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Von Schneeglöckchen, Arzneimitteln und Forschungspolitik

Für seine wissenschaftlichen Leistungen und für die Förderung des Forschungsstandortes Niederösterreich wurde Prof. Johannes Fröhlich mit dem Wissenschaftspreis des Landes ausgezeichnet.

Landeshauptmann Erwin Pröll und Prof. Johannes Fröhlich [1]

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Landeshauptmann Erwin Pröll und Prof. Johannes Fröhlich [1]

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Chemische Struktur von Galantamin

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Chemische Struktur von Galantamin

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Die PreisträgerInnen der Wissenschaftsgala mit Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll. Im Bild: Dr. Stefan Treitl, Vizerektor Univ.-Prof. DI Dr. Johannes Fröhlich, Univ.-Prof. Mag. DI Dr. Halina Baran, Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll, Univ.-Prof. Dr. Harald Badinger, Mag. Claudia Fallmann, Roman Beigelbeck, Assoz. Prof. DI Dr. Philip Walther (v.l.n.r.) [1]

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Die PreisträgerInnen der Wissenschaftsgala mit Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll. Im Bild: Dr. Stef

Die PreisträgerInnen der Wissenschaftsgala mit Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll. Im Bild: Dr. Stefan Treitl, Vizerektor Univ.-Prof. DI Dr. Johannes Fröhlich, Univ.-Prof. Mag. DI Dr. Halina Baran, Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll, Univ.-Prof. Dr. Harald Badinger, Mag. Claudia Fallmann, Roman Beigelbeck, Assoz. Prof. DI Dr. Philip Walther (v.l.n.r.) [1]

Nicht nur mit seiner wissenschaftlichen Arbeit als Synthesechemiker wurde Prof. Johannes Fröhlich bekannt, sondern auch als Wissenschafts-Manager. In seiner Funktion als Vizerektor für Forschung der TU Wien setzt er sich einerseits besonders für eine effiziente Zusammenarbeit zwischen akademischer Wissenschaft und der Industrie ein und macht sich andererseits auch für interuniversitäre Zusammenarbeit stark - unter anderem am IFA Tulln, mit dem die TU Wien seit dessen Gründung durch Boku, TU Wien und vetmed vor 20 Jahren eng verbunden ist.

Für seine wissenschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der Arzneimittelsynthese und für seinen Beitrag zur Weiterentwicklung des Forschungsstandortes Niederösterreich wurde er am 16. Oktober 2014 mit dem Wissenschaftspreis des Landes Niederösterreich ausgezeichnet.

Alzheimer-Wirkstoff aus der Blume
Einer seiner bedeutendsten Forschungserfolge war die Mitentwicklung eines mittlerweile weltweit patentierten Syntheseverfahrens für den Naturstoff Galantamin, der in die Übertragung des Signals an der Schaltstelle der Nerven, dem synaptischen Spalt, eingreift. Ursprünglich wurde der Wirkstoff in der Naturheilkunde oder als Nischenprodukt, etwa in der Behandlung von Polio (Kinderlähmung) eingesetzt. Gewonnen wurde Galantamin ursprünglich aus einigen seltenen Pflanzenarten, insbesondere aus dem Kaukasischen Schneeglöckchen. Die weltweite Verfügbarkeit war dadurch allerdings recht gering – sie lag bei 20 bis 40 kg pro Jahr, mit Preisen von über 40.000 USD pro Kilogramm in den 1990er Jahren.

Dann allerdings erkannte man, dass Galantamin bei Alzheimer eingesetzt werden kann. „Bei Alzheimer besteht aufgrund der fortschreitenden Zerstörung der Gehirnzellen durch Plaque-Bildung oft ein Mangel an Acetylcholin, einem der wichtigsten Neurotransmitter im Gehirn“, erklärt Johannes Fröhlich.

Acetylcholin überträgt das Signal an der Synapse zwischen zwei Nervenzellen und wird danach von einem Enzym, der Acetylcholinesterase, wieder abgebaut. Galantamin kann diesen Abbau durch eine reversible Blockade des Enzyms behindern, sodass das Acetylcholin länger wirksam bleibt. „Zusätzlich erhöht der Wirkstoff den Ausstoß des Botenstoffs. Die präsynaptischen Acetylcholin-Donoren werden gewissermaßen ausgequetscht, sodass die Signalübertragung im  bereits angegriffenen Gehirn verbessert wird“, ergänzt Fröhlich. Dieser Mechanismus kann Alzheimer nicht heilen, aber den Verlauf der Krankheit mildern und damit die Lebensqualität für einige Zeit spürbar verbessern.

Gemeinsam mit Prof. Ulrich Jordis (ebenfalls von der TU Wien) und der österreichischen Pharma-Firma Sanochemia Pharmazeutika gelang es Prof. Johannes Fröhlich in aufwändiger Forschungsarbeit, ein Syntheseverfahren für die künstliche Herstellung von Galantamin zu entwickeln. Heute werden jedes Jahr mehrere Tonnen dieses Wirkstoffes hergestellt – das wäre ohne ein effizientes Syntheseverfahren völlig undenkbar.
 
„Besonders freut mich, dass wir die gesamte Wertschöpfungskette von der organisch-chemischen Grundlagenforschung in der Syntheseentwicklung über die Patentierung bis hin zur Markteinführung mitbegleiten konnten“, sagt Johannes Fröhlich. Unter dem Namen „Reminyl“ wird der von Sanochemia produzierte Wirkstoff über Lizenzierung durch den Pharmakonzern Janssen Cilag heute weltweit verkauft und gehört zu den vier am häufigsten eingesetzten Alzheimermedikamenten.

Einsatz für Zusammenarbeit in der Forschung
Johannes Fröhlich war jahrelang Dekan der Fakultät für Chemie, seit 2011 ist er Vizerektor für Forschung der TU Wien. Diese Aufgabe nimmt natürlich viel Zeit in Anspruch, aber trotzdem widmet er sich im Rahmen der Möglichkeiten auch der eigenen Forschungsarbeit. Unter anderem gelang es ihm, eine erfolgreiche Forschungsgruppe aufzubauen, die sich mit Schimmelpilzgiften (Mykotoxinen) beschäftigt. Diese Thematik verbindet ihn in wissenschaftlichen Kooperationen auch mit dem Analytikzentrum des IFA-Tulln, das durch gemeinsame Forschungsgruppen und ein Doktoratskolleg eng mit der TU Wien verbunden ist.

Fröhlich hat außerdem an der Entwicklung der Karl-Landsteiner-Privatuniversität für Gesundheitswissenschaft in Krems mitgewirkt und dort den Schwerpunkt „Wasser und Gesundheit“ eingebracht – ein für die Gesellschaft wichtiges, zukunftsträchtiges Forschungsgebiet, das sowohl für das Land Niederösterreich als auch für die TU Wien einen hohen Stellenwert hat.

Ehrung durch den Landeshauptmann

Am 16. Oktober fand die jährliche Wissenschaftsgala des Landes Niederösterreich in Grafenegg statt. In diesem Rahmen wurde einer der beiden Wissenschaftspreise des Landes Niederösterreich 2014 von Landeshauptmann Erwin Pröll an Johannes Fröhlich vergeben. Für Fröhlich ist das nicht die erste Auszeichnung: Er ist Mitglied der European Academy of Sciences and Arts (Klasse Naturwissenschaften) und Träger der Zsigmondy-Medaille der Fakultät für Technische Chemie der TU Wien.

 

Bild [1]: © NÖ Landespressedienst/Pfeiffer