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Christoph Grimm – Professor für Embedded Systems am Institut für Computertechnik

Der gebürtige Frankfurter nutzte den Schrottplatz seiner Heimatstadt als Fundgrube für selbstgebastelte Leistungsverstärker. Der Praxisbezug half ihm beim späteren Elektrotechnikstudium und sorgte für das nötige Fingerspitzengefühl für den Entwurf von analogen und mixed-signal-Schaltungen. Als Professor für Embedded Systems setzt er an der TU vor allem auf eine praxisorientierte Lehre und lobt die Leistungen seiner StudentInnen.

Christoph Grimm

Christoph Grimm

Werdegang

„Ich bin in Frankfurt am Main groß geworden und habe in der Nähe eines Schrottplatzes gewohnt. Da gab es vor allem viel Elektronikschrot und den konnte man sich per Kilo für ein paar Cent erwerben. Ich habe relativ früh begonnen damit zu basteln, Transistoren auszubauen und aus Computernetzteilen Leistungsverstärker zusammenzuzimmern“, so beschreibt Christoph Grimm seine Vorliebe für Elektronikteile, die in frühester Kindheit begann. Bereits in der 10. Klasse entwarf er leistungsfähige Verstärker und entschloss sich an der Technischen Hochschule Darmstadt Elektrotechnik zu studieren. Zunächst lautete sein Vorsatz Verstärker und analoge Schaltungen entwickeln zu wollen. Das Grundstudium erlebte er zu Beginn ein wenig frustrierend. Grimm: „Im ganzen Grundstudium habe ich nicht ein einziges Mal einen Transistor gesehen. Es drehte sich alles um Netzwerkanalysen, Fourier-Transformation und vieles mehr. Wir haben alles gelernt nur keine Schaltungen.“ Bei den Vertiefungsrichtungen entschied sich Grimm für die Datentechnik, „weil da noch am ehesten Applikationen sichtbar waren.“ Der Schrottplatz bot sich auch noch während des Studiums als Fundgrube an. „Das hat mir sehr geholfen. Es ist gut, wenn man ein bisschen ein Gefühl dafür hat, wie das alles funktioniert, was man selbst gemacht hat. Es ist ganz anders und man muss die Sache nicht nur von der Theorieseite angehen“, erläutert Grimm. Nach einem Erasmusaufenthalt an der Ecole Centrale de Lyon wechselte Christoph Grimm an die Universität Frankfurt, wo er sich im Rahmen seiner Doktorarbeit mit „Methoden zur Synthese analog/digitaler Schaltungen“ beschäftigte. Er promovierte mit Auszeichnung. Im Anschluss blieb er als wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Technische Informatik und leitete die Forschungsgruppe „Eingebettete und analog/digitale Systeme“. Im Jahr 2005 wechselte Grimm im Rahmen einer Juniorprofessur an die Universität Hannover. Im Juni 2006 erfolgte der Ruf als Professor für Embedded Systems am Institut für Computertechnik der TU Wien.

Forschungsschwerpunkt: analog-mixed-signal-Schaltungen

Als einen Forschungsschwerpunkt bezeichnete Christoph Grimm den Entwurf von „analogen und mixed-signal-Schaltungen“. Es handle sich dabei um eine Schaltungsklasse, die deutlich an Bedeutung gewinnt in der letzten Zeit. „Eingebettete Systeme werden zunehmend untereinander, beziehungsweise mit der Umgebung vernetzt. Sie sollen in Zukunft zum Beispiel die Temperatur messen und Ergebnisse per Funk in Netzwerken verteilen und abgleichen können. Die zusätzlichen Teile, die man dafür benötigt sind analoge Sensoren und Funkschnittstellen. Auf diese Weise entstehen sogenannte mixed-signal-Schaltungen, die besonders schwierig zu entwerfen sind. Auf einem Chip befinden sich analoge und digitale Signale“, erläutert Grimm. Firmenkontakte bestehen in diesem Zusammenhang bis nach Frankreich (Thales) und Spanien (DS 2). Zahlreiche Mikrochiperzeuger wie Infinion, Bosch, ZMD, NXP, STM und Continental Teves sind ebenfalls in konkrete Projekte und Kooperationen von Professor Grimm eingebunden.

