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Cermets: Eine TU Wien-Erfolgsgeschichte

Vor 50 Jahren wurde an der TU Wien die erste Dissertation fertiggestellt, in der es um ganz spezielle Hartmetalle ging – seither wurden Cermets zum Welterfolg.

Kleine Metallstücke und ein kreisförmiges Sägeblatt.

Cermets sind ganz besonders widerstandsfähige Materialien, die etwa für Schneidwerkzeuge verwendet werden.

Besonders harte, widerstandsfähige Materialien sind für die Industrie unverzichtbar – etwa um Bohrer oder Schneidwerkzeuge herzustellen, mit denen man andere harte Materialien bearbeiten kann. Eine wichtige Rolle spielen dabei die sogenannten Cermets, eine Klasse von Hartmetallen, die zu einem großen Teil aus Titan, Kohlenstoff und Stickstoff bestehen. Mittlerweile werden sie auch für andere wichtige Zwecke genutzt, etwa für die Verdrahtung von Elektronik-Chips mit einer Platine.

Nachdem Cermets von der österreichischen Firma Plansee in den 1930er Jahren erstmals hergestellt und patentiert wurden, begann vor 50 Jahren an der TU Wien die Einwicklung der modernen Cermets, und bis heute wird hier mit großem Erfolg an diesen Hochleistungsmaterialien geforscht.

Stickstoff als entscheidender Zusatz

„Im Jahr 1970 schloss Manfred Freudhofmeier, betreut von Prof. Richard Kieffer den vormaligen Forschungschef von Plansee und dem späteren Prof. Peter Ettmayer, bei uns an der TU Wien seine Dissertation ab, in der erstmals der Einsatz von Stickstoff in Cermets untersucht wurde“, berichtet Prof. Walter Lengauer vom Institut für Chemische Technologien und Analytik. „Stickstoff, bzw. dessen Verbindungen in Form von Nitriden und Carbonitriden sind heutzutage aus modernen Cermets nicht mehr wegzudenken. Und diese bedeutende Erfindung geht auf die TU Wien zurück.“

Vor 25 Jahren erschien schließlich eine Publikation des TU-Forschungsteams, in der wichtige Forschungsergebnisse einer Zusammenarbeit mit der Firma WIDIA über Cermets und deren Eigenschaften in einem der führenden werkstoffwissenschaftlichen Fachjournale publiziert wurden (Autoren: Peter Ettmayer, Hans Kolaska, Walter Lengauer und Klaus Dreyer). „Diese Ergebnisse waren so grundlegend, dass diese Publikation nicht nur bis heute die meistzitierte Arbeit über Cermets, sondern auch die meistzitierte Publikation dieses Journals“ ist, sagt Walter Lengauer.

Ausgeklügelte High-Tech Materialien

Bis heute wird an der TU Wien intensiv an diesen Werkstoffen geforscht: Die Eigenschaften von Cermets werden nicht bloß durch die verwendeten Elemente bestimmt. Es gibt ganz verschiedene Möglichkeiten, sie auch beim Herstellungsprozess zu optimieren. Cermets bestehen aus kleinen, kompliziert aufgebauten Hartstoffkörnern, die durch Kobalt- oder Nickel-Mischkristalle durch Sintern verbunden werden. Die Körner aus Titan, verschiedenen weiteren Metallen, Kohlenstoff und Stickstoff sorgen für die nötige Härte, und das Bindemittel zwischen den Körnern sorgt für eine gewisse Zähigkeit, sodass das Material bei thermischer und mechanischer Belastung widerstandsfähig bleibt.

„In der Arbeitsgruppe Metallkunde an der TU Wien wird an Aufbau, Zusammensetzung und Herstellung von Bauteilen aus Hartstoff-Metall-Verbundwerkstoffen geforscht“, sagt Walter Lengauer. „Vor kurzem gelang es uns, zusammen mit Forschern aus Department für Polymertechnologie in Leoben, die weltweit ersten Hartmetall- und Cermetbauteile mittels 3D-Filamentdruck herzustellen.“ Gleichzeitig wird auch bereits an weiteren Hochleistungsmaterialien geforscht: Derzeit arbeitet man in der Arbeitsgruppe am Institut für Chemische Technologien und Analytik etwa auch an den metallurgischen Grundlagen zur Herstellung neuartiger Wolframcarbid-basierter Hartmetalle.

Wissenschaft und Industrie

Diese Metallurgie-Forschung an der TU Wien ist nicht nur in der akademischen Welt hochangesehen, es gibt auch eine lange Geschichte erfolgreicher Kooperationen mit der Industrie. So besteht seit langem Zusammenarbeit mit der Treibacher Industrie AG, dem weltweit führenden Hersteller von Carbonitrid-Pulvern. Mit einem internationalen Konzern wurden kürzlich Cermets für das Sägen von Edelstahl – der Stahlfamilie, die am schwierigsten zu bearbeiten ist – von den metallurgischen Grundlagen ausgehend entwickelt und in der weltweilt größten Produktionsanlage von Sägeblättern implementiert. „Dabei gelang es, die Qualität japanischer Cermets zu übertreffen“, sagt Walter Lengauer. „Das ist eine besondere Leistung, weil die japanische Industrie schon sehr früh auf Cermets setzte und diese Cermets weltweit zu den qualitativ hochwertigsten zählen.“

 

Text: Florian Aigner