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Die TU Wien trauert um Walter Eppensteiner (1929–2020)

Am 15. Mai 2020 ist unser Freund und Kollege Walter Eppensteiner im 91. Lebensjahr für immer von uns gegangen.

Porträtfoto von Walter Eppensteiner

Walter Eppensteiner wurde am 22. Dezember 1929 in Scheibbs (Niederösterreich) als Sohn des Lehrers Alois Eppensteiner und seiner Gattin Elisabeth geboren. Nach der Matura am 1948 am Bundesgymnasium in St. Pölten begann er an der Universität Wien unter anderem Botanik, Zoologie, Physik, Medizin und Geologie zu studieren Nach Absolvierung eines technischkaufmännischen Abiturientenkurses am Technologischen Gewerbemuseum (TGM) in Wien setzte sich jedoch die Leidenschaft zu den Geowissenschaften durch und Walter Eppensteiner begann im Wintersemester 1957/58 an der Universität Wien mit dem Studium der Geologie.

Noch während des Studiums lernte er seine Frau Elisabeth Berger kennen. Nach der Hochzeit im Oktober 1960 kamen zwischen 1961 und 1971 fünf Töchter und ein Sohn zur Welt.

Von 1962 bis 1966 war Walter Eppensteiner als wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Geologie der Technischen Hochschule Wien beschäftigt und mit seiner Dissertation Studien über Sedimentation und Diagenese des oberen Wettersteinkalkes in Bleiberg‐Kreuth promovierte er 1966 zum Dr. phil. Dadurch wurde er Hochschulassistent und ab September 1976 Universitätsoberassistent.

Walter Eppensteiner war es immer ein Anliegen, naturwissenschaftliche Erkenntnisse so aufzubereiten und zu vermitteln, dass diese auch in der Praxis anwend‐ und umsetzbar wurden. So engagierte er sich unter anderem ab 1967 als Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Steinstraßen und Steinmaterial der Forschungsgesellschaft für das Verkehrs‐ und Straßenwesen im Österreichischen Ingenieur‐ und Architektenverein und war ab 1973 deren stellvertretender Leiter.

Zahlreiche neue und teilweise revolutionäre Erkenntnisse auf dem Gebiet der Straßenbaugesteine gehen auf Walter Eppensteiner zurück. Ab Ende der 1960er Jahre bearbeitete er zahlreiche Forschungsaufträge des damaligen Bundesministeriums für Bauten und Technik, deren weitreichende Erkenntnisse in den Heften der Reihe Straßenforschung veröffentlicht wurden. Diese Veröffentlichungen bildeten neben seiner erfolgreichen Lehrtätigkeit an der TU Wien die Grundlage für seine Habilitation und der Verleihung der Lehrbefugnis als Universitätsdozent für Baugeologie mit besonderer Berücksichtigung der Technischen Gesteinskunde im März 1980. 

Auch der Fachnormenausschuss Natürliche Gesteine, den Walter Eppensteiner für 25 Jahre als leitete, profitierte von seinem Wissen und Fähigkeiten. Seine Expertise führte zur Veröffentlichung von Prüfnormen mit präzisen Vorgaben in Hinblick auf die Rahmenbedingungen der Gesteinsprüfung.

Auch die Untersuchung von Baurohstofflagerstätten und die petrographische Beurteilung für die Aufnahmeprüfung in den Güteschutzverband der österreichischen Splitt‐ und Schotterwerke gehörte zu seinen Aufgaben, ebenso wie die Mitarbeit zur Erstellung von Rohstoffsicherungskarten für das Bundesland Niederösterreich.

Es gab wohl keinen Arbeitsbereich der nutzbaren Gesteine, in denen Walter Eppensteiner nicht seine Spuren hinterließ. Die Verwertung von Tunnelausbruchsmaterial, die Begutachtung von Bergbauschäden, Baugründen und Trassen von Verkehrswegen, ebensor die Untersuchung und Beurteilung von Dekorgesteinslagerstätten in Österreich, im Kaukasus, Sibirien, Türkei, Tschechien, Slowakei und Ungarn. Einen wichtigen Beitrag leistete er auch bei der Untersuchung von historischen Natursteinbauten in Wien, wie zum Beispiel bei den Steinbauten des Zentralfriedhofs, sowie in Schönbrunn, einschließlich Gloriette und Römischer Ruine.

