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focus:lehre: "Prüfen an der TU Wien: Leistungsüberprüfung einmal ganz anders…"

Die Evening Lecture am 8. November 2017 widmete sich dem Thema Studierenden-Assessment. Der Abend stand unter dem Motto Prüfungen effizient, fair und didaktisch sinnvoll zu gestalten. Anhand von best practice-Beispielen wurden konkrete Umsetzungsideen analysiert und diskutiert.

Ein Vortrag

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Ein A4 Blatt. Darauf ist "Evening Lecture 2017" zu sehen

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Im Studienjahr 2016/17 waren an der TU Wien über 20.000 Prüfungstermine angesetzt, studentische Leistungsüberprüfung ist Teil des universitären Alltags. Darüber hinaus sind Prüfungen ein wesentliches Element um das Lernverhalten zu steuern. Keine andere didaktische Maßnahme zeigt so großen Effekt, es stellt sich also die Frage nach dem optimalen Einsatz in der Gestaltung der Lehr- und Lernprozesse.

"Zwar wird oft für die Prüfung gelernt, Ziel muss aber ein nachhaltiger Lernfortschritt und Kompetenzerwerb sein. Das geht über die abschließende Beurteilung hinaus und bedeutet laufendes Feedback, um Studierenden eine Standortbestimmung und daraus eine Weiterentwicklung zu ermöglichen" führte Kurt Matyas, Vizerektor für Studium und Lehre in seiner Begrüßung aus. Auch die Ansprüche an Prüfungen wurden thematisiert: Effizient sollen diese sein, also keinen übermäßigen Aufwand für das Lehrpersonal verursachen. Fair, indem Beurteilungskriterien von Beginn an klar kommuniziert und nachvollziehbar sind. Und natürlich didaktisch sinnvoll; das heißt Lehr- und Prüfungsmethoden werden auf den beabsichtigten learning outcome abgestimmt. Wenn die Anwendung des erworbenen Wissen Ziel ist, ist ein Multiple Choice Test also wenig zielführend.

Im folgenden Impulsvortrag von Martin Lehner, Vizerektor für Lehre an der FH Technikum wurden Inputs zu "Können und verstehen prüfen" geliefert. Verstehen sei ein innerlicher Vorgang und deshalb schwer zu überprüfen, das Können hingegen ist leichter überprüfbar – so die Kernaussage des Vortrags. Als ideal wurde der Weg über das Lernziel gezeichnet. Nach Definition des Lernergebnisses werden passende Aufgaben für die Prüfung definiert und daraus die konkrete Lehre abgeleitet. So könne ein "learning for the test" verhindert werden, da Studierende klarer sehen, wozu sie befähigt werden sollen. Weiters wurde auf die verschiedenen Prüfungsformen und ihre Vor- und Nachteile eingegangen. Zusammenfassend wurde festgehalten, dass Inhalte die Methoden bestimmen, dass einfach nicht simpel bedeutet und gute Aufgaben das Bindeglied zwischen Fachwissen und Didaktik bilden – insgesamt also hohe Ansprüche an Lehrende gestellt werden.

Praxisbeispiele zeitgemäßer Lehre

Im folgenden Teil der Veranstaltung gaben vier Lehrende Einblick in ihre Prüfungspraxis und präsentierten ihre Ansätze zur Leistungsüberprüfung.

Franz Hof (Institut für Stochastik und Wirtschaftsmathematik) setzt auf mündliche Prüfungen, auch bei fast 500 Studierenden. Seine Begründung dafür ist, dass Kenntnisse genauer überprüft werden können. Der Zeitaufwand rechnet sich für ihn, da eine zusätzliche Korrekturschleife entfällt. Geprüft wird anhand eines Fragenkatalogs, die Zuteilung der Frage erfolgt per Zufallsprinzip indem die Studierenden aus einem von acht Fragenstapeln wählen. Abschluss ist eine Notendiskussion, wobei sich laut Hof 70 Prozent entsprechend seiner Beurteilung einschätzen, ein Viertel der Studierenden sieht die Leistung sogar schlechter.

