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Alles klar für's Schwarze Meer

Ein Leben ohne Nährstoffe ist undenkbar, ein Zuviel davon in den meisten Fällen schädlich. Das gilt für Menschen ebenso wie für Gewässer. Wie viel Nährstoffe verträgt insbesondere das Schwarze Meer, sodass ein stabiles ökologisches Gleichgewicht herrscht? Dieser Frage geht man am Institut für Wassergüte und Abfallwirtschaft an der Technischen Universität Wien gemeinsam mit 16 anderen Projektpartnern nach. Die große Herausforderung dabei ist, die Einflussfaktoren Nahrungsmittelproduktion, Abwasserentsorgung und klimatische Bedingungen zu quantifizieren um ihren Effekt auf die Wassergüte feststellen zu können.

Abb. 1: Entwicklung des Stickstoff-Handelsdüngereinsatzes im Einzugsgebiet der Donau (Anm. USSR ab 1992 Moldawien und Ukraine)

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Abb. 1: Entwicklung des Stickstoff-Handelsdüngereinsatzes im Einzugsgebiet der Donau (Anm. USSR ab 1992 Moldawien und Ukraine)

Abb. 1: Entwicklung des Stickstoff-Handelsdüngereinsatzes im Einzugsgebiet der Donau (Anm. USSR ab 1992 Moldawien und Ukraine)

Abb. 2: Im Strudengau

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Abb. 2: Im Strudengau

Abb. 2: Im Strudengau

Abb. 3: Chlorophyllkonzentration im Schwarzen Meer in mg/m3 - Anhand der Nährstoffeinträge lässt sich gut erkennen, wie sich die Donau auf das Schwarze Meer auswirkt. Die roten Stellen bedeuten viel Chlorophyll und deuten auf Algenwachstum hin.

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Abb. 3: Chlorophyllkonzentration im Schwarzen Meer in mg/m3 - Anhand der Nährstoffeinträge lässt sich gut erkennen, wie sich die Donau auf das Schwarze Meer auswirkt. Die roten Stellen bedeuten viel Chlorophyll und deuten auf Algenwachstum hin.

Abb. 3: Chlorophyllkonzentration im Schwarzen Meer in mg/m3 - Anhand der Nährstoffeinträge lässt sich gut erkennen, wie sich die Donau auf das Schwarze Meer auswirkt. Die roten Stellen bedeuten viel Chlorophyll und deuten auf Algenwachstum hin.

Abb. 4: Donaueinzugsgebiet

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Abb. 4: Donaueinzugsgebiet

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daNUbs Projekt-Homepage

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Effizientes Nährstoffmanagement - viele Fragen, viele Antwortmöglichkeiten

17 Institutionen aus 7 Ländern haben in einem gemeinsamen EU-Projekt das Ziel vor Augen, Nährstoffemissionen im Donaueinzugsgebiet zu steuern und die Auswirkungen insbesondere auf das Schwarze Meer zu erkennen. Koordinator des EU-Projektes daNUbs (Nutrient management in the Danube Basin and its impact on the Black Sea) ist das Institut für Wassergüte und Abfallwirtschaft der TU Wien.

Auf folgende Fragen wollte und will man noch Antworten finden: Wie viel Nährstoffe verträgt das Schwarze Meer? Über welche politischen, ökonomischen und technischen Maßnahmen kann eine entsprechende Limitierung der Nährstoffmengen, auch Einträge genannt, am kosten-effizientesten erreicht werden? Welche regionalen Unterschiede sind dabei zwischen Regionen und Ländern zu berücksichtigen? Welche sozio-ökonomischen Auswirkungen sind bei der Umsetzung von Maßnahmen zu erwarten?

Erste Projekt-Ergebnisse bringen wissenschaftlichen Fortschritt

Was auf den ersten Blick simpel klingt ist wegen der umfassenden Problemstellung (viele Faktoren, Einfluss muss quantifiziert werden) nicht selbstverständlich: Die verwendeten Methoden - komplexe mathematische Simulationsmodelle - können die momentane Situation erklären und sind damit geeignet, Szenarien für die Zukunft zu entwickeln. Vor allem die Kopplung von Modellen zur Quantifizierung der Quellen von Nährstoffen (z. B. Landwirtschaft, Abwässer) bis hin zu deren Auswirkung in der Küstenregion des Schwarzen Meeres ist ein wesentlicher wissenschaftlicher Fortschritt. Der methodische Ansatz ist nicht nur auf das Schwarze Meer, sondern auch auf andere Flusseinzugsgebiete und Küstenregionen anwendbar.

Neben der Abwasserentsorgung (sind beispielsweise Kläranlagen vorhanden oder werden die Abwässer direkt eingeleitet?) und der Landwirtschaft sind auch die Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung (z.B. Fleischkonsum) bei der Erstellung von Maßnahmenplänen zu berücksichtigen. Wie sich eine Bevölkerung ernährt hat nämlich Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion.

