Benjamin Kromoser erhält die Verleihungsurkunde überreicht

DI Dr. Benjamin Kromoser

Die aufblasbare Betonkuppel

Große Kuppelbauten aus Beton sind schwierig zu errichten. Man braucht nämlich normalerweise ein aufwändiges Gerüst aus Holz oder Stahl, das den Beton hält, bis er vollständig ausgehärtet ist. Benjamin Kromoser hat in seiner Dissertation bei Prof. Johann Kollegger (Institut für Tragkonstruktionen, TU Wien) allerdings eine Methode entwickelt, die ganz ohne komplizierte Schalung auskommt. Eine ebene Betonplatte wird mit Hilfe eines Luftkissens verformt, bis sie die gewünschte Krümmung erreicht hat. Dafür hat er am 2. Dezember 2015 den Dr. Ernst Fehrer- Preis der TU Wien erhalten.

Wenn man eine Orangenschale einschneidet und flach auf dem Tisch ausbreitet, dann ergeben sich keilförmige Aussparungen zwischen den einzelnen Orangenschalen- Segmenten. So ähnlich kann man sich die Betonschale vorstellen, die zunächst auf dem Boden betoniert und dann zu einer gekrümmten Schale geformt wird.

Zuerst berechnet man die Form der Platte, die ausbetoniert werden muss, mit den passenden keilförmigen Aussparungen. Aus ganz gewöhnlichem Beton stellen wir die Platte her und lassen sie völlig aushärten. Danach kommt der entscheidende Trick: Ein Kunststoff-Pneu aus zwei miteinander verschweißten Folien wird unter der Betonplatte langsam aufgeblasen. Die einzelnen Betonsegmente werden mit Metallschienen geführt, damit sie sich alle gleichmäßig verformen. Dieser Vorgang dauert einige Stunden – er läuft also in viel kürzerer Zeit ab als man für die Errichtung einer Stützkonstruktion brauchen würde. In der Betonplatte bilden sich beim Verformen unzählige kleine Risse. Für die Stabilität der Schale sind diese Risse allerdings kein Problem. Die Konstruktion hält am Ende genauso großen Belastungen stand wie eine herkömmlich hergestellte Betonschale. Eine zusätzlich aufgebrachte Aufbetonschicht gewährt das monolithische Tragverhalten. Zunächst waren theoretische Berechnungen nötig, um abzuschätzen, ob die Spannungsverteilung im Beton diese Art der Krümmung überhaupt zulässt. Dazu wurden in den Labors der TU Wien auch verschiedene Biegeversuche durchgeführt.

Der entscheidende Schritt war dann im Juni 2014 der Großversuch auf den Aspanggründen der TU Wien. Dort wurde mit der neuentwickelten Technik ein Kuppelgebäude errichtet – und zwar mit großem Erfolg. Mit einer komfortablen Raumhöhe von 2.90 ließ sich die Kuppel als Veranstaltungshalle nutzen. Um zu beweiDR. ERNST FEHRER-PREIS sen, dass auch andere geometrische Formen auf diese Weise errichtet werden können, wurden später Teile der Kuppel entfernt, die Stabilität der Konstruktion wurde dadurch nicht beeinträchtigt. Anstatt einer vollständigen Kuppel könnte man mit dieser Technik auch eine Brücke oder eine Überdachung für Freiluftkonzerte herstellen.

Mittlerweile konnte das Bauverfahren für größere Dimensionen weiterentwickelt werden. Versuche an Betonplatten zeigten, dass die Baumethode auch für Schalendicken mit 0,1-0,12 m angewendet werden kann. An der Koralmbahn soll nun auf diese Weise eine Wildbrücke entstehen, mit einer Spannweite von über 38 Metern. Benjamin Kromoser hofft, dass sich seine Betonkuppeltechnik in vielen Bereichen durchsetzt. Bis etwa 50% der Baukosten, so schätzt er, könnten durch die Luftpolstertechnik eingespart werden, die sich zum Verbessern von Biotreibstoffen eignen und eine extrem hohe Oktanzahl von bis zu 131 haben.

