ERC-Grant für Máté Gerencsér

Viele Effekte in der Natur werden vom Zufall bestimmt. Wie man den Zufall am besten in Differentialgleichungen einbaut, untersucht Máté Gerencsér und bekommt dafür nun einen ERC Starting Grant.

Portraitfoto

© FWF, Daniel Novotny

Máté Gerencsér - erst START-Preisträger, nun auch noch ERC-Grantee.

Die ERC Starting Grants des European Research Council gehören zu den höchstdotieren und prestigeträchtigsten Förderungen der europäischen Forschungslandschaft. Ein solcher Grant geht nun an den Mathematiker Máté Gerencsér von der TU Wien. Gerencsér wurde erst kürzlich mit einem START-Preis des österreichischen Forschungsfonds FWF ausgezeichnet, nun erhält sein Forschungsprojekt ein Upgrade: Durch seinen ERC-Grant, dotiert mit rund 1,5. Millionen Euro, wird Máté Gerencsér nun seine Forschung vorantreiben und eine Forschungsgruppe aufbauen.

Wie man die Welt beschreibt

Differentialgleichungen sind heute das wohl wichtigste mathematische Werkzeug für die Naturwissenschaften. Es sind Gleichungen, deren Lösung nicht bloß eine Zahl ist, sondern üblicherweise eine Funktion. „Etwa die Form einer Welle, ein Temperaturverlauf, der von Ort und Zeit abhängt, oder Turbulenzen in Luft oder Wasser“, erklärt Máté Gerencsér.

Die Naturgesetze, die wir heute kennen, werden in Form von Differentialgleichungen beschrieben – das gilt für die Newton’schen Bewegungsgesetze genauso wie für die Gleichungen der Elektrodynamik oder die Schrödingergleichung – eine partielle Differentialgleichung, die das Verhalten von Quantenteilchen beschreibt. Dabei handelt es sich um deterministische Gleichungen: Wenn man den Zustand eines physikalischen Systems zu einem bestimmten Zeitpunkt kennt, ist dadurch auch der Zustand zu einem anderen Zeitpunkt festgelegt.

Den Zufall in die Gleichung einbauen

Die Gleichungen, mit denen sich Máté Gerencsér beschäftigt, sind allerdings etwas komplizierter: „In unserer Forschungsgruppe arbeiten wir mit stochastischen Differentialgleichungen – also mit Differentialgleichungen, in denen auch ein gewisses Maß an Zufall eingebaut ist, etwa eine bestimmte Art von Rauschen“, erklärt er.

So kann man zum Beispiel mit gewöhnlichen Differentialgleichungen ausrechnen, wie schnell ein heißer Stab in einer kühlen Umgebung abkühlt. Aber was ist, wenn es zusätzlich eine zufällig fluktuierende Wärmequelle gibt, die den Stab aufheizt? Mit der Schrödingergleichung kann man die Bewegung eines Elektrons berechnen. Aber was ist, wenn das Elektron dabei völlig zufällig von anderen Teilchen gestört wird?

Um solche Zufälligkeiten in der Welt der Differentialgleichungen berücksichtigen zu können, muss man ganz neue mathematische Werkzeuge entwickeln. So kann es etwa passieren, dass bestimmte Terme dieser Differentialgleichungen unendlich groß werden – man spricht dann von einer Singularität. Herkömmlichen mathematischen Methoden versagen in dieser Situation. Es gibt allerdings sogenannte Renormalisierungsverfahren, mit denen man auch in diesem Fall noch zuverlässige Ergebnisse ermitteln kann. „In den letzten Jahren gab es auf diesem Gebiet wichtige erstaunliche Durchbrüche“, sagt Máté Gerencsér. Das Ziel ist es nun, diese Ideen weiterzuentwickeln und wichtige offene Fragen zu beantworten.

Máté Gerencsér

Máté Gerencsér stammt aus Ungarn. Er studierte Mathematik an der Eötvös Loránd Universität in Budapest. An der Universität von Edinburgh schloss er 2016 seine Dissertation ab. Als Postdoc arbeitete er dann bis 2016 an der University of Warwick bei Fields-Medaillen-Gewinner Martin Hairer. Danach wechselte er nach Österreich – zunächst forschte er am IST Austria, 2020 schließlich erhielt er eine Laufbahnstelle an der TU Wien.

Rückfragehinweis

Máté Gerencsér
Institut für Analysis und Scientific Computing
Technische Universität Wien
+43 1 58801 10110
mate.gerencser@tuwien.ac.at

Text: Florian Aigner