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Quanten-Wellen auf der Kristalloberfläche

Mit Hilfe von Helium-Atomen, die auf einer Kristalloberfläche reflektiert werden, kann man atomare Strukturen mit extremer Genauigkeit vermessen.

Florian Aigner

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So funktioniert die neue Oberflächen-Untersuchungsmethode: Helium-Atome (links, gelb) werden an einem Kristall gestreut. Das resultierende Wellenmuster (rechts) wird dann von einem Detektor gemessen.

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So funktioniert die neue Oberflächen-Untersuchungsmethode: Helium-Atome (links, gelb) werden an einem Kristall gestreut. Das resultierende Wellenmuster (rechts) wird dann von einem Detektor gemessen.

So funktioniert die neue Oberflächen-Untersuchungsmethode: Helium-Atome (links, gelb) werden an einem Kristall gestreut. Das resultierende Wellenmuster (rechts) wird dann von einem Detektor gemessen.

Ein Kieselstein, den man flach auf das Wasser wirft, prallt ab und hüpft über die Wasseroberfläche. Wenn aber einzelne Atome auf eine Oberfläche prallen, benehmen sie sich ganz anders. Schafft man es, die quantenphysikalischen Eigenschaften schneller Atome richtig zu berechnen, kann man mit ihnen die Struktur von Kristalloberflächen mit hoher Genauigkeit vermessen. Die Oberflächenstreuung schneller Atome (Fast Atom Diffraction, FAD), die vor etwa zwei Jahren experimentell von Forschergruppen in Berlin (Prof. H. Winter) und Orsay (Prof. P. Roncin) entdeckt wurde, konnte nun am Institut für Theoretische Physik der Technischen Universität (TU) Wien erstmals erklärt und am Computer berechnet werden. Die Forschungsergebnisse werden demnächst im renommierten Fachjournal „Physical Review Letters“ veröffentlicht.

Bei der neu entwickelten Analysetechnik werden Helium-Atome in sehr flachem Winkel auf eine Kristalloberfläche geschossen. Die Atome der Kristalloberfläche sind sehr regelmäßig in Reihen angeordnet, das Helium-Atom fliegt über sie hinweg wie ein Flugzeug über die Gipfel einer schnurgeraden Bergkette. Wenn das Flugzeug an Höhe verliert, kann es zu jedem Zeitpunkt nur in einem einzigen Tal, nie in zwei benachbarten Tälern gleichzeitig fliegen. Bei Quantenteilchen wie den Helium-Atomen ist das anders: Sie müssen quantenphysikalisch als Wellen beschrieben werden. So schaffen sie, in mehreren “Tälern” gleichzeitig zwischen den Kristall-Atomreihen dahin zu fliegen.

„Dieses quantenphysikalische Wellenverhalten der Atome führt dazu, dass sich die Atom-Wellen zu komplizierten Mustern überlagern, ähnlich wie die Wellenmuster in einem Teich, in den man Steine wirft“ erklärt Florian Aigner, Assistent in der Forschungsgruppe von Professor Joachim Burgdörfer am Institut für Theoretische Physik der TU Wien. „Diese Wellenmuster können im Experiment gemessen und dann mit unseren Berechnungen verglichen werden.“ Durch diesen Vergleich kann man sehr genau erkennen, wie die „Täler“ und “Bergspitzen” der Kristalloberfläche aussehen. Die Topographie des Kristalls kann man so auf ein Millionstel eines Millionstel Meters genau bestimmen – das ist ein Hundertstel eines Atomdurchmessers.

„Welleneigenschaften von Atomen zu untersuchen ist eigentlich ein alter Hut“, meint Professor Burgdörfer. „Das Erstaunliche an dieser Methode ist aber, dass sie mit sehr schnellen Atomen durchgeführt wird und zu äußerst präzisen Messungen benutzt werden kann.“ Normalerweise sind schnelle Quantenwellen nämlich höchst empfindlich auf Störungen. Einwirkungen von außen können leicht zur sogenannten “Dekohärenz” führen
- zur Zerstörung der Wellenüberlagerung - so wie man unterhalb eines reißenden Wasserfalles keine regelmäßigen Wellenmuster mehr feststellen kann, sondern nur noch unregelmäßige Gischt. Ähnliche Effekte hatte man vor der Entdeckung der FAD auch bei schnellen Helium-Atomen erwartet.
Sie treffen mit großer Wucht auf die Kristalloberfläche, deren Atome ihrerseits heftig hin und herschwingen. Die Arbeit der Theoriegruppe an der TU Wien erklärt nun, wann die Atom-Wellen-Überlagerungen trotzdem sichtbar bleiben, und warum die “Dekohärenz” im Experiment unterdrückt ist.

Diese Quanten-Messtechnik könnte bald ein wichtiges Werkzeug für Oberflächenanalysen werden. Die Struktur von Oberflächen lässt sich damit erstaunlich genau bestimmen. Vor allem für die Halbleitertechnik könnte das sehr nützlich sein.

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Rückfragehinweis:
Dipl.-Ing. Florian Aigner
Institut für Theoretische Physik
Technische Universität Wien
Wiedner Hauptstrasse 8-10, 1040 Wien
T +43/1/58801-136-33
E <link>mail@florianaigner.at bzw.
E <link>florian.aigner@tuwien.ac.at

Aussender:
Mag. Daniela Hallegger
TU Wien - PR und Kommunikation
Operngasse 11/E011, A-1040 Wien
T +43-1-58801-41027
F +43-1-58801-41093
E <link>daniela.hallegger@tuwien.ac.at
<link http: www.tuwien.ac.at pr>

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