Lebenslauf

Ausbildung

  • 2007-2011: Bachelorstudium Bauingenieurwesen und Infrastrukturplanung an der Technischen Universität Wien
  • 2011: Masterstudium Konstruktiver Ingenierbau an der TU Wien
  • 2012-2014: Doktorartsstudium der technischen Wissenschaften – Bauingenieurwesen
  • 2015: Ziviltechnikerprüfung
  • 2021: Habilitation an der TU Wien

Beruflicher Werdegang

  • 2012-2015: Universitätsassistent – Prädoc an der TU Wien Institut für Tragkonstruktionen, Betonbau
  • Seit 2014: Enge Zusammenarbeit mit dem Ziviltechnikerbüro Öhlinger + Partner ZT-Ges.m.b.H. als freier Dienstnehmer und Projektpartner
  • Seit 2015: Universitätsassistent – Postdoc am Institut für Tragkonstruktionen – Betonbau an der TU Wien
  • 2016: Forschungsaufenthalt am Institut für Leichtbau – Entwerfen und Konstruieren (ILEK) an der Universität Stuttgart
  • Seit 2018: Universitätsprofessor an der Universität für Bodenkultur Wien (2018-2022 Professor für Biobasiertes Konstruieren, seit 2022 Professor für ressourceneffiziente Hochbau)
  • Seit 2020: Sprecher der BOKU Doktoratsschule BUILD.NATURE
  • Seit 2022: Gründer und Leiter des Instituts für Hochbau, Holzbau und kreislaufgerechtes Bauen

Auszeichnungen

  • 2010: Verleihung eines Leistungsstipendiums für ausgezeichnete Studienerfolge an der Fakultät für Bauingenieurwesen der TU
  • 2011: 3. Platz bei der Concrete Student Trophy mit dem Projekt „Urban Shells“
  • 2012: 1. Platz beim Concrete Design Award mit dem Projekt „Donauwelle“
  • 2014: Top Ten beim deutschen Greentec Award mit dem Projekt „Eine Betonkuppel zum Aufblasen“
  • 2015: Top Ten beim Science To Business Award des Rudolf-Sallinger-Fonds
  • 2015: Dr. Ernst Fehrer-Preis der TU Wien
  • 2016: Bundespreis für Ecodesign, Auswahl durch das Expertengremiums und Zulassung zur Jurysitzung
  • 2019: Achievement Award for Young Engineers (AAYE) Fédération internationale du béton (fib)
  • 2022: Niederösterreichischer Innovationspreis – Beste Innovation aus NÖ Forschungseinrichtungen

Zur Initiative des
Dr. Ernst Fehrer-Preises:

„Ich freue mich bereits auf die nächste Preisverleihung, bei der ich hoffentlich viele Mitglieder wieder treffen werde und mich mit ihnen austauschen kann. Ich hoffe natürlich, dass die Familie Fehrer diese Tradition in Zusammenarbeit mit der TU Wien noch lange weiterführen wird.“

Ich habe die Verleihung des Dr. Ernst Fehrer-Preises im Boecklsaal der TU Wien als ein sehr schönes Ereignis in Erinnerung. Der sehr ehrwürdigen Feier, der mehrere Mitglieder der Familie Fehrer als Initiatoren, meine Freundin, meine Eltern und meine Schwester sowie meine Großeltern, die Rektorin der TU Wien, mehrere Dekane und Professor_innen und auch mehrere ehemalige Preisträger_innen beiwohnten, vermittelte mir das Gefühl, etwas sehr Besonderes geschafft zu haben. Prof. Johann Kollegger, mein Dissertationsbetreuer, lies in einer sehr netten, persönlichen Laudatio die wichtigsten Errungenschaften meines Lebens bis dahin Revue passieren, wofür ich ihm noch immer sehr dankbar bin.

Ich erinnere mich noch gut, es war eine große Herausforderung für diesen Anlass eine Dankesrede vorzubereiten. Ich versuchte zuerst genauer herauszufinden, was das Leben von Dr. Ernst Fehrer, den ich leider nicht mehr persönlich kennenlernen konnte, als Stifter des Preises, prägte. Ich stieß auf die unglaubliche Zahl von 1200 Patenten, die er ab einem Alter von 14 Jahren angemeldet hatte. Nun ist es schon schwierig ein einzelnes Patent anzumelden, was seine Leistungen umso mehr unterstreicht. Also war Dr. Ernst Fehrer für mich in erster Linie ein Erfinder, der es mit seinen Ideen schaffte eine Textilmaschinenfabrik beeindruckender Größe aufzubauen.

In den Reden wurde immer wieder die Fehrer-Preis- Familie genannt. Eine Familie, zu der die Familie Fehrer selbst und die Preisträger_innen gehören. Was dies bedeutet, wird einem erst nach und nach klar, beginnend mit dem gemeinsamen Essen direkt nach der Preisverleihung. Man lernt neue Menschen kennen, die Bemerkenswertes geleistet haben, kann sich mit ihnen austauschen und fühlt sich ab dem Zeitpunkt mit ihnenverbunden wie in einer Familie.