Robert Liska (Institut für Angewandte Synthesechemie) präsentierte eine EDV-gestützte Variante. Die Plattform iChemlab dient zur elektronischen Abwicklung der Laborübungen. Es steht eine exakte Dokumentation zur Verfügung, Beispiele werden zugeordnet und es gibt klare Vorgaben für eine positive Beurteilung, die Studierende auch laufend monitoren können. Bei Zwischenabgaben wird auf eine kurze Reaktionszeit geachtet, sodass innerhalb von 24 Stunden die Information positiv/negativ vorhanden ist. Bei der Endabgabe des Protokolls erfolgt nochmal eine Feedbackschleife, die eine Verbesserungsmöglichkeit beinhaltet. Über die Plattform ist die Zusammensetzung der Endnote transparent dargestellt, zusätzlich können die Lehrenden einen Vergleich zu vergangenen Ergebnissen ziehen.

Thomas Konegger (Institut für Chemische Technologien und Analytik) geht mehrstufig vor. Im Pflichtpraktikum sind von den Studierenden drei Teilaspekte zur erfüllen. Schriftliche Protokolle bilden den ersten Teil, sie sind nach jeder Teilübung abzugeben. Zusätzlich findet zu jeder Teilübung eine mündliche Besprechung statt. Als Abschluss findet eine Besprechung über alle Teilgebiete statt. Hierbei wird anhand konkreter Schaustücke wie einem Keramikmesser auf verschiedene Teilaspekte der Übungsinhalte eingegangen. Welche Anforderungen hat das Bauteil, wie erreiche ich diese, welches Material kann eingesetzt werden usw. Laut Konegger ist die Verknüpfung der erlernten Inhalte in diesen Gesprächen der Kern seines Ansatzes, das Transferieren der Übung in den Alltag.

Peter Purgathofer (Institut für Gestaltungs- und Wirkungsforschung) zeigte den Ansatz des "Massive Online Double Blind Peer Reviewings" mit dem System Aurora. Hier ist der Ansatz, dass sich Studierende "Challenges" (aufbauende Aufgaben) aussuchen. Die Tasks jeder Challenge werden erklärt und sind dann zu erledigen. Letzter Task ist jeweils das Verfassen einer Zusammenfassung. Nach der ersten absolvierten Challenge muss jede/r Studierende 3 Reviews zu den Zusammenfassungen von Kolleg_innen verfassen, bevor eine neue Challenge wählbar wird. So werden pro Semester unglaubliche 75.000 Reviews erstellt. Anhand der erhaltenen Reviews können jeweils Revisionen erstellt werden. Finaler Task ist die Zusammenfassung des Erlernten und ein Feedback ob Erwartungen erfüllt wurden bzw. was man für sich aus der LVA mitnimmt. Ziel für Purgathofer ist es Studierenden das Einnehmen verschiedener Perspektiven näher zu bringen und die Fähigkeit Fragen zu stellen zu fördern.

Toolbox Assessment

In Kooperation mit der Universität Bern ist eine Toolbox verfügbar, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, die die Auswahl geeigneter Prüfungsformen und –arten erleichtern soll. In Gruppen wurden die enthaltenen Methoden im Publikum diskutiert und die Anwendbarkeit in den jeweiligen Lehrveranstaltungen besprochen.

Mehr dazu unter www.assessment.unibe.ch, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

focus:lehre

Die Evening Lecture am 8. November war Teil des TU-Hochschuldidaktik-Programms focus:lehre. Nach den Themen "Methodik und Didaktik in der Leistungsüberprüfung", "studienrechtliche Aspekte von Prüfungen" und einigen Angeboten für Mitglieder der Studienkommissionen bildete die Veranstaltung den Abschluss des Schwerpunkts Prüfungen.

Generelles Ziel von focus:lehre ist Lehrende bei der Ausübung ihrer Lehrtätigkeit und Studierendenbetreuung, durch Weiterbildung und Erfahrungsaustausch Hilfestellungen zu bieten. Das Interesse aus dem Haus ist anhaltend hoch – Beleg war der volle Kontaktraum in der Gußhausstraße.