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Österreich bleibt zu Hause

Um 71 % hat sich der Bewegungsradius der österreichischen Bevölkerung reduziert. Allan Hanbury erhebt solche Daten und erklärt, warum sie wichtig sind, um gut aus der Krise hinauszufinden.

Überschrift: "Relativer mittlerer Bewegungradius, Woche vom 2.3. gegenüber Woche vom 16.3." Darunter eine Österreichkarte in Blautönen. Die Legende rechts reicht von rot bis blau und verrät, dass überall aber besonders in Tirol ein starker Rückgang des Bewegungsradius' im Vergleich Anfang März.

Veränderung der Mobilität

In dunkelblau: Die Regionen, in denen der Bewegungsradius besonders stark zurückgegangen ist. © CSH Vienna / TU Wien

Die Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 haben unseren Alltag fest im Griff: Selbst in den Großstädten sind die Straßen fast leer. Doch um sinnvolle Vorhersagen über die weitere Entwicklung der Krise machen zu können, kann man sich nicht auf solche Beobachtungen verlassen – man braucht solides Datenmaterial. Das generiert unter anderem die Forschungsgruppe von Prof. Allan Hanbury vom Institut für Information Systems Engineering der TU Wien, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster und dem Complexity Science Hub Vienna, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster.

Daten aus dem Mobilfunknetz

Analysiert wurden anonymisierte und aggregierte Mobilfunkdaten: Wenn viele Menschen den ganzen Tag zu Hause verbringen, bleibt ihr Handy immer mit demselben Mobilfunk-Mast verbunden. „Wenn man untersucht, mit wie vielen Funktürmen die Handys wie lange verbunden sind, kann man daraus den sogenannten Radius of Gyration errechnen – das ist eine Maßzahl für den täglichen Bewegungsradius der Menschen. Und diese Maßzahl ist österreichweit im Mittel um 71 % gesunken, verglichen mit den Zahlen vor der Coronakrise“, berichtet Hanbury. Besonders deutlich ist der Rückgang in Tirol, wo noch strengere Auflagen gelten als im Rest des Landes.

Wichtig ist, bei solchen Analysen auf die Datenschutzregeln zu achten: „Wir bekommen natürlich keine Bewegungsprofile einzelner Personen, sondern nur anonymisierte, aggregierte Daten, die wir dann statistisch verarbeiten“, sagt Allan Hanbury. Aus Gebieten mit besonders wenigen Menschen werden gar keine Daten zur Verfügung gestellt, weil sonst theoretisch die Möglichkeit bestehen könnte, Aussagen über einzelne Personen zu treffen.

Zahlen für bessere Modelle

Entscheidend ist, was man dann mit diesen Daten macht: „Das ist nicht bloß eine wissenschaftliche Spielerei, diese Zahlen sind sehr wichtig. Sie fließen in Prognosemodelle ein, mit denen man die Ausbreitung von COVID-19 vorherberechnet“, erklärt Hanbury. „Eine solche Situation wie heute gab es noch nie. Wir können uns also nicht auf historische Erfahrungen verlassen. Dadurch ist es so wichtig, jetzt das bestmögliche Datenmaterial zur Verfügung zu haben – und genau daran arbeiten wir.“

Datenanalysen dieser Art sind aber nicht nur für Krankheitsausbreitungsmodelle nützlich; Auch für die Zeit nach der Corona-Krise lässt sich einiges daraus lernen – etwa um die Luftverschmutzung zu reduzieren oder auch um die richtigen Entscheidungen für einen raschen Neustart der Wirtschaft zu treffen.