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Die Mathematik des Zufalls: START-Preis für Máté Gerencsér

Der österreichische Wissenschaftsfonds FWF vergibt die diesjährigen START-Preise – einer davon geht an den Mathematiker Máté Gerencser von der TU Wien.

Máté Gerencsér vor einer Tafel

© Daniel Novotny / FWF

Der START-Preis des Wissenschaftsfonds FWF gilt als die wichtigste Auszeichnung für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Österreich. Er ist mit bis zu 1,2 Millionen Euro dotiert und soll bereits in einer frühen Phase der Forschungskarriere den Aufbau einer eigenen Forschungsgruppe von internationalem Spitzenniveau ermöglichen.

Am 22. Juni 2023 wurde das Ergebnis der diesjährigen START-Preisvergabe bekanntgegeben: Einer der Ausgezeichneten ist Máté Gerencsér vom Institut für Analysis und Scientific Computing der TU Wien. Er forscht an stochastischen partiellen Differentialgleichungen – einem mathematischen Forschungsgebiet, das auch für die moderne Physik eine wichtige Rolle spielt.

Wie man die Welt beschreibt

Differentialgleichungen sind heute das wohl wichtigste mathematische Werkzeug für die Naturwissenschaften. Es sind Gleichungen, deren Lösung nicht bloß eine Zahl ist, sondern üblicherweise eine Funktion. „Etwa die Form einer Welle, ein Temperaturverlauf, der von Ort und Zeit abhängt, oder Turbulenzen in Luft oder Wasser“, erklärt Máté Gerencsér.

Die Naturgesetze, die wir heute kennen, werden in Form von Differentialgleichungen beschrieben – das gilt für die Newton’schen Bewegungsgesetze genauso wie für die Gleichungen der Elektrodynamik oder die Schrödingergleichung – eine partielle Differentialgleichung, die das Verhalten von Quantenteilchen beschreibt. Dabei handelt es sich um deterministische Gleichungen: Wenn man den Zustand eines physikalischen Systems zu einem bestimmten Zeitpunkt kennt, ist dadurch auch der Zustand zu einem anderen Zeitpunkt festgelegt.

Den Zufall in die Gleichung einbauen

Die Gleichungen, mit denen sich Máté Gerencsér beschäftigt, sind allerdings etwas komplizierter: „In unserer Forschungsgruppe arbeiten wir mit stochastischen Differentialgleichungen – also mit Differentialgleichungen, in denen auch ein gewisses Maß an Zufall eingebaut ist, etwa eine bestimmte Art von Rauschen“, erklärt er.

So kann man zum Beispiel mit gewöhnlichen Differentialgleichungen ausrechnen, wie schnell ein heißer Stab in einer kühlen Umgebung abkühlt. Aber was ist, wenn es zusätzlich eine zufällig fluktuierende Wärmequelle gibt, die den Stab aufheizt? Mit der Schrödingergleichung kann man die Bewegung eines Elektrons berechnen. Aber was ist, wenn das Elektron dabei völlig zufällig von anderen Teilchen gestört wird?

Um solche Zufälligkeiten in der Welt der Differentialgleichungen berücksichtigen zu können, muss man ganz neue mathematische Werkzeuge entwickeln. So kann es etwa passieren, dass bestimmte Terme dieser Differentialgleichungen unendlich groß werden – man spricht dann von einer Singularität. Herkömmlichen mathematischen Methoden versagen in dieser Situation. Es gibt allerdings sogenannte Renormalisierungsverfahren, mit denen man auch in diesem Fall noch zuverlässige Ergebnisse ermitteln kann. „In den letzten Jahren gab es auf diesem Gebiet wichtige erstaunliche Durchbrüche“, sagt Máté Gerencsér. Das Ziel des START-Projekts ist es nun, diese Ideen weiterzuentwickeln und wichtige offene Fragen zu beantworten.

Máté Gerencsér

Máté Gerencsér stammt aus Ungarn. Er studierte Mathematik an der Eötvös Loránd Universität in Budapest. An der Universität von Edinburgh schloss er 2016 seine Dissertation ab. Als Postdoc arbeitete er dann bis 2016 an der University of Warwick bei Fields-Medaillen-Gewinner Martin Hairer. Danach wechselte er nach Österreich – zunächst forschte er am IST Austria, 2020 schließlich erhielt er eine Laufbahnstelle an der TU Wien.

 

Rückfragehinweis

Máté Gerencsér
Institut für Analysis und Scientific Computing
Technische Universität Wien
+43 1 58801 10110
mate.gerencser@tuwien.ac.at

Aussender:
Dr. Florian Aigner
PR und Marketing
Technische Universität Wien
Resselgasse 3, 1040 Wien
+43-1-58801-41027
florian.aigner@tuwien.ac.at