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Quantentechnologie: Neues EU-Forschungsnetzwerk misst Bell-Zustände

Mit drei Millionen Euro ist ein neues europäisches Forschungsnetzwerk dotiert, das nun von der TU Wien geleitet wird. Das Ziel ist ein Analysegerät für spezielle verschränkte Quantenzustände.

Gruppe von Menschen

© Sebastian Pucher, TU Wien

Das Projektteam beim Kick-off-Event

Das Ziel ist ambitioniert: Ein neuartiges Gerät soll entwickelt werden, mit dem sich spezielle Quantenzustände – die sogenannten „Bell-Zustände“ – zuverlässig messen lassen. Insgesamt sieben Forschungseinrichtungen haben sich zusammengeschlossen, um sich dem Ziel des optischen „Bell-Zustands-Analysators“ gemeinsam Schritt für Schritt zu nähern. Koordinator des neuen Projekts am Atominstitut der TU Wien ist Prof. Arno Rauschenbeutel. Von der Europäischen Union wird es mit insgesamt drei Millionen Euro gefördert.

Quantenverschränkung
Es ist ein merkwürdiges Phänomen, das bei praktisch allen modernen Quanten-Technologien eine entscheidende Rolle spielt: Die Quantenverschränkung sorgt dafür, dass Teilchen in bestimmten Fällen nicht mehr getrennt voneinander betrachtet werden können. Misst man den Zustand des einen Teilchens, ändert sich dadurch unweigerlich auch der Zustand des anderen Teilchens. Beide lassen sich nur gemeinsam beschreiben.

Teilchen können in unterschiedlichem Ausmaß verschränkt sein. Zustände zweier Teilchen mit dem maximal möglichen Grad an Verschränkung bezeichnet man als „Bell-Zustände“ – nach dem Quantentheoretiker John Bell. In modernen Quantentechnologien, etwa im Bereich der Quanten-Teleportation, der Quanten-Kryptographie, aber auch in der Quanten-Sensortechnik, spielen diese Bell-Zustände eine zentrale Rolle und bestehen oft aus Paaren von Photonen.

Bisher ist es allerdings nicht möglich, solche optischen Bell-Zustände zuverlässig zu detektieren. Man kann nur die Zustände der einzelnen Photonen messen – doch das ist etwas ganz anders als die Messung des verschränkten Quantenzustands, der beide Photonen gleichzeitig beschreibt.

Neue Möglichkeiten durch neue Ideen
Einige neue Entdeckungen in den letzten Jahren – auch an der TU Wien – haben aber nun gezeigt, wie eine zuverlässige Detektion der Bell-Zustände möglich sein sollte. Mit Hilfe eines einzelnen Atoms können verschränkte Photonenpaare so beeinflusst werden, dass ihr gemeinsamer Zustand messbar wird. Neuartige Herstellungsmethoden für optische Chips erlauben es zudem, die nötige Technologie zu miniaturisieren.

Noch sind einige wichtige technische Probleme zu lösen, aber die Marschroute scheint klar: „Wir sind zuversichtlich, in den nächsten Jahren gemeinsam einen optischen Bell-State-Analyzer zustande zu bringen“, sagt der Projektkoordinator Arno Rauschenbeutel. Neben der TU Wien sind auch die Universität Rostock, die University of Nottingham, die Universität Wien, die Syddansk Universitet, die Aarhus Universitet und das Ferdinand-Braun-Institut in Berlin beteiligt. Der offizielle Projektbeginn war am 1. Juli 2018, das Projekt läuft nun drei Jahre lang.

[1] Foto: Sebastian Pucher, TU Wien