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Schnellere und effizientere Computerchips durch Germanium

An der TU Wien gelang es, ein neuartiges Material aus Silizium und Germanium für die Chiptechnologie nutzbar zu machen. Das ermöglicht schnellere, effizientere Computer und neuartige Quantenbauelemente.

Das Forschungsteam: Lukas Wind, Masiar Sistani und Walter Weber

Das Forschungsteam: Lukas Wind, Masiar Sistani und Walter Weber

Unsere heutige Chiptechnologie basiert größtenteils auf Silizium. Nur in ganz bestimmten Bauelementen wird auch eine geringe Menge an Germanium beigemischt. Es gibt aber gute Gründe in Zukunft höhere Germaniumanteile zu verwenden: Der Verbindungshalbleiter Silizium-Germanium hat nämlich entscheidende Vorteile gegenüber der heutigen Silizium-Technologie, was Energieeffizienz und die erreichbaren Taktfrequenzen betrifft.

Das Hauptproblem dabei ist, auf technisch zuverlässige Weise Kontakte zwischen Metall und Halbleiter auf Nanoskala herzustellen. Das ist bei einem hohen Anteil an Germanium deutlich schwieriger als bei Silizium. An der TU Wien zeigte man nun aber zusammen mit Forschungsteams aus Linz und Thun (Schweiz), dass sich dieses Problem lösen lässt – mit Kontakten aus kristallinem Aluminium mit extrem hoher Qualität und einem ausgeklügelten Silizium-Germanium Schichtsystem. Dieses Zusammenspiel ermöglicht, in Abhängigkeit des Germaniumanteils im Silizium, unterschiedliche hochinteressante Kontakteigenschaften – speziell für optoelektronische- und Quantenbauelemente.

Das Problem mit dem Sauerstoff

„Jede Halbleiterschicht wird in konventionellen Verfahren automatisch verunreinigt, das lässt sich auf atomarer Ebene einfach nicht verhindern“, sagt Masiar Sistani vom Institut für Festkörperelektronik der TU Wien. In erster Linie sind es Sauerstoffatome, die sich sehr rasch an der Oberfläche der Materialien anlagern – an der Oberfläche entsteht eine Oxidschicht.

Bei Silizium ist das allerdings kein Problem: Silizium bildet nämlich immer genau die gleiche Art von Oxid aus. „Bei Germanium ist die Sache aber viel komplizierter“, erklärt Masiar Sistani. „In diesem Fall gibt es nämlich eine ganze Reihe unterschiedlicher Oxide, die sich bilden können. Das bedeutet aber, dass unterschiedliche nanoelektronische Bauteile eine stark unterschiedliche Oberflächenzusammensetzung aufweisen und damit auch unterschiedliche elektronische Eigenschaften haben können.“

Wenn man nun einen metallischen Kontakt mit diesen Bauteilen verbinden möchte, hat man ein Problem: Auch, wenn man sich sehr bemüht, all diese Bauteile exakt auf die gleiche Weise herzustellen, ergeben sich trotzdem zwangsläufig massive Unterschiede – und dass macht das Material für den Einsatz in der Halbleiterindustrie komplex in der Handhabung.

„Die Reproduzierbarkeit ist ein großes Problem“, sagt Prof. Walter Weber, der Leiter des Instituts für Festkörperelektronik, TU Wien. „Wenn man germaniumreiches Silizium-Germanium verwendet, kann man sich nicht darauf verlassen, dass der elektronische Bauteil, nachdem man ihn mit Kontakten versehen hat, wirklich die Kennlinien aufweist, die man braucht.“ Daher wird dieses Material in der Chipproduktion nur begrenzt eingesetzt.

Das ist schade, denn Silizium-Germanium hätte entscheidende Vorteile: „Die Ladungsträgerkonzentration ist höher, speziell positive Ladungsträger, die sogenannten Löcher, können sich in diesem Material viel effizienter bewegen als in Silizium. Das Material würde daher viel höhere Taktfrequenzen bei gesteigerter Energieeffizienz erlauben als unsere heutigen Silizium-Chips“, sagt Lukas Wind, Doktorand in der Forschungsgruppe von Walter Weber.

Die „perfekte“ Schnittstelle

Nun konnte das Forschungsteam allerdings zeigen, wie sich das Problem lösen lässt: Man fand eine Methode, auf atomarer Skala perfekte Schnittstellen zwischen Aluminiumkontakten und Silizium-Germanium-Bauteilen zu erzeugen. In einem ersten Schritt wird ein Schichtsystem hergestellt, mit einer dünnen Siliziumschicht und dem eigentlichen Material, aus dem die elektronischen Bauteile gemacht werden sollen – dem Silizium-Germanium.

Durch das kontrollierte Aufheizen der Struktur kann nun ein Kontakt zwischen dem Aluminium und dem Silizium hergestellt werden: Bei rund 500 Grad Celsius kommt es zu starker Diffusion: Die Atome können ihren Platz verlassen und zu wandern beginnen. Silizium und Germanium-Atome dringen relativ rasch in den Aluminiumkontakt ein, Aluminium füllt den freigewordenen Raum aus.

„Durch die Diffusionsdynamik in dem verwendeten Schichtsystem entsteht so eine Schnittstelle zwischen Aluminium und dem Silizium-Germanium mit einer extrem dünnen Silizium-Schicht dazwischen“, erklärt Masiar Sistani. Durch dieses Herstellungsverfahren haben Sauerstoffatome gar nicht die Gelegenheit, an diese atomar-scharfe und hochreine Schnittstelle heranzukommen.

„Unsere Experimente zeigen, dass diese Kontaktstellen auf verlässliche und gut reproduzierbare Weise hergestellt werden können“, sagt Walter Weber. „Die technologischen Systeme, die man dafür braucht, werden bereits heute in der Chipindustrie eingesetzt. Es handelt sich also nicht bloß um einen Laborversuch, sondern um ein Verfahren, das man relativ rasch in der Chipindustrie einsetzen könnte.

Der entscheidende Vorteil des präsentierten Herstellungsverfahrens ist, dass unabhängig von der Silizium-Germaniumzusammensetzung hochqualitative Kontakte hergestellt werden können. „Wir sind davon überzeugt, dass die vorgestellten abrupten, robusten und zuverlässigen Metall-Halbleiter Kontakte für eine Vielzahl neuer nanoelektronischer, optoelektronischer und Quantenbauelementen hochinteressant sind“, sagt Walter Weber.

 

Originalpublikation

Wind, L et al., Composition Dependent Electrical Transport in Si_1−x Ge_x Nanosheets with Monolithic Single‐Elementary Al Contacts., öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

 

Rückfragehinweis

Dr. Masiar Sistani
Institut für Festkörperelektronik
Technische Universität Wien
+43 1 58801 36213
masiar.sistani@tuwien.ac.at

Univ.Prof. Dr.-Ing. Walter M. Weber
Institut für Festkörperelektronik
Technische Universität Wien
+43 1 58801 36240
walter.weber@tuwien.ac.at

 

Aussender:

Dr. Florian Aigner
PR und Marketing
Technische Universität Wien
+43 1 58801 41027
florian.aigner@tuwien.ac.at