Gruppenfoto mit Johannes Pistrol in der Mitte

DI Dr. Johannes PISTROL, BSc

Verdichtung mit Oszillationswalzen– Bewegungsverhalten, walzenintegrierte Verdichtungskontrolle und Verschleißbeurteilung

Die oberflächennahe Verdichtung spielt eine wesentliche Rolle bei der Errichtung zahlreicher Bauwerke des Ingenieurbaus, wie etwa von Dämmen, Straßen oder Bahntrassen. Das bevorzugte Verdichtungsgerät sind dabei dynamische Walzen, mit denen im Vergleich zu statischen Walzen zusätzliche dynamische Beanspruchungen in den zu verdichtenden Untergrund eingetragen werden, welche die Verdichtung deutlich effizienter gestalten lassen.

Für die Anregung dynamischer Walzen gibt es verschiedene Systeme, die sich hinsichtlich der Konstruktion aber auch der Wirkungsweise deutlich unterscheiden. Der am weitesten verbreitete Typ dynamischer Walzen sind Vibrationswalzen, gefolgt von Oszillationswalzen, die sich durch ihre deutlich geringere Erschütterungswirkung insbesondere für Arbeiten in sensiblen Bereichen wie auf innerstädtischen Baustellen eignen.

Da die Wirkung der Oszillationsverdichtung im Erdbau bisher weitgehend unerforscht war, initiierte die Firma HAMM AG ein gemeinsames Forschungsprojekt mit dem Institut für Geotechnik der TU Wien mit dem Ziel, das Bewegungsverhalten von Oszillationswalzen zu untersuchen, ein System zur Flächendeckenden Dynamischen Verdichtungskontrolle (FDVK) für Oszillationswalzen zu entwickeln, den Verschleiß des Walzmantels der Oszillationsbandage zu bewerten und zu reduzieren und die Oszillationsverdichtung im Allgemeinen zu optimieren.

Die genannten Ziele wurden im Dissertationsprojekt von Dr. Johannes Pistrol nicht nur in vollem Umfang erreicht, sondern deutlich überschritten. In experimentellen Untersuchungen wurde für das Bewegungsverhalten von Oszillationsbandagen die charakteristische Ausbildung einer Schwingung in vertikaler Richtung mit der doppelten Frequenz der Anregung identifiziert. Auf Grundlage dieser Untersuchungen und der Entwicklung eines semi-analytischen Simulationsmodells wurde das weltweit erste FDVK-System für Oszillationswalzen an der TU Wien erdacht, zum Patent angemeldet und bis zur Marktreife entwickelt. Damit wurde ein Problem gelöst, das während der vergangenen 20 Jahre als unlösbar galt, wodurch nun dieKontrolle der Verdichtung mit Oszillationswalzen als Verdichtungs- und gleichzeitig Messgerät arbeitsintegriert und flächendeckend möglich ist.

Für die Lösung der Verschleißproblematik wurde ebenfalls ein messtechnisch erfassbarer Kennwert entwickelt und patentiert, der die Bewertung der Kontaktbedingungen zwischen der Bandage der Oszillationswalze und dem Untergrund zulässt. Darüber hinaus wurde für numerische Simulationsberechnungen eine Verschleißenergie als Referenzgröße zur Quantifizierung des Bandagenverschleißes definiert. Durch die Beurteilung der Verschleißenergie im Zusammenhang mit der Verdichtungswirkung wurden Empfehlungen für die optimale Auslegung der Oszillationsverdichtung hinsichtlich der Maschinen- (Verteilung der Massen, Trägheiten etc.) und Prozessparameter (Erregerfrequenz, Amplitude der Anregung etc.) gegeben.

Im Zuge der experimentellen Untersuchungen wurde zudem die deutlich geringere Erschütterungswirkung der Oszillationswalzen im Vergleich zu Vibrationswalzen erstmals nachgewiesen.

Die Arbeit von Dr. Johannes Pistrol ist für die dynamische Verdichtung mittels Oszillationswalzen wegweisend und hat zudem einen Optimierungsbedarf für FDVK-Systeme an Vibrationswalzen aufgezeigt, der nun in einem weiteren Drittmittelforschungsprojekt an der TU Wien untersucht werden soll.

Lebenslauf

Ausbildung

  • 2006-2010: Bachelorstudium Bauingenieurwesen an der TU Wien
  • 2010-2011: Masterstudium Bauingenieurwesen an der TU Wien, Studienzweig:
    Konstruktiver Ingenieurbau, Abschluss mit Auszeichnung
  • 2011-2016: Doktorratsstudium an der TU Wien Rigorosum mit Auszeichnung
  • 2016: Ziviltechnikerprüfung

