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Ernst Kozeschnik - Professor für Werkstofftechnik am Institut für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnologie

Wie sich der Werkstoff Stahl während der Verarbeitung verändert ist ein Forschungsthema des neuen TU-Professors aus der Steiermark, der auch ein CD-Labor leitet. Festigkeit, Zähigkeit und Oberflächengüte verschiedenster Stahlarten will er mit Hilfe von Computersimulationen beschreiben. In seiner Freizeit ist er begeisterter Segler, Klavier- und Billardspieler.

Ernst Kozeschnik

Ernst Kozeschnik

Ernst Kozeschnik

Von der Festkörperphysik in die Werkstoffwissenschaft

Der neue TU-Professor Ernst Kozeschnik verbrachte seine Kindheit in zwei Bundesländern, nämlich im steirischen Trofaiach, wo er die Volksschule besuchte und im Anschluss in Kärnten, wohin er mit neun Jahren übersiedelte. Im realistischen Gymnasium in Klagenfurt konnte sein „ausgezeichneter“ Physiklehrer erstmals seine Begeisterung für die Naturwissenschaften wecken. An der Universität Klagenfurt entschied sich Ernst Kozeschnik zunächst für das Fach Mathematik. Nach nur einem Monat wechselte er an die Technische Universität Graz, wo er ein Physikstudium begann. Im Rahmen seiner Diplomarbeit am Institut für Festkörperphysik beschäftigte sich Professor Kozeschnik mit der Untersuchung von Werkstoffen mittels Atomsonden. „Eine Atomsondenuntersuchung ist eine Methode, bei der ein Werkstoff auf atomarer Basis, also Atom für Atom, untersucht wird. Diese Technik hat sehr gut zu meinem Arbeitsgebiet gepasst“, so Kozeschnik. Im Anschluss wechselte er an die Fakultät für Maschinenbau (Institut für Werkstoffkunde und Schweißtechnik). Seine Doktorarbeit beschäftigte sich mit Vorgängen in metallischen Werkstoffen. „Bei diesen Vorgängen handelt es sich um Phasenumwandlungen und Ausscheidungsprozesse in Werkstoffen. Bei einer Phasenumwandlung ändert sich zum Beispiel eine kubisch-raumzentrierte Gitterstruktur bei gleichzeitiger Diffusion von Legierungselementen in eine kubisch-flächenzentrierte Gitterstruktur. Diese Vorgänge habe ich beschrieben und modelliert“, erläutert Kozeschnik. Computersimulationen, die die Entwicklung eines Werkstoffes während der Verarbeitung (z.B. Schweißen) beschreiben, haben dabei immer eine wesentliche Rolle gespielt. Nach Abschluss seiner Dissertation im Jahr 1997 ging Ernst Kozeschnik mit einem Erwin Schrödinger-Stipendium für ein Jahr an das Oak Rigde National Laboratory in Tennessee, USA. Zurück an der TU Graz habilitierte sich Professor Kozeschnik 2005 im Fach Werkstoffwissenschaften. 2007 wurde er Laborleiter eines CD-Labors mit dem Titel „Early Stages of Precipitation“. Am 1. März 2008 folgte Ernst Kozeschnik einem Ruf als Universitätsprofessor für Werkstofftechnik am Institut für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnologie der TU Wien.

Forschungsschwerpunkt: Einfluss von Verarbeitungsschritten in der Stahlproduktion
 
