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Die Stärke der obersten Mikrometer

Materialforschung, vom Atom bis zum Industriebohrer: Auf die obersten Schichten kommt es an.

Besonders widerstandsfähig: Bohrer mit unterschiedlichen Beschichtungen

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Besonders widerstandsfähig: Bohrer mit unterschiedlichen Beschichtungen

Besonders widerstandsfähig: Bohrer mit unterschiedlichen Beschichtungen

Prof. Paul Mayrhofer in seinem Labor

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Prof. Paul Mayrhofer in seinem Labor

Prof. Paul Mayrhofer in seinem Labor

Ob Flugzeugturbinen, Auto-Motoren oder Schneidwerkzeuge: Überall, wo harte Materialien aneinander reiben, kommt es zu Verschleiß. Die Widerstandsfähigkeit von Maschinenelemente kann aber oft deutlich erhöht werden, indem man ihre Oberfläche mit dünnen, leistungsfähigen Spezial-Schichten überzieht. Prof. Paul Mayrhofer untersucht mit seinem Team am Institut für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnologie der TU Wien, wie sich solche speziellen Hartstoffschichten einsetzen und weiterverbessern lassen. Um neue, bessere Beschichtungen zu entwickeln,  muss man die Materialien bis zur atomaren Ebene genau verstehen.

Weich oder spröde?
Gerade bei Schneidwerkzeugen spielt die Härte eine ganz besonders große Rolle. „Die Schneidhaltigkeit eines Messers ist proportional zur Härte, daher sind harte, keramische Materialien sehr gut geeignet“, erklärt Paul Mayrhofer. Andererseits sind sehr harte Materialien auch spröde und brechen leicht. Die optimale Kombination ist daher ein „zäher“ Trägerwerkstoff, etwa aus Metall, umgeben von einer dünnen keramische Hartstoffschicht. Solche Verbindungen stellt die Arbeitsgruppe von Paul Mayrhofer an der TU Wien im START Projekt „Atomistic Study of Metastable Phases“ und im Christian Doppler Labor „Application Oriented Coating Developement“ her.

Die Verbindung von Grundlagenforschung und Anwendung ist Mayrhofer und seinem Team sehr wichtig: Im Labor an der TU Wien finden sich die gleichen Beschichtungsmaschinen, wie sie auch die Industriepartnern einsetzen. Gleichzeitig verwendet sein Team aufwändige Computersimulationen, um die Eigenschaften der Beschichtungen auf atomarer Skala vorherzuberechnen und zu verbessern.

Je mehr Zutaten umso komplexer
Je mehr unterschiedliche Atom-Sorten man verwendet, umso mehr Möglichkeiten hat man, die gewünschten Materialeigenschaften einzustellen. „Materialien aus zwei Elementen, etwa aus Stickstoff und einem Metall, sind mittlerweile recht gut verstanden“, sagt Mayrhofer. „Bei drei oder mehr Elementen wird die Beschreibung komplizierter, aber die Materialeigenschaften können noch deutlich verbessert werden.“

Ein Beispiel dafür ist Titannitrid (TiN): Es ist eine typische Verbindung aus zwei Elementen und wird schon lange zur Beschichtung von Werkstoffen eingesetzt. Sein Nachteil ist allerdings, dass es leicht oxidiert und die poröse Oxidschicht das Material nicht schützen kann. Fügt man Titan und Stickstoff zusätzlich auch noch Aluminium hinzu, ändern sich die Materialeigenschaften deutlich: Auch das Aluminium oxidiert, ergibt aber eine stabile, dichte Oxidschicht, die eine geschlossene Oberfläche bildet und dadurch das Material vor weiterer Oxidation schützt.

Freilich hängen solche Eigenschaften oft empfindlich von der mikroskopischen Struktur des Materials ab: „Nicht nur die Mengenverhältnisse der einzelnen Elemente, sondern auch die Struktur ihrer atomaren Anordnung muss genau stimmen“, erklärt Paul Mayrhofer. Um das zu erreichen, muss man beim Entstehungsprozess Temperatur und Druck sehr präzise kontrollieren.

Welche Auswirkungen die Anordnung der Atome auf die Materialeigenschaften hat, lässt sich heute mit unterschiedlichen Computermethoden berechnen. Eine dieser Methoden ist die Dichtefunktionaltheorie. Mit ihr beschäftigte sich Paul Mayrhofer ausführlicher, als er 2005 bis 2006 gefördert durch ein Erwin-Schrödinger-Stipendium an der RWTH Aachen arbeitete. Auch heute in seinem Christian Doppler Labor an der TU Wien sowie seinem START Projekt „Atomistic Study of Metastable Phases“ gehören Dichtefunktionaltheorie-Codes zu den täglich eingesetzten Arbeitswerkzeugen.

Preisgekrönte Forschung an der TU Wien
Paul Mayrhofers Arbeit wurde immer wieder mit wichtigen Preisen ausgezeichnet: 2007 erhielt er einen START-Preis des FWF, 2010 war er im Team, das den ersten Platz beim Houska-Preis der B&C-Privatstiftung erhielt. 2011 wurde sein Christian Doppler Labor „Application Oriented Coating Developement“ bewilligt und an der Montanuni Leoben eingerichtet. Dort blieb das Labor aber nur für kurze Zeit, denn bereits 2012 wurde Mayrhofer an die TU Wien berufen. Seine Forschungsgruppe und das CD-Labor brachte er mit.

Materialforschung („Materials and Matter“) ist einer der fünf Forschungsschwerpunkte der TU Wien, dementsprechend gibt es hier eine Reihe von Forschungsgruppen, die sich mit ähnlichen Themen beschäftigen. „Wichtig ist für uns auch die ausgezeichnete Infrastruktur. Am Großcomputer VSC können wir unsere Rechnungen durchführen, das Zentrum für Transmissions-Elektronenmikroskopie USTEM unterstützt uns bei der Analyse“, sagt Mayrhofer.

<link http: hardcoatings.tuwien.ac.at index.php link_extern>Das CD-Labor "Application Oriented Coating Development" im Netz