es kann nicht sein, dass man immer mehr will.“

Gezeigt habe sich auch: Politik und Wirtschaft haben oft kurzfristig orientierte Interessen, denen sich die Forschung beugt, da sie darüber ihre Projekte finanziert. Rechberger merkte zudem an, dass es schwierig sei, Forschungsförderung für langfristige und wichtige Umsetzungen mit einem Horizont von zehn bis 30 Jahren zu bekommen (ausgenommen ist Grundlagenforschung). Bevorzugt würden Forschungen, die sich schnell rechneten.

Trotz allem: Auswege

Bettina Mihalyi, Verfahrenstechnikerin mit Forschungsschwerpunkt im Bereich Ökobilanzierung und Technikfolgenabschätzung, zeigte trotz der alarmierenden Bestandsaufnahme des Films und des Ausmaßes an Zerstörung immer wieder Auswege und bereits bestehende Instrumentarien auf, die uns aus der Krise helfen können. Sieverwies aber auch darauf, dass übergeordnete Interessen diese immer wieder außer Kraft setzen.

Multidisziplinarität

Dass Interdisziplinarität spannende Einblicke geben kann, zeigte schon die Zusammensetzung der Techniker_innen in dieser Diskussionsrunde. Aber auch Zusammenarbeit mit den Sozialwissenschaften oder wie an diesem Abend mit Filmemacher Geyrhalter, kann zu fruchtbaren Ergebnissen führen, merkte Bettina Mihalyi aufgrund bereits gemachter Erfahrungen an.

Zum Ende: Vorhang auf für die schlauesten Köpfe des Landes

Bettina Mihaly brachte es am Ende der Veranstaltung auf den Punkt: „Wir haben die schlauesten Köpfe des Landes vor uns – die Studierenden“ und in ihnen liegt das größte Potenzial, den Raubbau an unserem Planeten zu beenden.

Über TU Vision

Wo und wofür soll die TU Wien im Jahr 2025 stehen? Bei ihren Mitarbeiter_innen, ihren Studierenden, im nationalen und internationalen Kontext? Wie wollen wir forschen, wie wollen wir studieren, wie wollen wir lehren? Um diese und ähnliche Fragen fakultätsübergreifend zu beantworten, initiierte Rektorin Seidler anlässlich des 200-Jahre Jubiläums der TU Wien den Prozess TU Vision 2025+. Dieser Prozess, an dem mitzuwirken alle TUW-Angehörigen eingeladen waren und sind, soll zur Entwicklung mittel- und langfristiger Strategien unserer Universität beitragen.

Weiterführende Links

Mehr Information zu TU Vision: https://vision2025.tuwien.ac.at/home_about/, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

Streaming: ERDE online ansehen | Vimeo On Demand auf Vimeo, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster