Daniel Janisch

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September 2018

Salut tout le monde!

Als erster Student der TU Wien an der renommierten Grande École ESPCI Paris für Physik und Chemie (Teil der PSL Université) darf ich meine Erfahrungen, gesammelten Tipps und Eindrücke weitergeben.

Das Wintersemester startet in Frankreich am ersten Montag im September und man bat mich schon eine Woche vorher einzutreffen. Am Programm standen Einführungsvorträge und „apéros“ zum Kennenlernen v.a. mit den anderen internationalen Studenten.
Auch die erste Woche war geprägt von Einführungsvorträgen und Events, organisiert von der BDE (bureau des élèves) quasi der Fachschaft des Jahrgangs. Es gab traditionelle Aktivitäten wie eine Tour durch Appartements der älteren Studenten und eine Rally durch Paris, wo gefärbte Teams verschiedene Aufgaben in den Straßen Paris lösen mussten. Untergruppen oder Clubs der BDE wie der Club Q organisieren günstige Tickets für Oper und Theater, sportliche Clubs bringen Fußballfans oder Basketballspieler zusammen. Alles in allem legt man viel Wert auf Gemeinschaft und Integration, man will ja natürlich auch feiern, dass man es geschafft hat in eine Top Grande École aufgenommen geworden zu sein. In Frankreich absolviert man nämlich nach dem „baccalauérat“ (der fr. Matura) zwei Jahre in Vorbereitungsklassen (classes préparatoires) und je nach erbrachten Leistungen wird man den Grand Écoles zugeteilt, die ein höheres Ansehen genießen als Universitätsstudien in Ingenieurs- und Wirtschaftsfächern.

Dass die französische Hauptstadt nicht das Südburgenland in Sachen Wohnungsmieten ist, stellt allgemein kein Geheimnis dar. Aus der Unmöglichkeit heraus, von Wien aus eine Colocation oder ein Studio zu finden habe ich mich für ein Zimmer in der Studentenresidenz beworben, welche ausschließlich für Studenten der ESPCI reserviert ist. Vorerst nur für einen Monat aber dann, nachdem sich auch die Suche schon in Paris, nach einer coolen WG oder Zimmer im Stadtinneren als wirklich sehr schwierig herausstellte (vor allem zu teuer), war die einfachste Möglichkeit den Vertrag in der Studentenresidenz zu verlängern. Man hat ein etwa 20m2 großes Zimmer ausgestattet mit Küche und Badezimmer, also nicht übel sowie dank einem Anschluss an Metro 4 ist die Deplatzierung ins Stadtinnere sehr flott.

Weiters möchte ich noch ein paar Worte über bürokratische Schwierigkeiten verlieren. Für den Erhalt der Wohnbeihilfe (APL – caf.fr) das beläuft sich auf etwa 200 € bei einer 700 € Miete. Es ist ein französisches Bankkonto erforderlich, eine provisorische Sozialversicherungsnummer wird zugewiesen – ja trotz EU. Ich habe ein Konto Nickel eröffnet (compte Nickel) welches relativ problemlos in einer Trafik bzw. online machbar war. Ein französisches Konto ist auch für den Jahresstudenten Metropass Imagine nötig (350€), alternativ kann auch ein Monats Navigopass für 75€ pro Monat gelöst werden – zu empfehlen ist ein Onlineerwerb bereits vor der Anreise!

Nach dem ersten Monat kann ich auch schon große Fortschritte mit meinen Französischkenntnissen erkennen. Zu empfehlen sind vor einem Erasmusaufenthalt in Frankreich Französischintensivkurse, um Schulkenntnisse aufzufrischen oder so wie ich, ganz neu zu lernen. Vor Anreise könnte man sich auch mit Slangwörtern vertraut machen (Mots argotiques), viele Wörter die man gelernt hat werden im Alltag nämlich kaum verwendet. Das Cliché, dass Franzosen nicht nett wären kann ich jedenfalls nicht bestätigen. Bis jetzt fühle ich mich sehr willkommen, die Kolleginnen und Kollegen sind auch verständnisvoll. Dennoch gute Sprachkenntnisse sind absolut essentiell um die Schmähs zu verstehen und Freundschaften zu knüpfen, ganz wie auch in Österreich. Nach einem Monat sollte das langsam auch was werden.

