News

Die Vermessung des Schlosses Heiligenkreuz-Gutenbrunn

Ein Team der TU Wien erstellte mit Hilfe modernster Vermessungstechnik detaillierte Pläne des Schlosses Heiligenkreuz-Gutenbrunn – ein wichtiger Schritt für den Denkmalschutz.

Studierende der TU Wien mit Corona-Schutzmasken auf der Treppe des Schlosses.

1 von 3 Bildern oder Videos

Studierende bei der Arbeit

Die Corona-Regeln mussten während der Arbeit natürlich streng eingehalten werden.

Das Schloss Heiligenkreuz-Gutenbrunn, das vom TU-Team vermessen wurde, zwischen Bäumen

1 von 3 Bildern oder Videos

Das Schloss Heiligenkreuz-Gutenbrunn

Schloss Heiligenkreuz-Gutenbrunn

Studierende der TU Wien mit Vermessungs-Geräten im Inneren des Schlosses

1 von 3 Bildern oder Videos

Messungen im Inneren

Studierende der TU Wien mit Vermessungs-Geräten im Inneren des Schlosses.

Wenn man alte Gebäude bewahren möchte, muss man sie zuallererst ganz genau kennen. Bei einem großen, alten Schloss, das im Lauf der Jahrhunderte immer wieder umgebaut wurde, ist das nicht einfach: Im Rahmen einer Lehrveranstaltung von Dipl.-Ing Lukas Stampfer (Forschungsbereich Baugeschichte und Bauforschung, TU Wien, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster), die Dr. Ulrike Herbig als Forschungskoordinatorin der Fakultät für Architektur und Raumplanung, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster unterstütze, wandte ein Team von Studierenden im Schloss Heiligenkreuz-Gutenbrunn bei Herzogenburg (Niederösterreich) nun modernste technische Methoden an, um einen detaillierten 3D-Plan sämtlicher Innenräume des Gebäudekomplexes zu erstellen.

High-Tech für alte Mauern

„Gerade im Bereich der Denkmalpflege ist ein Wissen über moderne Technologien sehr wichtig“, sagt Ulrike Herbig. „Daher freut es mich sehr, dass wir mit der Laserscanner-Firma Riegl zusammenarbeiten konnten, die für unser Projekt im Schloss Heiligenkreuz-Gutenbrunn das aktuellste Gerät zur Verfügung gestellt hat.“

Das Lasergerät wird in einem Raum platziert und misst die Entfernung und Winkel zu allen Oberflächen, die den Strahl reflektieren. Hunderttausende Punkte können mittlerweile innerhalb einer Minute gemessen werden. Das verwendete Gerät verknüpft automatisch die unterschiedlichen Aufnahmen aus verschiedenen Standpunkten und errechnet daraus ein dreidimensionales Modell. Das ermöglicht eine sehr rasche und kontrollierte geometrische Aufnahme eines Objekts, die danach am Computer noch verbessert wird. Die 3D-Punktwolke bildet die Grundlage für die Erstellung von zweidimensionalen Plänen und weiteren Beschreibungen.

„Zusätzlich nimmt man auch Fotos von den Innenräumen auf, die eine Kolorierung des 3D-Modells erlauben.“, erklärt Herbig. „So entsteht ein realistisches Gesamtbild, das einen virtuellen Gang durch die Räume des Schlosses ermöglicht.“ Auch andere wichtige Informationen wurden gesammelt – etwa über die verwendeten Materialien, über Schäden, oder über Anzeichen von Umbauarbeiten, die dort in längst vergangenen Zeiten durchgeführt worden sind.

Unterricht in Zeiten der Pandemie

Eine Woche verbrachte das Team des Forschungsbereichs zunächst im Schloss, um die Lehrveranstaltung vorzubereiten. In der zweiten Woche lernten die Studierenden mit unterschiedlichen Methoden der Gebäudedokumentation – von 3D-Laserscanning und Photogrammmetrie bis zur Raumbucherstellung – ein Bestandsgebäude aufzunehmen. Zusätzlich zu den Räumen wurde auch das Dach mit 3D-Laserscannern vermessen – im Rahmen des Forschungsprojekts „Points, Beams, Structures“, das die automatisierte Balkenerkennung in Dachwerksdaten zum Ziel hat.

Nur durch die Verwendung der neuesten Generation an Laserscannern konnte das Objekt in der verfügbaren Zeit komplett aufgenommen werden. Viele wissenschaftliche Aspekte, die für die Denkmalpflege eine wichtige Rolle spielen, konnten den Studierenden so nähergebracht werden.

„Man lernt auf diese Weise viel mehr als es im Hörsaal möglich wäre“, sagt Herbig. „Es geht dabei einerseits um die Technik, um ein Verständnis für die Geometrie und das nötige IT-Fachwissen, und andererseits auch um ein Verständnis für die Architektur vergangener Epochen, um Bautechnik und den Umgang mit alten Gebäuden und die Einbindung in das regionale Umfeld.“

Eine besondere Herausforderung für die Lehrveranstaltung waren die Corona-Regeln: Während der intensiven Messkampagne mussten natürlich alle Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten werden. „Glücklicherweise steht im Schloss viel Platz zur Verfügung“, erzählt Ulrike Herbig. „So konnten wir gut verteilt direkt im Gebäude einquartiert werden und für den nötigen Abstand sorgen.“ Regelmäßige Fieberkontrollen wurden durchgeführt, gemeinsame Unterrichtseinheiten wurden im großen Saal und Garten des Schlosses abgehalten.

Dank der intensiven Unterstützung durch den Hausherrn Mag. Tobias Ackermann, der über die Figdor’sche Gutsinhabung seit 2017 für die Verwaltung des Schlosses zuständig ist, konnten die Maßnahmen in dieser Form auch umgesetzt werden. Tobias Ackermann möchte ein nachhaltiges Nutzungskonzept für das Schloss entwickeln, daher wurde vereinbart, die fruchtbare Kooperation mit der TU Wien im Sommersemester 2021 fortzusetzen.

Für die Studierenden war es eine spannende Erfahrung, sich mithilfe modernster Technik mit alter Architektur auseinanderzusetzen und damit die Basis für eine neue Nutzung zu schaffen: „Das Schloss Heiligenkreuz-Gutenbrunn bietet eine Vielzahl an spannenden  Aspekten für die Lehre und Forschung.“, sagt Ulrike Herbig. „Die Arbeiten am Objekt dienen der Entwicklung innovativer Workflows für eine Gebäudedokumentation, welche die Kapazitäten der neuesten Laserscantechnologien gänzlich ausnützt. Gleichzeitig wurde eifrig diskutiert, wie die Region Herzogenburg bei den Überlegungen für ein neues Nutzungskonzept eingebunden werden kann. Diesen nachhaltigen Aspekt der Denkmalpflege werden Studierende der Raumplanung und der Architektur im nächsten Semester gemeinsam vor Ort behandeln.“

Kontakt

Dr. Ulrike Herbig
Institut für Kunstgeschichte, Bauforschung und Denkmalpflege
Technische Universität Wien
+43-1-58801-25119
ulrike.herbig@tuwien.ac.at 

Autor: Florian Aigner