Daneben erfolgte die Mitarbeit an baugeologischen Untersuchungen für Wasserkraftwerksbauten, u. a. für die in Oberösterreich liegenden Kraftwerke Garsten, Weyer, Schönau, die Projekte Groß‐Kastenreith und Molln und die Kartierung der Einhänge des im Dorfertal (Osttirol) geplanten Speichersees in Hinblick auf Hangbewegungen unmittelbar nach der Katastrophe von Vajont (1963), die Walter Eppensteiner emotional besonders bewegte.

Auf der Basis seiner hervorragenden Fähigkeiten auf dem Gebiet der Geologie zusammen mit seinem profunden Wissen in Chemie und Physik konnte Walter Eppensteiner fundamentale wissenschaftliche Leistungen vollbringen, wie zum Beispiel die Erkenntnis, dass die Deformation von Fassadenplatten aus Carrara‐Marmor auf das anisotrope Dehnungsverhalten des Calcits und auf die dominante Vorzugsorientierung der Kristallachsen dieses Minerals im Gesteinsgefüge zurückzuführen ist.

Einen wesentlichen Beitrag leistete er auch bei der Klärung des Verhaltens von kompetentem Fels auf inkompetentem Untergrund („Hart auf Weich“). Diese breit gestreute und immer wissenschaftlich fundierte Expertise sowie seine große Empathie machten Walter Eppensteiner auch international zu einem von Allen geschätzten und gesuchten Mitarbeiter für leitende Funktionen.

Als Mitglied der Wiener Schule der Ingenieurgeologie konnte er als Universitätslehrer seinen Schüler_innen (meist Studierende des Bauingenieurwesens) das Verständnis dafür mitgeben, was Ingenieurgeologie kann. In vielen Lehrveranstaltungen – von „Technische Gesteinskunde“, über „Geologie und Verkehrswegebau“, bis zu „Geologie der Massenbewegungen“ – an der Technischen Universität Wien, an der Universität Wien und an der Universität Salzburg hat er unzähligen Student_innen sein Wissen weitergegeben. Walter Eppensteiner verstand es seine Zuhörer_innen fesselnd in seine geologische Welt zu entführen. Gleichzeitig war seine Betreuung von zahlreichen Diplomarbeiten stets von hoher Qualität geprägt, die seine Studierenden zur höchsten Leistung anspornte.

Darüber hinaus engagierte sich Walter Eppensteiner intensiv in den diversen Gremien der TU Wien, wie zum Beispiel als Mitglied der Fakultätsversammlung, Kuriensprecher des Mittelbaues, Mitglied des Akademischen Senats,
Mitglied der Studienkommission für die Studienrichtung Bauingenieurwesen und der interuniversitären Studienkommission Technische Geologie, Mitglied der Personalkommission und der Kommission zur Überprüfung der Lehraufträge sowie in zahlreichen Berufungs‐ und Habilitationskommissionen.

Trotz all dieser Leistungen in der Wissenschaft und im Wissenschaftsbetrieb ist Walter immer mit beiden Beinen auf dem Erdboden gestanden und ist immer ein wahrer Humanist im besten Sinne des Wortes geblieben.

Im Dezember 1994 wurde Walter Eppensteiner in den Ruhestand versetzt. Im Sommer 2017 hat er seinen Vorlass der Bibliothek der Geologischen Bundesanstalt geschenkt, hier tragen 384 Katalogeinträge den Vermerk „Eppensteiner-Vorlass”. Alle, die mit Walter Eppensteiner zusammenarbeiteten haben ihn als kompetenten, verlässlichen, herzlichen und charmanten Kollegen erfahren und so bleibt er uns allen in tiefer Erinnerung.