Beruflicher Werdegang

  • 2007-2008: Nebentätigkeit bei der Firma Alpine Bau GmbH Bauvorhaben: U2/9 Donauspital
  • 2008-2010: Nebentätigkeit bei der Geotechnik Adam ZT GmbH. Mitarbeit an folgenden Projekten:
    ÖBB Hauptbahnhof Wien – Numerische Simulation der Erdwärmenutzung Sava Bridge, Belgrad (Serbien) Zementwerk Ferzikovo, Region Kaluga (Russland) OMV Geothermie Tiefenbohrungen – Machbarkeitsstudie Snow & Fun Park Wittenburg, Hamburg (Deutschland), Numerische Simulation der Bodenvereisung Neubau Wirtschaftsuniversität Wien – Numerische Simulation der Erdwärmenutzung DC Tower 1, Wien – Grundwasserhaltung
  • 2011-2013: Projektassistent am Institut für Geotechnik, Forschungsbereich Grundbau, Boden- und Felsmechanik an der TU Wien Projektleiter des Forschungsprojektes „Verdichtung mit Oszillation“
  • 2013-2017: Universitätsassistent – PräDoc an der TU Wien, Institut für Geotechnik, Forschungsbereich Grundbau, Boden- und Felsmechanik
  • 2017-2020: Universitätsassistent – PostDoc an der TU Wien, Institut für Geotechnik, Forschungsbereich Grundbau, Boden- und Felsmechanik
  • Seit 2017: Leiter der Arbeitsgruppe Bodendynamik an der TU Wien, Institut für Geotechnik, Forschungsbereich Grundbau, Boden- und Felsmechanik
  • Seit 2021: Assistant Prof. an der TU Wien, Institut für Geotechnik, Forschungsbereich Grundbau, Boden und Felsmechanik

Auszeichnungen

  • 2007-2011: Leistungsstipendium der Fakultät für Bauingenieurwesen an der TU Wien
  • 2012: Förderpreis der Österreichischen Gesellschaft für Geomechanik
  • 2013: Zweiter Preis des Österreichischen Grundbaupreises
  • 2016: Dr. Ernst Fehrer-Preis der TU Wien
  • 2017: Erster Preis des Österreichischen Grundbaupreises
  • 2017: VCE-Preis für Exzellenzforschung

Veröffentlichungen und Vorträge:

  • 85 wissenschaftliche Veröffentlichungen in deutscher und englischer
  • Sprache
  • 50 internationale Vorträge
  • 18 Patente

Zur Initiative des Dr. Ernst Fehrer-Preises:

Auf den Dr. Ernst Fehrer-Preis wurde ich, schon lange bevor mein Forschungsprojekt, aus dem auch meine Dissertation hervorging, zum Abschluss kommen sollte, aufmerksam, da auch mein Doktorvater, Prof. Dietmar Adam, einer der Preisträger ist. Ich hatte damals bereits das Gefühl, dass es sich bei dieser Auszeichnung um etwas Besonders handelt.

Nachdem ich meine Dissertation schließlich erfolgreich verteidigen konnte, wurde diese für verschiedene Preise nominiert und ich kann mich noch gut erinnern, dass mir eine Auszeichnung mit dem Dr. Ernst Fehrer-Preis am meisten bedeutet hätte. Planbar ist der Gewinn des Preises jedoch keineswegs. Zunächst muss die Arbeit von der jeweiligen Fakultät in einer Vorausscheidung nominiert werden, ehe die Auswahlkommission alle nominierten Arbeiten präsentiert bekommt, um schließlich eine Preisträgerin oder einen Preisträger auszuwählen. Aus Gesprächen mit den anderen Nominierten konnte ich erfahren, dass alle von ihnen hochinteressante Arbeiten verfasst hatten, die ebenso preiswürdig gewesen sind. Vor der Verkündung durch die Auswahlkommission war ich sehr nervös und konnte es danach kaum glauben, dass ich tatsächlich als Preisträger ausgewählt worden bin.

Der Stellenwert der Auszeichnung wurde mir im Rahmen der Preisverleihung eindrücklich bewusst, die ich als sehr schöne akademische Feier in Erinnerung habe. In Anwesenheit der Frau Rektorin, zahlreichen hochrangigen Funktionsträger_innen der TU Wien, Professoren, Mitgliedern der Familie Fehrer, Kolleg_innen, ehemaligen Preisträger_innen, meiner Frau, Familie und Freunden durfte ich den Preis von Frau Mag. Dr. Rosemarie Fehrer entgegennehmen.

Die Besonderheit des Preises realisiert man erst so richtig im Zuge der darauffolgenden Preisverleihungen. Als Teil der Fehrer-Preis-Familie, die jährlich ein neues Mitglied begrü.t, ist man Teil eines Netzwerks aus hochinteressanten Menschen, die ich als im positivsten Sinne zielstrebig und gleichzeitig herzlich und bodenständig kennenlernen durfte.

„Ich habe die Auszeichnung mit dem Dr. Ernst Fehrer-Preis einerseits als Würdigung meiner wissenschaftlichen Leistung empfunden, aber andererseits mindestens in gleichem Maße auch als Ansporn, sich mit den bisherigen Leistungen nicht zufriedenzugeben, sondern vielmehr neugierig zu bleiben, um Forschung und Innovation voranzutreiben.“

Mein Dank gilt Dr. Ernst Fehrer für die gro.zügige und weitsichtige Unterstützung junger Wissenschaftler_innen durch die Stiftung des Preises. Mein Dank richtet sich ebenso an die Familie Fehrer, die durch die Fortführung der Preisvergabe Wissenschaftler_innen fördert, denen es im Sinne des Stifters gelingt, Wissenschaft und praktische Anwenduing zu verbinden.

In den Reden wurde immer wieder die Fehrer-Preis- Familie genannt. Eine Familie, zu der die Familie Fehrer selbst und die Preisträger_innen gehören. Was dies bedeutet, wird einem erst nach und nach klar, beginnend mit dem gemeinsamen Essen direkt nach der Preisverleihung. Man lernt neue Menschen kennen, die Bemerkenswertes geleistet haben, kann sich mit ihnen austauschen und fühlt sich ab dem Zeitpunkt mit ihnen verbunden wie in einer Familie.