Ein Netzt aus Personen

Die EU-Whistleblower-Richtlinie

Am 17. Dezember 2021 endete offiziell die Frist für die Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie EU/2019/1937 in nationales Recht. Was genau diese Direktive, die Mindeststandards zum Schutz von Hinweisgebenden gewährleisten soll, für heimische Institutionen und Unternehmen bedeutet, was es bei der Umsetzung zu beachten gilt und auch welche Chancen und Herausforderungen das Thema Compliance und dazugehörige Whistleblowing-Tools bergen, beschäftigt auch die TU Wien mit ihren knapp 5.500 Mitarbeiter_innen. Vorausschauend richtete die TU Wien bereits mit 1. Juni 2021 den „Fachbereich Compliance“ ein und bestellte zwei Juristinnen zum „Compliance Officer Zentraler Bereich“ und „Compliance Officer Forschung“ (vgl 7.4. „Compliance an der TU Wien“). Damit setzte die TU Wien als juristische Person öffentlichen Rechts frühzeitig ein sichtbares Zeichen für Regelkonformität und Transparenz ihrer Prozesse. Die Compliance Officers tragen an der TU Wien für den Auf- und Ausbau eines Compliance Management Systems als strategisches Instrument, sowie für die Umsetzung eines Meldesystems im Sinne der EU-Whistleblower Richtlinie Sorge. Zudem ist es ihre Aufgabe, TUW-Mitarbeiter_innen zu beraten und zu unterstützen. Dabei gilt der Grundsatz „vermeiden, früh erkennen, reagieren“.

C wie Compliance, Culture und Community

Wie bei jeder Art von Kulturentwicklung spielt der Faktor Zeit eine wesentliche Rolle. Das Rektorat hatte 2016 das umfassende Organisationsentwicklungsprojekt „Struktur und Governance an der TU Wien“ mit dem Ziel gestartet, interne Strukturen weiterzuentwickeln, um Zusammenarbeit und Kommunikation zu erleichtern und gleichzeitig eine klare Verantwortungspyramide zu definieren. Durch das Organisationsentwicklungsprojekt wurde bereits damals die Grundlage für Compliance geschaffen. Aufgrund der verpflichtenden Umsetzung der EU-Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden und zur Prävention von Verletzungen u.a. des Korruptionsstrafrechts, ist die TU Wien angehalten und gefordert, ihre Compliance-Kultur weiterzuentwickeln. Dazu gehört auch die Verschriftlichung und Anpassung von universitätsinternen Regelungen (wie Satzungsteile, Verordnungen, Richtlinien und Policies) sowie von (Geschäfts-)Prozessen (Compliance-Regelwerk) und die Schaffung einer geeigneten Struktur und Definition von Zuständigkeiten zur Umsetzung. Wichtig ist hervorzuheben, dass neben dieser strukturellen Verankerung, jede_r Einzelne zur Entwicklung einer Compliance-Kultur beiträgt, indem er_sie das Compliance-Regelwerk kennt und anwendet. Vorbilder sind dabei von entscheidender Bedeutung und vor allem die unmittelbaren Vorgesetzten und die Mitglieder der Universitätsleitungsorgane (Rektorat, Senat und Universitätsrat) müssen sich zur Compliance-Organisation bekennen. Nur wenn sie ein integres Vorbild abgeben (tone from the top), können Mitarbeiter_innen auch ein Selbstbild entwickeln, das es sich zu formen lohnt.

Policy aus Vertrauen und Struktur

Es geht der TU Wien jedoch nicht nur um die bloße Benennung von Compliance-Verantwortlichen und die Implementierung eines technischen Tools, sondern vielmehr um die Festigung einer internen Vertrauensbasis und die Sensibilisierung der TUW-Mitarbeiter_innen, dass Compliance die Aufgabe jeder_jedes Einzelnen ist, nicht nur jene der Compliance Officers. Die TUW-Gemeinschaft kümmert sich also um die Pflege ihrer Universitätskultur und eines damit einhergehenden, regelkonformen Verhaltens an der TU Wien.

Die Details zur Umsetzung von Compliance Regelungen und zur Implementierung des Meldesystems wurden in der „Legal Compliance Policy an der TU Wien“ festgelegt und Mitte Juni 2021 im TU-Mitteilungsblatt veröffentlicht. Die Compliance Policy beinhaltet ausschließlich Ausführungen zur Legal Compliance, die darauf abzielen, Regelverstößen vorzubeugen und gesamtheitliche Lösungen zu finden und bringt das grundlegende Verständnis von Legal Compliance zum Ausdruck. Sie bietet die Basis für die Formulierung weiterer Dokumente im Zusammenhang mit dem Thema Legal Compliance inklusive Whistleblowing an der TU Wien und für den Aufbau bzw. die Umsetzung einer Compliance-Organisation. Ein gut geführtes Meldesystem etwa garantiert technisch Anonymität und definiert genau, welche Informationen dieses erhalten soll. Das heißt für potenzielle Hinweisgeber_innen muss der Meldegegenstand ganz genau beschrieben sein und klare Hinweise enthalten, wann und wie er_sie geschützt ist. Konkrete, von Rechts- oder internen Regelungsnormen losgelöste, ethische Fragestellungen oder ethisches Fehlverhalten in Bezug auf Wissenschaft und Forschung sind nicht Teil von Legal Compliance, sondern sind in dem dafür vorgesehenen Code of Conduct-Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis an der TUW geregelt.

Evaluieren und optimieren

Die Aufgabenbereiche im Zentralen Bereich und im Fakultätsbereich müssen mit gesetzlichen und internen Regelungen und Prozessen konform gehen. Die TU Wien verbessert ihre Compliance-Maßnahmen laufend und passt ihre Compliance-Organisation an geänderte rechtliche, organisatorische und technische Rahmenbedingungen an. Dabei unterstützen die Compliance Officers mit ihren „Findings“ und resultierenden Verbesserungsvorschlägen. Für Mitarbeiter_innen der TU Wien werden Compliance-Richtlinien, insbesondere jene für „Antikorruption und Transparenz“, „Meldesystem“ und die Richtlinie „Beschaffungen“ sowie ein umfassendes Compliance-Handbuch mit weiterführenden Informationen und praktischen Beispielen erstellt, um die Einhaltung der gebotenen Regelungen zu unterstützen. Durch gezielte Beratungs-, Schulungs- und Awarenessmaßnahmen und ein strukturiertes Berichtswesen in Richtung Rektorat soll eine Kultur der Compliance an der TU Wien kontinuierlich wachsen.