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Ein publizierter Datensatz gewährt neuen Blick auf die Atmung der Natur

Was optischen Fernerkundungssatelliten durch Wolkenbedeckung bisher verborgen blieb, wird jetzt sichtbar durch VODCA2GPP - den ersten auf Mikrowellensatelliten basierenden Datensatz, der die globale Produktivität der Vegetation seit 1988 beschreibt.

Weltkarte mit grünen Schattierungen und Farblegende

Mittlere jährliche Bruttoprimärproduktion (GPP) zwischen 1988-2019. VODCA2GPP; Wild et al., 2022.

Die Forschungsgruppe Klima- und Umweltfernerkundung (CLIMERS, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster) der TU Wien hat kürzlich den ersten Bruttoprimärproduktionsdatensatz basierend auf Mikrowellen-Fernerkundung veröffentlicht. Der Datensatz namens VODCA2GPP steht allen Forschenden und Interessierten frei zur Verfügung und kann aus dem Forschungsdatenrepositorium der TU Wien heruntergeladen werden.

Bruttoprimärproduktion oder: die Atmung der Natur

Hinter dem Begriff Bruttoprimärproduktion (englisch: Gross Primary Productivity, kurz GPP) verbirgt sich eine essentielle Variable in unserem globalen Ökosystem: GPP beschreibt die Gesamtmenge an Kohlenstoff die von Organismen gebunden wird. Bekanntermaßen „atmen“ Pflanzen Kohlenstoffdioxids (CO2) und wandeln dieses CO2 im Prozess der Photosynthese in Biomasse und Energie um. In unseren Ökosystemen spielt GPP daher eine zentrale Rolle und kann auch als Atmung oder Herzschlag der Natur bezeichnet werden wie diese Animation, die mit Daten von VODCA2GPP erstellt wurde, veranschaulicht:

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Pulse of Nature

Mittels genauer Beobachtung von GPP kann beispielsweise festgestellt werden, wie unsere Vegetation auf verändernde Umwelteinflüsse reagiert. Steigende CO2-Konzentrationen spielen dabei genauso eine Rolle wie höhere Temperaturen und veränderliche Landnutzungsformen. GPP zu messen trägt also wesentlich dazu bei, den menschlichen Einfluss auf unsere Ökosysteme zu quantifizieren und zu verstehen.

Mit Mikrowellen durch die Wolken sehen

Die (weltweite) Messung von GPP war bisher abhängig von optischen Satellitensensoren. Optische Sensoren „sehen“ die Welt im selben Wellenlängenbereich wie wir Menschen und können über das Grün der Vegetation ihre Produktivität abschätzen. Dieser optische Ansatz ist seit Jahrzehnten erprobt und relativ verlässlich, hat aber einen entscheidenden Nachteil: Optischen Sensoren können nicht unter die Wolkendecke blicken. Das ist besonders gravierend wenn man bedenkt, dass die produktivsten Regionen der Erde (zum Beispiel die Tropen) den Großteil des Jahres von einer dicken Wolkenschicht bedeckt sind.

Aus diesem Grund hat die Forschungsgruppe Klima- und Umweltfernerkundung, unter der Leitung von Prof. Wouter Dorigo, vor einigen Jahren damit begonnen, einen alternativen, Mikrowellen-basierten Ansatz zur Bestimmung der weltweiten Primärproduktion zu entwickeln. Für Mikrowellen stellen Wolken kein Hindernis dar, sie erlauben daher eine wetterunabhängige und damit ununterbrochene Beobachtung unseres Planeten. Im Vergleich zu optischen Satelliten beobachten Mikrowellensatelliten nicht das Grün der Vegetation sondern reagieren auf Veränderungen im Wassergehalt der Pflanzen, was wiederum Rückschlüsse auf die Biomasse und damit auch auf die Produktivität der Pflanzen zulässt.

Neue Erkenntnisse durch VODCA2GPP

Durch diese innovative Messmethodik hat VODCA2GPP das Potential, neue Einblicke in unsere globalen Ökosysteme zu liefern. Einige Erkenntnisse konnten aus VDOCA2GPP schon gewonnen werden. So haben erste Analysen beispielsweise bestätigt, dass die globale Bruttoprimärproduktion in den letzten Jahren signifikant gestiegen ist. Eine Ursache für diese steigende Produktivität unseres Ökosystems liegt in der erhöhten CO2-Konzentration in der Atmosphäre. Die genaue Erforschung dieses und anderer anthropogener Einflüsse auf den globalen Kohlenstoffkreislauf ist aktueller denn je und erfordert hochwertige Daten wie VODCA2GPP.

Freier Zugriff auf die Daten

Um die Erkenntnisse aus der Fernerkundung zu maximieren setzt die CLIMERS Gruppe seit jeher auf eine bewährte Open-Data Policy. So steht auch VODCA2GPP allen Forschenden und Interessierten über die Seite des TU Wien Datenrepositoriums frei zur Verfügung (https://doi.org/10.48436/1k7aj-bdz35, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster).

Weitere Informationen zu Methodik, Qualität und Analysemöglichkeiten von VODCA2GPP finden Sie in unserer kürzlich erschienen Publikation (https://doi.org/10.5194/essd-14-1063-2022, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster).

Kontakt

Benjamin Wild
Department für Geodäsie und Geoinformation
Wiedner Hauptstraße 8 / E120-07
1040 Wien

E-Mail: benjamin.wild@tuwien.ac.at
Twitter: https://twitter.com/CLIMERS_GEO, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
WWW: https://climers.geo.tuwien.ac.at, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster