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Woman in Science: Lisi Wieser. Architektin und Frauenpreisträgerin

Lisi Wieser ist Architektin – und hat ein Herz fürs Einfamilienhaus. Ein Widerspruch? Keineswegs. Denn genau daraus hat sie ihre Idee von Architektur für Alle entwickelt: Eine Plattform für private Hausbauer_innen, die sie bei ihren Umbauten nutzerzentriert und kreativ begleitet.

Lisi Wieser in Jubelpose bei der Verleihung des TU Wien Frauenpreises 2025

© Luiza Puiu

Lisi Wieser bei der Verleihung des TU Wien Frauenpreises 2025

Lisi Wieser ist eine mitreißende Persönlichkeit mit schnellem Denken. Aufgewachsen in Oberösterreich, lebt und arbeitet sie heute in Wien. Nach mehreren Jahren in großen Architekturbüros, in denen sie an umfangreichen Projekten mitwirkte, entschloss sie sich zur Selbstständigkeit. Das Unternehmertum ist ihr vertraut, denn sie wuchs in einem Autohaus auf und lernte dort früh den Umgang mit Menschen und das Arbeiten im Familienbetrieb.

Architektur, die nah an den Menschen ist

2013 gründete sie die Plattform Architektur für Alle, die sich an kleine, private Bauherr_innen richtet. Also an die klassischen Häuslbauer_innen und Menschen, die ihre Wohnungen umbauen oder erweitern möchten. Für viele Architekturbüros sind solche Projekte zu klein. Wieser hingegen interessiert sich gerade für diese Aufgaben.

Das Einfamilienhaus, sagt Wieser, gilt in der Architektur oft als Stiefkind, dabei leben laut Statista im Jahr 2024 rund 43 % der Österreicher_innen in einem solchen Haus. Doch nur 3-5 % dieser Gebäude werden von Architekt_innen geplant – der Großteil entsteht durch Baumeister_innen. Für Wieser ein vernachlässigtes Feld, obwohl gerade diese Bauten unser Lebensumfeld maßgeblich prägen.

Lange vom Fachpublikum nicht beachtet, wird nun genau diese Bauaufgabe gesellschaftlich relevant. In unserer alternden Gesellschaft werden immer mehr in die Jahre gekommene Einfamilienhäuser vererbt oder verkauft. Neues Leben soll ressourcenschonend einziehen. Wieser, auf diese Bauaufgabe seit über einem Jahrzehnt spezialisiert, erfüllt so eine vorausschauende Rolle in der Architektur. 

Ihr Ansatz ist persönlich und alltagsnah. Schon als Jugendliche beschäftigte sie sich beim Umbau ihres Elternhauses mit Details: Wo steht die Couch? Wie fällt das Licht? Wer lebt wann wie im Raum? Solche Fragen nimmt sie bis heute ernst, denn Architektur beeinflusst unmittelbar das Wohlbefinden.

Auch bei Gestaltungskonzepten wie Küchen ist ihr Zugang menschlich und integrativ. Gefragt nach der berühmten Frankfurter Küche von Margarete Schütte-Lihotzky, plädiert sie für die klassische Landhausküche mit zentralem Tisch. „Denn hier können sich mehrere Menschen gleichzeitig aufhalten und beteiligen. Das ist eine Raumidee, die Zusammenarbeit und Austausch ermöglicht und zu einer intuitiven Beteiligung an der Küchenarbeit einlädt. Ganz im Gegensatz zur Frankfurter Küche, wo eine Person, die Arbeit unsichtbar für die anderen und allein erledigt.“

„Frauen, ihr seid mächtig“

Wieser schätzt die Freiheit der Selbstständigkeit – gerade für junge Architekt_innen, für die der Berufseinstieg oft herausfordernd ist. Ihrer Erfahrung nach müssen Angestellte in Büros oft deutlich mehr leisten, um auf ein vergleichbares Auskommen zu kommen. Gründer_innen empfiehlt sie Coaching-Angebote wie jene der Wirtschaftsagentur Wien wahrzunehmen und rät jungen Frauen, sich von Anfang an mit Menschen zu umgeben, die Gleichberechtigung nicht nur vertreten, sondern auch leben. Noch immer, sagt sie, gehe in Österreich die Gleichberechtigung viel zu langsam und bleibe im Kleinklein stecken und Kinder bedeuteten für Frauen automatisch das Ende ihrer beruflichen Karriere.

Ihre Botschaft an die Frauen: „Ihr braucht euch nicht zu ermächtigen – ihr seid mächtig!“

Im März 2025 wurde Lisi Wieser mit dem renommierten TU Wien Frauenpreis ausgezeichnet, der herausragende Leistungen von Frauen in Wissenschaft und Technik sichtbar macht. Mit Architektur für Alle leistet sie einen Beitrag, der weit über das klassische Architekturbüro hinausgeht. Sie ist ein inspirierendes Beispiel dafür, wie Frauen an der TU Wien Zukunft gestalten und neue Wege beschreiten, begründete die Jury ihre Entscheidung.

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