À bientôt,
Daniel

Gebäude
Gebäude, Student
Hörsaal
Hörsaal
Frühstück
Champagne

Oktober 2018

Salut!

Nach zwei Monaten in Paris sind anfängliche Kommunikationsschwierigkeiten Großteils überstanden und ich fühle mich schon richtig heimisch.
Die Verhältnisse zu Kollegen und Kolleginnen sowie manchen studentischen Mitstreitern ist schon näher Richtung Freundschaft gerutscht. Vielen bekannt, fällt es leicht neue Kontakte zu knüpfen, der einzige Erasmusstudent mit eigenwilligem Akzent ist leicht auszumachen, obwohl ich (oder vielleicht gerade deshalb) nur eine Handvoll Kurse mit dem ersten Jahrgang teile. Der erste Jahrgang ist in etwa dem letzten Bachelorjahr äquivalent. Nach zwei Jahren in einer Vorbereitungsklasse folgt die dreijährige Ausbildung zum diplomierten Ingenieur in den Grandes Écoles wobei die Abschlussnoten bei Matura bzw. Vorbereitungsklasse als Aufnahmekriterium für Vorbereitungsklasse bzw. Grand École gelten.

Ähnlich zur TU wird während drei Jahren auf der ESPCI, der Stoff den Studenten mittels einer Kombination aus Vorlesung, theoretischen und praktischen Übungen nähergebracht. Durch eine kleine Jahrgangsklasse (etwa 80) und Aufteilung in mehrere Kleingruppen werden die Übungen in außergewöhnlich hohem Lehrende/Studenten Verhältnis abgehalten, das eine intensive Lernerfahrung mit sich bringt. Bemerkenswert finde ich besonders das sogenannte Préceptorat wo in 4-8er Gruppen, im vorhinein abgegebene Übungsaufgaben durchgesprochen werden und jeder aufgefordert wird Unklarheiten mitzuteilen da diese nicht benotet werden – es zählt nur die Prüfungsnote auf die Vorlesung.
Biologie, Ökonomie, Informatik, Sprachen und Kommunikation, Mathematik, Physik und Chemie wird unterrichtet mit Schwerpunkten auf Physik, Mathematik und Chemie. Interessierte können auf der Homepage die Kursliste einsehen.

Neben den Kursen bin ich jedoch hauptsächlich mit einem Praktikum in einer Forschungsgruppe beschäftigt, welches mir als Wahlpraktikum angerechnet wird.
Forscher aus aller Welt sind als Doktoranden oder Post-docs hier, das anregende Gespräche bei Mittagessen und anderen Aktivitäten fördert. Für Physiker, Materialwissenschaftler, Chemiker und Gehirnforscher sind wirklich alle Möglichkeiten für interessante Praktika und Forschungsaufenthalte offen – Französischkenntnisse sind meines Erachtens aber vorteilhaft.

Das zweite Monat war auch voll von Besuchen der großen Sehenswürdigkeiten: Schloss Versailles, Opera Garnier, Musée de l’Orangerie sowie großen kulinarischen Höhepunkten: Moules frites, Macarons und eine Käse- und Weinverkostung (Fotos werden dem aber leider nicht gerecht!). Um noch mehr über Frankreich und seine Hauptstadt zu erfahren habe ich mich auch schon mit Büchern eingedeckt – noch nie so viele Buchhandlungen wie in Paris gesehen, lesen wird hier als Volkssport zelebriert ob im RER (der Schnellbahn) oder im Park.

Zusammenfassend, bin ich sehr froh über meine Möglichkeit ein Austauschsemester an einer Schule von sehr hohen Niveau in einer Stadt mit unendlich vielen Sehenswürdigkeiten verbringen zu können. N’hésitez pas – à Paris tout le monde!

