Öffis und Lieferservice in einem

Zustellung wichtiger Güter innerhalb weniger Stunden: TU Wien und ÖBB prüfen, welche Logistikmöglichkeiten sich ergeben, wenn man Personenzüge für Zustellungsdienste nützt.

Mann mit Lastenfahrrad vor einem Zug

© veloblitz

So könnte Transport in Zukunft aussehen: Mit dem Fahrrad zur Bahn. Auf dem Foto: Michael M. Damisch, veloblitz

Normalerweise sind Güterverkehr und Personenverkehr im Eisenbahnwesen zwei ganz unterschiedliche Bereiche: Gütertransport muss mit großen, schweren Lasten zurechtkommen, der Personenverkehr hingegen braucht eher eine möglichst hohe Frequenz. In Zukunft könnte man aber auch beides verbinden: Mit Personenzügen könnte man innerhalb weniger Stunden wichtige Güter quer durchs Land liefern und noch am selben Tag zustellen.

Ein Forschungsprojekt der TU Wien, unterstützt vom Bundesministerium für Klimaschutz, untersucht nun in Kooperation mit den Österreichischen Bundesbahnen, welche organisatorischen, logistischen und rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssen.

Mittags verschickt, abends geliefert

Manchmal muss es schnell gehen: „Stellen wir uns vor, wir verreisen und haben ein wichtiges Dokument vergessen“, sagt Marcel Weber vom Institut für Verkehrswissenschaften der TU Wien. „Wenn ich es mir per Post zuschicken lasse, bekomme ich es vielleicht am nächsten Tag. Aber wenn man die Eisenbahninfrastruktur optimal nützt, dann könnte das auch viel schneller gehen.“ Innerhalb großer Städte gibt es Fahrrad-Botendienste, die solche kurzfristigen Lieferaufgaben übernehmen. Doch ein österreichweites Hochgeschwindigkeits-Zustellsystem fehlt bisher noch.

„Wir haben bereits ein Sondierungsprojekt zu diesem Thema abgeschlossen und festgestellt: Der Personenzugverkehr hätte großes Potenzial, nicht nur Personen, sondern auch kleinere Güter zuzustellen“, sagt Marcel Weber. Möglich wäre eine Kooperation mit anderen Logistikunternehmen – so könnte etwa ein Fahrradbotendienst ein Paket übernehmen und zum Zug bringen, das dann am Zielbahnhof wieder von Fahrradboten übernommen und zugestellt wird. Oder man könnte das Paket auch einfach zu einer Abholstation am Bahnhof transportieren lassen, wo es vom Adressaten selbst abgeholt wird.

Kleine Anpassungen in den Zügen – große neue Möglichkeiten

Bedarf dafür gäbe es jedenfalls – das wurde vom Forschungsteam am Institut für Verkehrswissenschaften bereits erhoben. Man müsste allerdings noch die nötige Infrastruktur schaffen: „Die Züge selbst sind derzeit natürlich nicht auf Warentransport ausgelegt, aber das ließe sich relativ leicht ändern“, ist Marcel Weber zuversichtlich. Man müsste etwa Regale oder Transportboxen in Personenzügen installieren, möglicherweise müsste man den Platz etwas umstrukturieren. Ab 2026 könnte bei der bestehenden Railjetflotte neue Logistik-Anforderungen bereits mitberücksichtigt werden.

Auch an den Bahnhöfen müsste man die nötigen Einrichtungen schaffen, und nicht zuletzt bräuchte man auch ein intelligent geplantes IT-System, das die Warentransporte managt. „Nach unseren Voruntersuchungen sind wir davon überzeugt, dass das funktionieren würde und dass dieses Konzept auch wirtschaftlich sinnvoll ist“, sagt Marcel Weber. In einem Nachfolgeprojekt soll nun noch eine Reihe wichtiger Details geklärt werden: Manche rechtlichen Rahmenbedingungen müssen noch analysiert werden, genaue Berechnungen realistischer Zustellzeiten sollen noch durchgeführt werden, auch Unternehmensbefragungen sind geplant, um eine bessere Vorstellung des Bedarfs an schnelleren Zustell-Optionen zu bekommen.

Rückfragehinweis

Dipl.-Ing. Marcel Weber
Institut für Verkehrswissenschaften
Technische Universität Wien
+43 1 58801 23219
marcel.weber@tuwien.ac.at

Aussender:
Dr. Florian Aigner
PR und Marketing
Technische Universität Wien
Resselgasse 3, 1040 Wien
+43 1 58801 41027
florian.aigner@tuwien.ac.at