Bei der Werkstofftechnik handelt es sich um eine Disziplin, die sich mit der Verarbeitung von Werkstoffen beschäftigt. Kozeschnik: „Während der Verarbeitung eines Werkstoffes entstehen seine Eigenschaften. Werkstoffwissenschaft ist ein sehr umfassendes Forschungsgebiet, das sich von Metallen über Keramik bis zu den Kunststoffen spannt. Meine Spezialisierung geht in Richtung metallische Hochleistungswerkstoffe, und hier im Besonderen der Werkstoff Stahl. Es gibt ungefähr 10.000 verschieden Arten. Kein anderer Werkstoff hat so viele Gesichter und deckt ein derart breites Eigenschaftsspektrum ab.“ Ein Forschungsschwerpunkt von Kozeschnik setzt sich also mit der Verarbeitung und Herstellung von Stahl auseinander. Ein zweiter Schwerpunkt befasst sich mit der Computermodellierung und –simulation. Die Entwicklung des Werkstoffes (Stahl), während der Verarbeitung vorherzusagen, ist Thema dieser Computermodelle. „Der Einfluss einzelner Verarbeitungsschritte auf den Werkstoff selbst, wie zum Beispiel die Wärmebehandlung mit und ohne gleichzeitiger Verformung, ist mein Fachgebiet. Es geht hier darum, wie grob oder fein die Mikrostruktur ist, ob sich Ausscheidungen in diesen Werkstoffen bilden, welchen Einfluss diese mikrostrukturellen Parameter, wie Korngröße oder Ausscheidungszustände auf die mechanisch-technologischen Eigenschaften (Festigkeit, Zähigkeit, Oberflächengüte) haben. Wie entwickelt sich die Mikrostruktur des Werkstoffes in Abhängigkeit von thermischer oder thermisch-mechanischer Behandlung. Wenn ich weiß, wie sich die Mikrostruktur entwickelt, weiß ich in der Regel auch, welche Eigenschaften der Werkstoff hat“, erläutert Professor Kozeschnik. Im Zuge dieser Forschung entstand auch eine Software mit dem Namen „MatCalc“, die in laufenden Forschungsprojekten konsequent weiter entwickelt wird. Darüber hinaus ist im Rahmen des CD-Labors speziell die Ausscheidungsbildung (Precipitation) in Metallen ein Thema. Als Firmenpartner sind unter anderem die voestalpine Stahl AG und die Böhler-Uddeholm AG beteiligt. „Ich selbst sehe mich als anwendungsorientierten Grundlagenforscher. Diese Auslegung wird vor allem den Ansprüchen und dem Forschungsverständnis eines CD-Labors gerecht.“ Ein derzeit laufendes FWF-Projekt beschäftigt sich darüber hinaus mit der Keimbildung und ersten Stadien der Ausscheidungsbildung in Metallen. Im Unterschied zum CD-Labor, wo industrielle Legierungen herangezogen werden, untersuchen Ernst Kozeschnik und sein Team in Zusammenarbeit mit der Montanuniversität Leoben und der Universität Wien Modelllegierungen, die nur aus zwei bis drei Atomsorten bestehen. Eine technische Legierung ist komplexer und besteht aus sieben bis zwölf Elementen.

Verantwortungsbewusste Studierende mit exzellenten Aussichten

„In der Arbeit mit StudentInnen ist es mir extrem wichtig, dass die Studierenden verstehen, worum es geht. Das Verständnis von physikalischen Vorgängen ist eine Vorraussetzung für verantwortungsbewusste Studierende. Darüber hinaus versuche ich ihnen zu zeigen, wofür sie welche Dinge lernen und wo man sie anwenden kann“, fasst Professor Kozeschnik zusammen. Bezüglich der Berufsaussichten für AbsolventInnen des Institutes für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnologie erzählt Ernst Kozeschnik, dass er gerade erfahren habe, dass auf einen TU-Abgänger sechs freie Stellen kämen. „Die Berufsaussichten sind also unvergleichbar, wobei es um die technischen Disziplinen im Allgemeinen sehr gut bestellt ist. Auch die Zahl an Studierenden ist in letzter Zeit angestiegen. Rund 250 Neuanfänger gibt es jetzt im Maschinenbau. Im Unterschied zu anderen Fakultäten glaube ich, dass ein Technikstudent nicht gesondert motiviert werden muss für das Studium, sondern, dass er sich von Grund auf dafür interessiert. Grundsätzlich sind wir sehr zufrieden mit den Leuten, die bei uns fertig werden. Es ist eine sehr gute Ausbildung und man ist extrem gefragt“, so Kozeschnik.

Zwischen Steiermark und Kärnten

Nach neun Jahren in seiner Heimatgemeinde Trofaiach, verbrachte Professor Kozeschnik wiederum neun Jahre in Ferlach, Kärnten. „Den Großteil meines Lebens habe ich aber bisher in Graz verbracht. Zu meinen Hobbys gehört das Segeln. Ich bin begeisterter Yachtsportler und suche mir immer wieder neue Gebiete für Erkundungstouren aus, wie zum Beispiel Griechenland, Türkei, die Karibik oder Kroatien. Daneben praktiziere ich noch immer Billard. Ich habe das früher viele Jahre wettkampfmäßig betrieben. Und ich spiele auch noch gerne Jazz-Klavier“, erzählt Ernst Kozeschnik.
Für seine Arbeit an der TU Wien wünscht er sich seine Forschungsvorhaben weiter vorantreiben zu können. „In diesen Forschungsgebieten liegt mein Herzblut. Vom Empfinden her bin ich als Forscher neugierig. Ich möchte mich hier einfach weiter erfolgreich bewegen. Als Professor finde ich natürlich wesentlich bessere Gestaltungsmöglichkeiten vor. Diesen Freiraum, neue Dinge zu machen, will ich nutzen“, erläutert Ernst Kozeschnik