Student, Versailles

Versailles

Student, Gemälde

Musée de l’Orangerie

Student im Restaurant
Notizbuch, Jause
Macaron
Opernhaus

Opéra Garnier

Dezember 2018

Salut!

Drei Monate vergehen wie im Flug, kaum zu glauben!
Besuche von Freunden und Verwandten sowie viele Aktivitäten mit neu gewonnenen Freunden und Kollegen lassen keine Zeit für Langeweile. Nach anfänglich holprigen Erklärungen und etwas zusammenhanglosen Führungen zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt bin ich mittlerweile in meine Fremdenführerrolle etwas hineingewachsen. Viele anecdotes wurden von mir verinnerlicht, wie Weinbergschnecken von meinen französischen Mitstreitern.

Auf dem Place de la Concorde wurde während der französischen Revolution zum Beispiel die Guillotine für die Hinrichtung von Louis XI und unsere liebe Habsburgerin Marie-Antoinette aufgestellt. Der 313m hohe Eiffelturm wurde anfänglich von den Parisern, kaum zu glauben, als sehr hässlich bezeichnet und wäre dem Erdboden gleichgemacht geworden, wenn nicht ab 1906 der Turm als Sendeturm genutzt worden wäre.

Ein weiterer interessanter Fun Fact ist die Inschrift „Fluctuat nec mergitur“ auf dem Hôtel de Ville zu erkennen, die Devise der Stadt, welche noch aus der Zeit stammt als Paris der wichtigste Hafen des Landes war.

Das größte Museum der Welt, der Louvre ist am besten mit Audioguide zu erkunden – wie am Bild erkennbar erzählt ein digitaler Kurator alles wissenswerte über Werke und Geschichte des ehemaligen Königspalastes. Viele Museen und Monumente der Stadt sind für EU BürgerInnen bis 26 bei freiem Eintritt erkundbar, ein Glück, dass ich heuer erst 25 geworden bin!

Die beste Aussicht der Stadt hat man vom Arc de Triumph, den Eiffelturm sollte man eher meiden aufgrund des enormen Touristenansturms. Von Napoleon I, nach Bezwingung einer zahlenmäßig überlegenen österreichischen/russischen Streitmacht in Austerlitz, heutiges Tschechien, in Auftrag gegeben. Heute versperrt die flamme éternelle den Durchgang unter dem Triumphbogen, welches nach dem ersten Weltkrieg über dem Grab eines unbekannten Soldaten installiert wurde. Keine Armee sollte mehr durchmarschieren – ein deutliches Bekenntnis gegen Krieg. Heute werden vom Arc de triumph viele Manifestation und Demonstrationen gestartet, so wie im Foto erkennbar bei Ausschreitungen der gilets jaunes Ende November.

Studenten und Schüler im Quartier Latin, 5. Arr., haben die Qual der Wahl für Mittagessen: die namhafte Rue Mouffetard säumen Crêperies, traiteurs, restaurants und Märkte. Als Student und Schüler stehen einen ebenfalls die Restaurants universitaires offen c’est à dire Mittagsmenüs für €3,50, siehe Foto.

Mit den Doktoranden und Doktorandinnen meiner Forschungsgruppe war im November ein Ausflug in die Champagne geplant. Die „Champagner Hauptstadt“ Reims ist wirklich sehenswert vor allem die Kathedrale, die der Notre dame de Paris zum Verwechseln ähnlich sieht. Die großen Champagnerhäuser bieten Führungen inkl. Verköstigungen für 20-30€ an.

Kleine Dörfer in mitten der Weinstöcke sind spannend im Auto zu erkunden mit Champagne FM und wenn man zu viel Champagner getrunken hat kann man sich im Champagner Klinik behandeln lassen. Ob dabei noch mehr Champagner verabreicht wird konnte ich bisher noch nicht feststellen.

Louvre

Louvre

Louvre

Louvre, Heirat Napoleons

Gemälde

Mona Lisa

Mahlzeit
Kathedrale

Kathedrale Notre-Dame de Reims

Stadtstrasse, Student

Reims

Gebäude
Kundgebung

Gelbwesten

Jänner 2019

Salut!

