Susanne Gmainer mit Familie Fehrer und Rektorin Seidler

DI Dr. Susanne Gmainer

Brückenklappverfahren – Untersuchungen zur Entwicklung eines praxistauglichen Bauverfahrens

Die Idee der neuen Brückenbaumethode, des sogenannten Brückenklappverfahrens, besteht darin, nun auch Brückenträger analog zum Bogenklappverfahren annähernd senkrecht herzustellen und in die Endposition zu klappen.

Die ersten Prototypen des Brückenklappverfahrens wurden für die beiden Grundsysteme, die Variante mit Druckstreben bzw. mit Zugstreben in Feldversuchen im Massstab 1:10 aufgespannt. Das statische Verhalten der Brücken während des Aufklappvorgangs konnte erfolgreich getestet werden. Das Zugblech zwischen Druckstrebenende und Brückenträger und der positive Anfangswinkel zwischen Druckstrebe und Pfeiler stellten sich als sinnvolle Sicherung zu Beginn des Klappvorgangs heraus. Um der Praxistauglichkeit des Brückenklappverfahrens näher zu kommen, wurde Detailforschung mit 1:1 Versuchen an Wälzgelenken und umgelenkten Spanngliedern betrieben. Wälzgelenke, welche beim Brückenklappverfahren in Form von Betondrehzylindern mit Stahlblech ummantelt angewendet werden, rollen beim Klappvorgang aneinander ab und stellen so eine kostengünstige, einfache und robuste Konstruktion für diese Detailpunkte dar. Anhand einer Versuchsreihe wurde der Einfluss der Parameter Radius, Stahlblechdicke und Betonfestigkeit mittels Erfassung der Rollreibung und der Deformationen der Gelenke erforscht. Die Funktionstüchtigkeit von Wälzgelenken der Versuchsserie kann nun mit einer physikalisch erklärbaren Formel beschrieben werden. Vor allem bei der Druckstrebenbrücke stellt die Ausbildung von kleinen Radien am Pfeilerkopf zum Anschluss der Brückenträgerenden während des Bauzustandes eine Notwendigkeit dar. So zeigten die Versuche an umgelenkten Spanngliedern mit verschiedenen Litzentypen und vier unterschiedlichen Radien (unendlich, 3m, 1m, 0,5m) relativ geringe Abminderungen bis maximal 30% der Bruchlast bei zunehmender Anzahl der Litzen und abnehmendem Radius. Die durch Umlenkung entstehenden Druckkräfte steigen proportional mit der Krümmung und der maximal aufnehmbaren Höchstlast.

Das Brückenklappverfahren, das für den Bau von Balkenbrücken durchaus konkurrenzfähig gegenüber anderer Verfahren ist, verspricht bedeutende Masseneinsparungen und Einsatzmöglichkeiten, frei von Lehrgerüsten, was in Naturschutzgebieten besonders wichtig ist. Diese Erkenntnis stützt sich nicht zuletzt auch auf zwei Modellanwendungen, nämlich die „Klappbrücke Lobau“ bzw. die „Klappbrücke Gars am Kamp“. Beide Systeme wurden mit der Druckstrebenvariante des Brückenklappverfahrens unter Anwendung von Hilfspfeilern in Form von Großversuchen gebaut.

Lebenslauf

Ausbildung

  • 2001- 2007: Diplomstudium Bauingenieurwesen an der TU Wien, Vertiefung: Konstruktiver Ingenieurbau, Abschluss mit ausgezeichnetem Erflog
  • 2004-2005: Auslandsstudium an der KTH Stockholm (Schweden)
  • 2007-2011: Doktoratsstudium am Institut für Tragkonstruktionen der TU Wien, Rigorosum mit
    ausgezeichnetem Erfolg