C-basierte Modellierung von analog-digitalen Systemen

Die C-basierte Modellierung von analog-digitalen Systemen stellt ein zweites Schwerpunktthema von Professor Grimm dar. Durch die Gründung der OSCI (Open SystemC Initiative) Working Group, bei der Grimm mittlerweile Vice Chair ist, wurde für die Industrie an einer Programmbibliothek gearbeitet, mit deren Hilfe mixed-signal-Chips in einem realistischen Simulationsszenario getestet werden können. Mittlerweile beteiligen sich alle international wichtigen Mikroelektronikfirmen (z.B. INTEL, Texas Instruments, Infinion, ST Microelectronics usw.) an dem Forschungsnetzwerk, das sich zum Ziel gesetzt hat alle Sprachen und Methoden mit denen Embedded Systems entwickelt werden, zu standardisieren.
„Neben diesen beiden Kernpunkten habe ich auch ein von der Industrie nicht so beachtetes „Forschungs-Hobby“, wo es um die Verwendung von affiner Arithmetik zur Analyse und Verifikation von analogen und mixed-signal Schaltungen geht“, sagt Grimm. Hierbei handelt es sich um den mathematischen Beweis, dass so eine Schaltung korrekt ist. „In diesem Bereich bedarf es wahrscheinlich noch zehn Jahre Forschung bevor es dafür Verwertungschancen in der Industrie gibt.“

Keine Theorie ohne Anwendungsbeispiele

„Die Lehre finde ich sehr wichtig. Ich möchte den StudentInnen vor allem näher bringen, dass Sie selber mit dem Erlernten etwas machen können. Mich hat damals am Studium die Theorie ohne Praxisbeispiele gestört. Diese Theorie, die enorm wichtig ist, brauche ich heute. Mein Ziel ist, sie in Verbindung mit Applikationsbeispielen zu bringen, damit die StudentInnen frühzeitig sehen, wie dringend theoretische Grundlagen gebraucht werden“, verdeutlicht Grimm. Er betont, dass die Studierenden mit Freude und Eifer bei der Sache sein sollen und deshalb eine praxisorientierte Lehre ohne Abstriche bei den theoretischen Grundlagen im Vordergrund stehe. „In der Lehre sollen Theorie und Anwendungsbeispiele verwoben sein. Ich glaube, diese Kombination macht einen Ingenieur aus. Er soll beides beherrschen.“ Mit den Leistungen seiner StudentInnen zeigte sich Grimm sehr zufrieden. „Die TU Wien kann sehr glücklich sein so gute StudentInnen zu haben. Ich muss ihnen ein Lob aussprechen. Die sind sehr motiviert und kompetent“, so Grimm. Lediglich bei den mixed-signal-Schaltungen gibt es von Studentenseite noch eine gewisse Scheu. „Sie haben große Angst davor, weil die Konzeption dieser Schaltungen eine intuitive Kombination von Bauelementen erfordert, die man auch intuitiv begreifen muss“, verdeutlicht Professor Grimm. Es sei allerdings schade, dass sich so wenige AbsolventInnen mit diesem Thema befassen. Die Firmen haben hier den größten Bedarf.

Private Seite und Ausblick

Mehrere Gründe waren für Professor Grimm ausschlaggebend nach Wien zu kommen. „Ich glaube es war eine Kombination aus allem. Die Stadt gefällt mir und das Umfeld an der TU Wien ist exzellent für Forschung auf meinem Gebiet.“ An Wien selbst gefalle Grimm besonders das sehr gut ausgebaute U-Bahnnetz. In der Freizeit ist er momentan mit seinem zweijährigen Sohn beschäftigt. Neben seinen Interessen, wiedem Entwurf und Bau von „High-End“ Verstärkern, Programmiersprachen und dem Standard-Tanzen, bleibt Professor Grimm nicht mehr viel Zeit für Freizeitaktivitäten.

Ein Anliegen ist ihm an der TU Wien noch mehr Zeit für Forschung und Lehre zu schaffen. Die Bürokratie solle darüber hinaus in einem vernünftigen Maß gehalten werden. „Das kostet sehr viel Zeit, die man anderweitig nutzen könnte. Alles hat Vor- und Nachteile. In Schweden, das weiß ich von einem Kollegen, wird die Abrechnung von EU-Projekten zentral von einer Servicestelle erledigt. Bei uns müssen wir das selber machen. Andererseits möchte ich die Selbstständigkeit aber nicht missen, weil man auch mehr Freiheiten hat.“