Hydrogeologische und klimatische Bedingungen beeinflussen die Nährstoffemissionen und deren Auswirkungen auf die Ökosysteme

Während des Hochwassers im August 2002 wurde eine Probenahmekampagne an der Donau bei Wien durchgeführt. Kein Zufallstreffer, konnte man schon auf Erfahrungswerte aus dem Hochwasserereignis 1997 zurückgreifen. 2002 wurden innerhalb dieses einen Hochwasserereignisses rund 70% einer durchschnittlichen Jahresfracht an Phosphor transportiert. Was so viel bedeutet, dass aus einer Jahres- eine Tagesfracht wird.

Die Denitrifikation, also die Umwandlung von Nitratstickstoff in Luftstickstoff, in der Untergrundpassage zwischen Boden und empfangendem Fließgewässer hat einen wesentlichen Einfluss auf die diffusen Stickstoffeinträge. Fließzeiten im Untergrund bzw. Grundwasser, die geologische Situation sowie die Sickerwassermenge sind dabei entscheidende Faktoren. Generell ist bei niedrigen Sickerwassermengen, langen Aufenthaltszeiten im Grundwasser und Gebieten, die von lockeren Sedimenten dominiert werden, eine höhere Denitrifikation, somit weniger Nährstoffzufuhr, zu erwarten.

Generell sind in jenen Gebieten hohe flächenspezifische Nährstoffeinträge zu erwarten, wo ein hoher Anteil an intensiv genutzten Ackerbauflächen und hohe Abfluss- bzw. Sickerwassermengen vorliegen. Gebiete, wo es im Grundwasser zu Nitratproblemen kommt, werden dagegen in Hinblick auf den Eintrag von Stickstofffrachten in die Fließgewässer geringere Bedeutung haben.

Positive Faktoren der letzten Jahre

Der wirtschaftliche Kollaps in weiten Teil Mittel- und Osteuropas hat in den letzten Jahren zu einem Rückgang der Nährstoffemissionen über die Donau in das Schwarze Meer geführt. Das hat mehrere Gründe: es wurden weniger Mineraldünger verwendet, der Tierbestand ist zurückgegangen und die Phosphoreinträge sind gesunken. Einen nicht unwesentlichen Beitrag hat aber auch die Industrie geleistet. Die industrielle Produktion wurde massiv gedrosselt, was insbesondere auf den wirtschaftlichen Ruin vieler Unternehmen, da wiederum speziell der Düngemittelfirmen, zurückzuführen ist.

Ohne Phosphor kein Pflanzenwachstum. Ein zu Viel an Phosphor beschleunigt jedoch das Algenwachstum, sodass das ökologische Gleichgewicht aus den Fugen gerät. Das wiederum hat drastische negative Auswirkungen auf die Fischerei und den Tourismus. Im schlimmsten Fall müssen Strände gesperrt werden.

Eine Erholung der Wirtschaft bzw. deren Neuaufbau in den osteuropäischen Ländern wird zu einer Zunahme der Nährstoffemissionen führen. Eine Zunahme ist aber auch dann zu erwarten, wenn etwa die "gute landwirtschaftliche Praxis" westeuropäischer Länder angewendet wird. Was so viel bedeutet, dass zur richtigen Zeit gedüngt wird und das mit Maß und Ziel.

Grundsätzliche Problematik mit hoher politischer Brisanz

Natürliche Systeme sind adaptiv, zusätzlich sind Ursache und Wirkung rückgekoppelt. Solche Systeme neigen zu nicht (sicher) vorhersagbaren Verstärkungs- und Dämpfungserscheinungen. Diese Problematik wird auch dadurch verstärkt, dass in der Umwelt Speicher für die Nährstoffe vorhanden sind, die ein Vielfaches (mehrere Zehnerpotenzen) der jährlichen Umsätze ausmachen. Dies führt zu sehr schwierigen Problemen bei der Messung bzw. der Berechnung der daraus abgeleiteten Größen, die notwendigerweise mit großen Ungenauigkeiten verknüpft sind. Darüber hinaus muss man damit umgehen, dass die Geschwindigkeiten von maßgebenden Prozessen sich über zumindest 6 Zehnerpotenzen erstrecken (von Sekunden bis zu Jahrzehnten).

Vieles wurde bereits erreicht (Beschreibung des Istzustandes, Modelle wurden aufeinander abgestimmt), die große Herausforderung für die verbleibende Zeit (Frühjahr 2005) besteht darin, das erarbeitete Wissen für verschiedene Szenarien anzuwenden. Dabei gilt es im Wesentlichen, die Parameter "landwirtschaftliche Praxis", Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung und Abwasserentsorgung aufeinander abzustimmen.