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"Mutter der Pille" Carl Djerassi ist tot

Die Technische Universität Wien trauert um den aus Österreich stammenden Chemiker Carl Djerassi, der am 30. Jänner 2015 seinem Krebsleiden erlegen ist. Djerassi wurde 91 Jahre alt.

Carl Djerassi: 1923 - 2015

Carl Djerassi: 1923 - 2015

Carl Djerassi: 1923 - 2015

Carl Djerassi wurde 1923 in Wien geborgen. Seine Kindheit verbrachte er in Sofia und Wien, wo er auch die Schule besuchte. 1938 floh er mit seiner Mutter als Jude vor den Nationalsozialisten – zuerst nach Bulgarien, dann in die USA. Mit nur 16 Jahren erhielt er ein Collegestipendium – gestiftet von Eleanor Roosevelt. Er studierte organische Chemie an der University of Wisconsin, wo er mit 22 Jahren 1945 promovierte.

"Mutter der Pille"
Weltweiten Ruhm erlangte er durch zwei Entdeckungen: Die Synthese des Hormons Cortison, wodurch dessen Massenproduktion mögliche wurde und 1951 die künstliche Herstellung des Schwangerschaftshormons Gestagen. Mit der Synthese von Gestagen gelang es ihm gemeinsam mit Gregory Pincus und John Rock die erste Antibabypille herzustellen. Zeit seines Lebens lehnte Djerassi den Begriff "Antibabypille" ab, weil er die oral einzunehmende Verhütungspille nicht gegen Babys gerichtet verstand, sondern für die Frau. In seiner Autobiografie bezeichnete er sich selbst als "Mutter der Pille".

1952 folgte Djerassi dem Ruf an die Wayne State University in Detroit. 1959 wechselte er an die Stanford University in Kalifornien, an der er 2002 emeritierte. Seine Arbeitsschwerpunkte als Forscher bildeten Empfängnis, Reproduktionsmedizin und ihre Folgen für die Familie.

Als Wissenschaftler brachte er es auf über 1.200 Veröffentlichungen. Djerassi erhielt zudem zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen – über 30 Ehrendoktorate aus aller Welt zeugen ebenso wie die vom amerikanischen Präsidenten verliehene Medal of Science von der internationalen Wertschätzung.
2004 wurde Djerassi "im Republikinteresse" Österreicher – unter Beibehaltung der US-Staatsbürgerschaft, die er nach seiner Flucht nach Amerika erhalten hatte. In den vergangenen Jahren besuchte Djerassi häufig Wien, wo er auch einen Wohnsitz hatte. "Für Emigranten war Rückkehr immer eine Mischung von süß und bitter." Mit zunehmendem Alter "wird es immer süßer", so Djerassi.

Romanautor & Dramatiker
Neben der Forschung war Carl Djerassi auch als Autor tätig. Zunächst schrieb er Gedichte und Kurzgeschichten, bevor er sich mit "Cantors Dilemma", "Das Bourbaki Gambit", "Menachems Same" und "NO" der von ihm erfundenen Romangattung "Science in Fiction" widmete. Ab 1997 konzentrierte sich Djerassi auf das Schreiben von Theaterstücken, die er unter dem Begriff "Science in Theatre" zusammenfasste. Die große Karriere als Dramatiker blieb jedoch aus.

"Killerblumen" – Aufführung des Theaterstücks an der TU Wien
Die TU Wien hat, beginnend mit einem internationalen Standford-Alumni-Meeting und einem Vortrag durch ihn, bereits 2009 kulturell mit Carl Djerassi zusammengearbeitet. Die inszenierte Lesung seines Theaterstückes "OXYGEN" fand am 25. November 2011 statt. Djerassi hat damals den Abend eröffnet.

Im Rahmen der 200-Jahr-Feier der TU Wien ist in memoriam die Aufführung des Theaterstückes "Killerblumen" (Regie: Isabella Gregor) am 16. April 2015 geplant. "Carl Djerassi hat sich sehr darüber gefreut, dass sein letztes Stück "Killerblumen" nun auch jemand in Österreich aufführt – nach der Premiere in London und Vorstellungen in vielen anderen europäischen Ländern. Im Herbst 2014 hatten wir dafür noch eine gemeinsame Begehung des "Theater-Hörsaals" im Informatikgebäude in der Treitlstraße. Es ist uns nun eine große Ehre und auch Verpflichtung, dass diese Aufführung an der TU Wien stattfinden wird", so Vizerektor Johannes Fröhlich.

Die Technische Universität Wien trauert um einen großen Chemiker und wird Carl Djerassi stets ein würdiges Andenken bewahren. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.