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Die Knie-Formel

Sportmedizin trifft auf Mathematik: An der TU Wien wurde in einem interdisziplinären Forschungsprojekt ein mathematisches Modell des Kniegelenks entwickelt. Die "Knie-Theorie" kann sowohl für PatientInnen als auch für SportlerInnen nützlich sein.

Das Knie ist kein Türscharnier: Die Drehachsen des menschlichen Knies

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Das Knie ist kein Türscharnier: Die Drehachsen des menschlichen Knies

Das Knie ist kein Türscharnier: Die Drehachsen des menschlichen Knies

v.l.n.r.: W. Auzinger, E. Weinmüller, I. Reichl, H.B. Schmiedmayer

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v.l.n.r.: W. Auzinger, E. Weinmüller, I. Reichl, H.B. Schmiedmayer

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Das wohl komplizierteste Gelenk in unserem Körper ist das Knie. Es lässt sich nicht nur wie ein einfaches Türscharnier um eine einzelne Achse drehen, seine Bewegungsmöglichkeiten sind viel komplizierter. An der TU Wien wurde nun untersucht, wie man die Bewegungen des Knies mathematisch darstellen kann.

Interdisziplinäre Biomechanik

"Die Lage der Gelenksachsen genau zu kennen ist in der Biomechanik sehr wichtig", betont Irene Reichl. Die ehemalige TU-Physikerin arbeitet heute am Institut für Sportwissenschaft der Universität Wien. Für ihr Forschungsprojekt über das menschliche Knie wandte sie sich an Prof. Winfried Auzinger und Prof. Ewa Weinmüller vom Institut für Analysis und Scientific Computing der TU Wien sowie Prof. Heinz-Bodo Schmiedmayer vom Institut für Mechanik und Mechatronik der TU Wien.
"Gute kinematische Modelle von Gelenken sind entscheidend, wenn Prothesen gebaut und exakt an einen Patienten angepasst werden sollen. Genauso ist es bei chirurgischen Eingriffen, oder auch wenn es darum geht, Bewegungsabläufe von Sportlern mit Computerunterstützung zu optimieren", erklärt Reichl.

In vielen Anwendungen wird das Kniegelenk durch zwei Rotationsachsen beschrieben. Der Zusammenhang der Bewegungen um diese beiden Achsen soll im Computermodell möglichst einfach und genau dargestellt werden.
"Mathematisch definiert man ein lokales Koordinatensystem für den Unterschenkel und eines für den Oberschenkel – und dann untersuchen wir, wie sich während einer Beinbewegung die relative Lage dieser Koordinatensysteme ändert", erklärt Prof. Ewa Weinmüller.
Die Daten über die Position und Lage von Unter- und Oberschenkel können mithilfe von Videoanalyse erfasst werden. Für die richtige Interpretation solcher Daten muss aber erst definiert werden, welche Arten von Bewegungen überhaupt möglich sind, welche Freiheitsgrade der Bewegung berücksichtigt werden sollen. Mit Optimierungsalgorithmen werden in einem nichtlinearen Fitting-Prozess die Lageparameter bestimmt, die am besten zu den Messungen passen.

Richtig rechnen mit Fehlern

Messdaten sind niemals ganz exakt – daher war es wichtig, die Auswirkungen von Ungenauigkeiten und Messfehlern auf die Berechnungen zu untersuchen.
"Hätte man perfekte Ausgangsdaten, so könnte man sie mit einem eher komplexeren Modell besser beschreiben", meint Irene Reichl. "Sind die Daten allerdings fehlerbehaftet, dann stellt es sich als sinnvoller heraus, die Zahl der Freiheitsgrade zu reduzieren und ein einfacheres Modell zu benützen." Das mathematische Knie-Modell kann nun in medizinischen und sportwissenschaftlichen Messungen benutzt werden, um Kniebewegungen quantitativ zu untersuchen.

Gefördert im Rahmen des FWF Hertha Firnberg Projektes T318-N14.