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Frank Rattay und Arbeitsgruppe verabschieden sich

Frank Rattay 2025: 15 Jahre Pension, ein runder Geburtstag und das Ende eines Forschungsprojektes zur Simulation von Cochleaimplantaten

Portraits von Andreas Fellner, Prof. Rattay und Cornelia Wenger

© privat

Die weltweit ersten Simulationen von elektrisch generierten Nervensignalen im Hörnerv durch implantierte Elektroden wurden von Frank RATTAY bereits vor über 40 Jahren durchgeführt. Anlass gaben die allerersten an der TU Wien entwickelten mikroelektronischen Mehrkanal-Cochleaimplantate der Pioniere Ingeborg HOCHMAIR-DESOYER und Erwin HOCHMAIR.

Ein schnelles Lösen der nichtlinearen Differenzialgleichungen war damals nur mit Hilfe von analogen Schaltkreisen möglich, den Basiselementen des Hybridrechners der TU Wien. Das Prinzip der elektrischen Nervenstimulation hat aber auch viele andere Anwendungen in der Medizintechnik vom Herzschrittmacher, über Tiefhirnstimulationen bei Parkinson bis zu Retinaimplantaten für Blinde. Durch die Analyse der elektrischen Zusammenhänge gelang Frank Rattay mit der Einführung der Aktivierungsfunktion (siehe Wikipedia, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster) eine einfache Erklärung der Wirkungsweise der extrazellulären elektrischen und magnetischen Nervenstimulation. In Artificial Organs gibt es einen Artikel, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster über Frank Rattay als Pionier der Elektrostimulation.

In einer Diskussion mit Nobelpreisträger und Neurowissenschaftler Andrew Fielding HUXLEY über Rattays Simulationen zeigte sich, wie gering in den in den 80ern das theoretische Wissen zur extrazellulären Elektrostimulation war. Dieses fehlende Basiswissen zwischen Elektrophysiologie und der Anwendung der elektrischen Nervenstimulation ermutigte Frank Rattay 1986, das Konzept der Aktivierungsfunktion für Nervenfasern zu entwickeln, 1990 die erste Monografie Electrical Nerve Stimulation zu verfassen und 1999 die Aktivierungsfunktion zu verallgemeinern von der klassischen zylindrischen Form für Nervenfasern auf beliebige Oberflächen von Nervenzellen. 

Frank Rattay hat im Zuge seines akademischen Lebens an der TU 170 Diplomarbeiten und 76 Dissertationen betreut und als Studienkommissionsvorsitzender die Umstellung auf das Bachelor–Masterstudium der Mathematik geleitet. Seit 1994 koordinierte er fakultätsübergreifend den Forschungsbereich Biomedizinische Technik der TU und begründete gemeinsam mit Philippe ZYSSET das Masterstudium "Biomedical Engineering". 

Frank Rattay leitete zahlreiche Forschungsprojekte, zumeist gefördert von FWF (österreichischer Wissenschaftsfond), Stadt Wien, EU und USA. Das letzte Projekt mit dem Titel „Scala-vestibuli-Prothesen“ endete im April 2025 und wurde mit Andreas FELLNER und Cornelia WENGER durchgeführt. Thematisch behandelte das Projekt eine alternative Position des Elektrodenträgers in das obere Gangsystem der Gehörschnecke. Obwohl diese Strategie für den Fall einer stark verknöcherten Cochlea schon seit Jahren klinisch getestet wird, wurde im Rahmen des Projektes diese Situation zum ersten Mal mittels Computermodellierung und Simulation untersucht. Dadurch konnte die resultierende Erregbarkeit des Hörnerven mit dem Standardfall eines Scala-tympani-Implantats verglichen werden. Einige dieser ersten Forschungsergebnisse wurden in Advances in Engineering, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster zusammengefasst und gefeatured. 

Neben seinem akademischen Engagement leitete Frank Rattay lange eine Künstlergruppe, die ihre Werke im öffentlichen Raum ausstellen (Kunstmeile Liesing, u. a. mit Skulpturen aus Altmetall, sh. Zeitungsbericht, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster) und ist noch immer handwerklich sehr aktiv beim Hausbau und -renovieren.

Wir wünschen Frank Rattay, Andreas Fellner und Cornelia Wenger alles Gute für ihre neuen Lebensabschnitte.