Presseaussendungen

TU Wien-Technologie für die Antimaterie-Forschung

An der TU Wien wurde ein neuartiger Sensor zur Messung elektrischer Felder entwickelt. Nun wird er für die Antimaterie-Forschung eingesetzt, wo besondere präzise Messungen nötig sind.

Der Sensor wird in einem genau definierten elektrischen Feld getestet.

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E-Feld-Sensor

Der Sensor wird in einem genau definierten elektrischen Feld getestet. (Foto-Download und Verwendung honorarfrei © TU Wien)

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(Foto-Download und Verwendung honorarfrei © TU Wien)

Wer an Experimente mit Elementarteilchen denkt, hat meistens Bilder von großen Beschleunigern im Kopf, in denen Teilchen fast mit Lichtgeschwindigkeit im Kreis rasen. Solche Teilchen lassen sich ausgezeichnet mit Magnetfeldern kontrollieren. Bei bestimmten Antimaterie-Experimenten ist es allerdings besser, wenn die Teilchen sehr langsam sind. In diesem Fall braucht man elektrische Felder – und zwar mit exakt der richtigen Form.

Für elektrische Felder gab es lange Zeit keine passenden Messgeräte. An der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der TU Wien hat man allerdings einen winzigen Detektor zum Vermessen elektrischer Feldstärke entwickelt, der hochpräzise arbeitet und E-Felder mit ausgezeichneter Auflösung untersuchen kann. Beim Vermessen von Feldern, die für die Antimaterie-Forschung benötigt werden, konnte man nun zeigen, wie gut der neue Detektor funktioniert.

Magnetfelder sind leichter zu messen als E-Felder

„Magnetfelder verwendet man in der Teilchenforschung schon seit den 1950er Jahren. Es gibt verlässliche, etablierte Methoden um solche Felder zu messen“, sagt Andreas Kainz vom Institut für Sensor- und Aktuatorsysteme der TU Wien. Bei elektrischen Feldern sieht die Sache hingegen anders aus: „Die Aufgabe ist kompliziert, weil Metallkomponenten in den Geräten oft das Feld stören, das man eigentlich messen möchte“, erklärt Andreas Kainz. „Wenn das Gerät noch dazu geerdet werden muss, um einen Referenzpunkt zu haben, werden die Störungen noch schlimmer.“ Außerdem waren bisherige Geräte oft schwer und unhandlich.

Aus all diesen Gründen wurde bisher oft gar nicht versucht, elektrische Felder zu vermessen. Stattdessen wurde am Computer berechnet, wie die einzelnen elektrostatischen Bauteile geformt sein müssen, um ein bestimmtes elektrisches Feld zu erhalten – und dann musste man sich eben darauf verlassen, dass das tatsächliche Feld mit dem vorherberechneten übereinstimmt. Gerade bei der Forschung an Antimaterie ist das aber heikel: Wenn am CERN ein Antimaterie-Teilchen viele Male durch einen elektrostatischen Ring läuft, dann können sich selbst kleine Fehler im elektrischen Feld sehr deutlich auf die Bahn des Teilchens auswirken.

Sensor auf winzigem Silizium-Chip

An der TU Wien wurde ein einfacher Feldstärke-Sensor aus Silizium entwickelt – 2018 wurde das Konzept im Fachjournal „Nature Electronics“ vorgestellt: Kleine gitterartige Siliziumstrukturen mit Abmessungen im Mikrometerbereich werden an einer kleinen Feder fixiert. Wenn man das Silizium in ein elektrisches Feld einbringt, wirkt eine Kraft auf die Siliziumkristalle und die Feder wird minimal gedehnt oder gestaucht. Die Struktur kann in einen kleinen Chip eingebaut werden, den man dann in einem Plastikgehäuse aus dem 3D-Drucker platziert. So entsteht ein handliches aber hochpräzises Messgerät.

Nun konnte das Team der TU Wien das Sensorkonzept in Zusammenarbeit mit der Donau-Universität Krems sowie mit Forschungsgruppen in Großbritannien und am CERN genau überprüfen: „Vermessen wurde ein elektrisches Quadrupolfeld, wie es zum Fokussieren von Teilchenstrahlen im ELENA-Experiment am CERN verwendet wird“, sagt Andreas Kainz. „Die Präzision der verwendeten Bauteile ist extrem hoch und das Feld lässt sich genau berechnen. Wir wussten also sehr genau, wie das Feld aussehen muss und konnten unsere Messungen mit sehr exakt bekannten Daten vergleichen.“

Tatsächlich stimmten die Messungen ausgezeichnet mit den Computersimulationen überein. „Das ist aber nur deshalb so, weil die Geräte am CERN extrem präzise verarbeitet sind. Die Toleranzen sind dort geringer als in der Industrie“, sagt Kainz. Für viele Anwendungen ist eine solche Verarbeitungspräzision zu teuer oder gar nicht möglich – dann ist die Vermessung des Feldes die einzige Möglichkeit, sicherzustellen, dass alles in Ordnung ist.

 

Originalpublikation

Kainz et al., Phys. Rev. Lett. 122, 244801 (2019) , öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

 

Kontakt

Dr. Andreas Kainz
Institut für Sensor- und Aktuatorsysteme
Technische Universität Wien
Gußhausstraße 25, 1040 Wien
T: +43-1-58801-76697
andreas.kainz@tuwien.ac.at