Mein letzter Blogeintrag kommt leider etwas verspätet aufgrund der Weihnachtsferien und der darauffolgenden Prüfungszeit. Als Trostpflaster habe ich schöne weihnachtliche Fotos von Paris angefügt. 

Nach ein paar rastlosen Wochen mit Prüfungsvorbereitungen und Freizeitstress bin ich froh etwas zur Ruhe zu kommen. Das Vorbereiten auf Prüfungen geht in Frankreich, im Wesentlichen analog zu Wien von statten, es werden Vorlesungsunterlagen sowie die Übungen dazu studiert. Weiters erhalten alle Bögen mit alten Prüfungen der LVAs des Semesters aus den vergangenen vier Jahren. Druckermaschinen der ESPCI sind scheinbar mit Hochleistungspatronen ausgestattet – es bekommen nämlich auch sämtliche Studenten die Vorlesungsfolien ausgedruckt als „polycopie“ unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Der Aufwand macht sich bezahlt, die Studenten sind dankbar sich keinen Drucker anschaffen zu müssen und bereiten fleißig ihre Aufgaben vor. Ferner ist mir aufgefallen, dass die Prüfungen an einer Grande École länger als auf den Unis dauern, bis zu 4h Stunden und bestehen aus sehr vielen kleineren Fragen als wenigen und umfangreichen. Die Noten ergeben sich dabei auch nicht unbedingt aus dem Verhältnis aus korrekt beantworteten Fragen zu der Gesamtzahl an Fragen, sondern die Leistungen der Mitstudenten bestimmen den Notenschlüssel.

Ich ziehe die Bilanz eines sehr aufregenden aber auch sehr arbeitsintensiven Semesters. Mein Ziel nach diesem Semester von mir behaupten zu können ich spräche Französisch habe ich erreicht (wenn auch mit Potential zur Verbesserung) und bin sehr froh neue Freunde gefunden zu haben, Besuche sind auch schon für Frühling ausgemacht. Manches werde ich vermutlich eher weniger vermissen: den dürftigen Wasserfluss aus meinem Duschkopf, die Hundehaufen auf den Trottoirs oder die überfüllten U-Bahnzüge am Morgen. Dinge die ich aber auf jeden Fall vermissen werde: die hohe Qualität der Lebensmittel, die immense Auswahl an kulinarischen Köstlichkeiten, eine unvergleichbare Architektur und Geschichte, die Vielzahl an Weltklasse Museen und Konzerten. Der Spruch „wie Gott in Frankreich leben“ hat schon seine Berechtigung.

Viele kleine Unterschiede, wie zum Beispiel Begrüßungsrituale oder das Essen von Desserts nach jedem Mittagessen anstatt von Suppe – ein Dessert ist dabei meist Obst oder Käse – oder wie Franzosen das Läuten von Glöckchen vokal nachmachen oder ihre Vorliebe für Streiks bleiben in Erinnerung. Viel bedeutender sind aber die unzähligen Gemeinsamkeiten. Ich bin sehr stolz darauf Europäer zu sein und sehr dankbar für die Möglichkeit und finanzielle Unterstützung der EU. Ich kann jeder und jedem mit Entdeckerlaune empfehlen sich der Herausforderung zu stellen. Es formt den Charakter und lernt ungemein viel über sich selbst, letztendlich sieht man auch das Gastland danach mit ganz anderen Augen. Eine solche Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen. Ich hoffe meine kleinen Blogeinträge weckten Interesse, waren informativ und machten Lust auf studieren oder arbeiten im Ausland.

Liebe Grüße
Daniel

Gebäude, Student

Ich vor der ESPCI

Gebäude, Weihnachtsbaum

Weihnachtliche Stimmung am Campus

 Strasse mit Weihnachtsbeleuchtung

Weihnachtsbeleuchtung Saint-Germain-des-Prés

Philharmonie de Paris

Philharmonie de Paris

Essen auf einem Teller

Bœuf bourguignon

Kathedrale

Église Saint-Sulpice

Panthéon

Panthéon

Häuser

Sonnenuntergang