Beruflicher Werdegang

  • 2001-2005: Teilzeitbeschäftigung bei DI Hans Spreitzer, Zivilingenieur für Bauwesen, Wien
  • 2005-2007: Studienassistentin am Institut für Tragwerksplanung und Ingenieurholzbau der TU Wien
  • 2007-2011: Universitätsassistentin am Institut für Tragkonstruktion – Betonbau der TU Wien
  • 2006-2008: Lektorin für Statik und Festigkeitslehre bei Nimmerrichter
  • 2010-2012: Vertreterin des Mittelbaus im Fakultätsrat an der Fakultät für Bauingenieurwesen der TU Wien
  • 2010-2011: Teilzeitbeschäftigung bei Kollegger GmbH, Ingenieurleistungen
  • 2011-2012: Universitätsassistentin (Postdoc) am Institut für Tragkonstruktion – Betonbau der TU Wien
  • 2012: Forschungsaufenthalt an der Technischen Universität Delft (Niederlande)
  • Seit 2012: Mitarbeit im nationalen Normenausschuss „Eurocode 2“
  • Seit 2012: Mitglied in der internationalen Arbeitsgruppe SAG7 “Modelling of structural performance of existing structures”
  • 2013-2014: Geschäftsführerin der Smart Minerals GmbH, Wien Seit 2013: Mitarbeit in FSV Arbeitsgruppen zum Thema Brückenbau
  • 2015-2016: Teilzeitbeschäftigung bei Smart Minerals GmbH Seit 2016: Erstellung von Prüfberichten und Ingenieurleistungen für Vill ZT GmbH
  • Seit 2016: HTL Professorin für Brückenbau, Betonbau, Mitarbeit in der Camillo Sitte Versuchsanstalt (CSVA), Wien 3
  • Seit 2017: Akkreditierte Camillo Sitte Versuchsanstalt (CSVA), Wien 3, Stellv. Leiter Fachbereich Baustoffe und Bauphysik; Inspektorin nach Witnessaudit für Betonwerke seit 09/2018
  • Seit 2017: Allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige für Betonbau und Brückenbau

Auszeichnungen

  • 2006: Leistungsstipendium zum ausgezeichneten Studienerfolg der TU Wien
  • 2009: 2. Preis des NÖ-GENIUS Ideenwettbewerbs
  • 2012: Dr. Ernst Fehrer-Preis der TU Wien
  • 2014: ACR Kooperationspreis 2014

Veröffentlichungen und Vorträge

DI Dr. Susanne Gmainer zur Initiative des Dr. Ernst Fehrer-Preises:

„Ich habe mich gleich beim ersten gemeinsamen Mittagessen in der gesamten
Fehrer-Preis-Familie mit den anderen Preisträgern willkommen gefühlt.“

Es war mir eine große Ehre in so einem feierlichen Rahmen an der TU Wien den Dr. Ernst Fehrer-Preis überreicht zu bekommen. Leider habe ich Dr. Ernst Fehrer nicht persönlich gekannt und habe daher mit großem Engagement und Freude für meine Dankesrede bei der Preisverleihung über ihn recherchiert.

So habe ich herausgefunden, dass Dr. Ernst Fehrer nach dem Kriegseinsatz an der Technischen Hochschule Graz bezeichnender Weise Mathematik und Physik studierte, bevor er im väterlichen Betrieb der Rosshaarspinnerei der Fehrer-Preis-Familie ab 1947 neuartige, vollautomatische Textilmaschinen entwickelte. Später entstand unter anderem mit Emeritus Prof. Hellmuth Stachel (seinerseits bekannt auf Grund vieler Beiträge zu Geometrie und Kinematik) ein Patent. Professor Stachel selbst hat immer auch ein offenes Ohr für Anwendungen gehabt und stand in ständigem Kontakt zur Industrie und zu Kolleg_innen aus anderen Fachbereichen.

Ich habe die Familie Fehrer bei der Preisverleihung als sehr zielstrebige, herzliche, äußerst motivierte Menschen kennengelernt, welche viel Wert auf den Zusammenhalt der Familie legen. Das gefällt mir sehr gut. Ich habe mich gleich beim ersten gemeinsamen Mittagessen in der gesamten Fehrerpreisfamilie mit den anderen Preisträger_innen willkommen gefühlt. Seit dieser Zeit habe ich neue gleichgesinnte Kolleg_innen und Freund_innen kennen und schätzen gelernt.

Vielen Dank für das alles!