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Faculty Interview mit Dr. Christian Garaus

Im Interview spricht Dr. Christian Garaus über kommende Herausforderungen, aktuelle Forschungsfelder und warum Unternehmen in Krisenzeiten nicht auf organisationale Ambidextrie vergessen dürfen. Er ist Vortragender des MBA Innovation, Digitalization & Entrepreneurship und kennt daher die neuesten Entwicklungen zu den Themen Strategie und Innovation.

Christian Garaus Portrait

Herr Garaus, im Moment befinden sich Unternehmen durch stetige Turbulenzen in einer schwierigen Situation, was würden sie aus Sicht eines Strategen den Unternehmen raten? 

Christian Garaus: Mein Rat für Unternehmer_innen gliedert sich in drei Punkte

  • Vergessen Sie nicht auf organisationale Ambidextrie. Das kurzfristige Überleben zu sichern, steht natürlich im Vordergrund. Gleichzeitig sollte in Technologien investiert werden, die potentiell disruptiven Charakter haben. Die Leistungsfähigkeit von neuen Technologien folgt typischerweise einem exponentiellen Verlauf: d.h., man muss rechtzeitig einsteigen, um dann profitieren zu können, wenn der Markt wächst und nicht das Nachsehen zu haben, wenn die eigenen Produkte aus dem Markt gedrängt werden.
  • Suchen Sie nach analogen Märkten. Wenn der Erfolg in den Kernmärkten ausbleibt, sollte aktiv überlegt werden, wie eigene Kompetenzen genutzt werden können. Insbesondere analoge Märkte sind interessant, die strukturell gleiche Probleme habe. Für diese verwandten Probleme bieten die eigenen Produkten oft überlegene Lösungsansätze, die man auf die analogen Märkte übertragen und so einen Vorsprung generieren kann.
  • Tragen Sie das Entwicklungsrisiko nicht alleine. Überlegen Sie Kooperation einzugehen; insbesondere auch mit Tech-Startups. Diese arbeiten oft führend an spannenden Digitalisierungslösungen in so gut wie allen Branchen (z.B. AgTech, FoodTech, LegalTech) und suchen Umsetzungspartner.

Warum haben Sie sich auf die Themen Strategie und Innovation spezialisiert? Warum sind diese Felder für Sie besonders interessant?

CG: Erstens sind die Themen wichtig. Nach Studien der Boston Consulting Group mit ca. 1.500 Executives steigt die strategische Bedeutung von Innovation seit Jahren über alle Branchen und geographische Regionen hinweg an. Inzwischen ist Innovation die Top3-Priorität bei 75% aller Unternehmen. Zweitens wird dadurch die Zukunft gestaltet. Es wird über Jahre entschieden, was wo wie angeboten wird und mit welchen Prozessen es hergestellt wird. Es sind Entscheidungen mit Auswirkung auf wirtschaftliche, ökologische und soziale Aspekte. Drittens finde ich die Themen persönlich spannend. Ich lerne ständig Neues über Technologien, soziale Veränderungen und verschieden Arten darauf zu reagieren.

Um daran anzuknüpfen, warum finden Sie das Thema für die Teilnehmer_innen der MBAs so ausgesprochen wichtig?

CG: Die Teilnehmer_innen treffen schon jetzt und durch hierarchischen Aufstieg verstärkt auch noch in Zukunft Entscheidungen über Strategien und Innovationen. Das sind die die wesentlichen Entscheidungen, die das kurz- und langfriste Überleben von Organisationen bestimmen. Wissen über Theorien und Modellen zu Strategie und Innovation ist zentral, um für die eigene Organisation die Situationen richtig analysieren und basierend darauf entscheiden zu können.

Was sind aus Ihrer Sicht die großen Herausforderungen der Gegenwart und der kommenden Jahre?

CG: Global gesehen ist und bleibt die zentrale Herausforderung der Klimawandel; mit unmittelbaren Auswirkungen auf unsere Wirtschaft. In der Vergangenheit war der Gedanke oft, dass man etwas „Gutes für das Klima“ tut, das aber zu zusätzlichen Kosten führt. In Zukunft gibt es diese Tradeoffs eher nicht mehr. Ökologisch nicht-nachhaltige Lösungen werden in der Bioökonomie von morgen zunehmend weniger wirtschaftlich sein. Man sieht schon am ungewollten, aktuellen Real-Experiment, wie Energie sparen den Unternehmen und dem Klimaschutz dient. Auch das Finanzieren wir teurer werden, wenn man ökologisch nicht-nachhaltig agiert (Stichwort: ESG Kriterien). Gleichzeitig bieten Herausforderungen auch neue Möglichkeiten. Auch das sehen beispielsweise an der derzeit enormen Nachfrage nach alternativen Energien.

Weiter beschäftigen wird auch das Thema „Digitalisierung“, das ebenso als große Chance gesehen werden kann. Durch Machine Learning-Algorithmen, Plattformen und digitale Zwillinge – um nur ein paar zu nennen – ergeben sich in so gut wie allen Branchen neue Möglichkeiten, ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltigere Lösungen zu entwickeln.

Was sind Ihre aktuelle Forschungsthemen und was interessiert sie daran besonders?

CG: Neben organisationaler Ambidextrie (z.B. in Verbindung mit strategischer Planung und Kontrolle) habe ich in den letzten Jahren viel zu Crowdsourcing (z.B. Ideenwettbewerbe, Crowdvoting, Crowdfunding) geforscht. Aktuell interessiert mich besonders wie man die Ideen von Vielen dafür nutzen kann, nachhaltigere Produkte zu generieren und in weiterer Folge Grand Challenges zu lösen.
Ein weiteres Thema ist das Designen von Geschäftsmodellen. Hier untersuche ich mit Kolleg*innen, z.B. welche Personen gute Geschäftsmodelle entwickeln können. Angewandt forsche ich auch dazu, welche Geschäftsmodelle für biobasierte Produkte geeignet sind.

Danke für die spannenden Antworten! Unsere Studierenden interessieren sich auch immer für die private Seite der Vortragenden, gibt es etwas, dass man von Ihnen so vielleicht gar nicht erwarten würde? 

CG: Vor meiner akademischen Karriere war ich Handball-Schiedsrichter in den höchsten Spielklassen in Österreich und Ungarn. Die Gespräche mit den Spieler*innen haben meinen Wortschatz erweitert. Ich kenne jetzt Schimpfwörter in vielen Sprachen.