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Prof. Ulrich Mayer (1940–2022): Ein Nachruf

Die Technische Universität Wien trauert um Univ. Prof. DI Dr. Ulrich Mayer, der im November 2022 nach schwerer Krankheit im 83. Lebensjahr verstarb.

Prof. Mayer, auf seinen Schreibtisch gestützt, mit Labormantel, blickt direkt in die Kamera. S/w-Bild.

© privat

Prof. Ulrich Mayer

Ulrich Mayer wurde am 27.09.1940 in Wien, Simmering geboren, absolvierte die Bundesreal­schule Gottschalkgasse und maturierte dort 1959 mit Auszeichnung. Im Oktober 1959 inskribierte er das Studium „Technische Chemie“ an der Technischen Hochschule, welches er 1966 mit einer Diplom­arbeit am Institut für Anorganische Chemie abschloss. Von 1967 bis 1969 führte er seine Dissertation am Institut für Anorganische Chemie unter der Leitung von Prof. Viktor Gutmann durch und wurde im April 1970 „sub auspiciis praesidentis“ zum Doktor der Technischen Wissenschaften promoviert. Im Jahr 1978 wurde ihm die Lehrbefugnis für das Fach „Anorganische Chemie“ verliehen und 1979 folgte seine Ernennung zum außer­ordentlichen Universitätsprofessor. Er blieb in seinem beruflichen Werdegang stets dem Institut für Anorganische Chemie treu, zunächst als Universitäts­assistent, ab 1971 als Leiter der Abteilung für Koordinationschemie und in den Jahren 1990 bis 1998 schließlich als Vorstand des Instituts.

Das zentrale Thema seiner wissenschaftlichen Arbeiten waren die Solvatationseigenschaften von nicht-wässerigen Lösungsmitteln, die er mithilfe sogenannter semiempirischer Lösungs­mittel­parameter zu beschreiben versuchte. Nach der von Viktor Gutmann begründeten Donorzahl, welche die elektrophilen oder Lewis-Säure Eigenschaften eines Lösungs­mittels quantifiziert, fand Ulrich Mayer im Jahr 1975 mit der Akzeptorzahl einen analogen Parameter für die nukleophilen oder Lewis-Base Eigenschaften, womit ein äußerst erfolgreicher und bis heute verwendeter Parametersatz für die koordinativen Eigenschaften von Lösungsmitteln zur Verfügung stand und eine Vielzahl von bislang unverstandenen Lösungs­mitteleffekten erklärt werden konnte. Diese seine Forschungs­interessen verfolgte Ulrich Mayer stets mit einer Akribie, die keine Arbeitszeiten, Deadlines, Wochenenden oder Urlaube kannte. Beruflicher Erfolg und Anerkennung waren ihm nicht wichtig, sein Antrieb war ausschließlich seine Neugierde und ein innerer Drang, alles bis ins letzte Detail verstehen zu wollen.

Privat war Ulrich Mayer ein begeisterter Fan und Kenner der Jazz-Musik mit einer rekord­verdächtigen Plattensammlung sowie ein großer Freund der asiatischen und insbesondere der japanischen Kultur, was in zahlreichen beruflichen und privaten Aufenthalten und Kontakten nach Ostasien seinen Ausdruck fand. Die Hinterbrühl war jahrzehntelang sein Wohnort und Refugium, wohin er sich immer wieder zurückzog, um den Dingen auf den Grund zu gehen und wo er auch nach seiner Pensionierung noch viele Jahre wissen­schaftlich arbeitete.Er war Zeit seines Lebens ein Forscher in der ursprünglichsten Bedeutung dieses Begriffs. Allen, die ihn kannten, wird er in unvergesslicher Erinnerung bleiben.

Helmuth Hoffmann
Institut für Angewandte Synthesechemie, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster