Das Institut für Chemische Technologien und Analytik an der Fakultät für Technische Chemie überbrückt unterschiedliche Aspekte der Chemie, Technologie, Analytischen Chemie, Materialwissenschaften, Bioanalytik, Elektrochemie und Umweltchemie und vereint Grundlagenforschung und Angewandte Forschung in einem Institut - ein Alleinstellungsmerkmal im Zentral- und Osteuropäischen Raum. 

Der wissenschaftliche Fokus des Instituts liegt zum Einen bei der Entwicklung von Analytischen Strategien, Methoden und Instrumenten (zum Beispiel: (Bio)Sensoren, Omics-techniken, Massenspektrometrie, Imaging-techniken, Ultra-spuren-trenntechniken und Detektionstechniken auf elementarem und molekularen Level) und zum Anderen im Zusammenhang mit Technologien von Spezialmaterialien, von Metallen, zu seltenen Metallen, High-performance Keramiken, Dünnfilm und Compositen, bis hin zu biomedizinischen Materialien, als auch Energiespeicher und Umwandlungs-geräten im Bereich der elektrochemischen Technologien. Die Entwicklung von analytischen Techniken für die Strukturaufklärung als auch für Umweltchemische Fragestellungen sind weitere Fokuspunkte am Institut.

Die Stärke des Instituts liegt in der bemerkenswerten Kombination von industrie-getriebenen angewandten Forschungsprojekten mit einer außergewöhnlichen Bandbreite an analytische, chemischen und strukturellen Methoden, die durch den großen Pool an "High-end" wissenschaftlichen Equipment und Instrumentierungen dargestellt wird. Um ein Beispiel zu nennen: Das Institut verfügt über einen exzellenten internen Gerätepool, der kompetitive Forschung an einer großen Anzahl an unterschiedlichen Anwendungsfeldern erlaubt - von anorganischen Metall Materialien bis biologischen Gewebeproben.

Das Institut für Chemische Technologien ist in 5 Forschungsbereiche gegliedert, und besteht aus 12 Forschungsgruppen, die jeweils von international anerkannten Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, und high-potential Jungakademikern und Jungakademikerinnen geleitet werden.

Zug um Zug – neues Prüfverfahren entwickelt

Forschende der TU Wien haben ein Zugprüfverfahren entwickelt, das für die mechanische Zugprüfung von Mikro- und Nanofasern geeignet ist. Das Besondere: Die Proben können reversibel an den Kraftsensor an- und abgekoppelt werden.

Von links: Georg Schitter, Philipp Thurner und Mathis Nalbach im Labor.

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Von links: Georg Schitter, Philipp Thurner und Mathis Nalbach im Labor.

Schema der Nanozuprüfung.

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Schema der Nanozuprüfung – eine Nanofaser (hier eine Kollagenfibrille) versehen mit einer magnetischen Kugel wird mittels einer magnetischen Pinzette in den Microgripper eingelegt. Durch kontrollierte Bewegung des Kraftsensors können nun Kraft-Abstands-Kurven aufgenommen werden. Nach dem Versuch kann die untersuchte Faser wieder ab- und eine neue angekoppelt werden.

Möchte man die Steifigkeit oder Zugfestigkeit von Fasern im Nano- bis Mikrobereich testen, ist dies meist sehr aufwändig, denn die Proben müssen an beiden Seiten mit Klebstoff fixiert werden. Einerseits kostet die Trocknung des Klebstoffes Zeit, andererseits lässt sich der Sensor, an den die Faser angeklebt wird, nicht wiederverwenden.

Den TU-Forschern Mathis Nalbach, Philipp Thurner und Georg Schitter ist es nun gelungen, ein Testsystem zu entwickeln, das ebendiese Hürden überwindet. Das Funktionsprinzip ist wie folgt: Eine magnetische Kugel, die an die Nanofaser angebracht wird, lässt sich mit einer magnetischen Pinzette aufgreifen. So kann die Kugel in die an einen Kraftsensor angebrachten Gabel eingelegt und dadurch an den Sensor angekoppelt werden. Da sich die magnetische Kugel mittels der magnetischen Pinzette auch wieder aus der Gabel entfernen lässt, kann man umgehend eine weitere Nanofaser aufgreifen. Dadurch wird der Probendurchsatz signifikant erhöht. Das zum Patent angemeldete Zugprüfgerät „NanoTens“ stellten die Forschenden jüngst in der Zeitschrift „Review of Scientific Instruments“ vor.

An die Realbedingungen angepasst

Während man mit dem Rasterkraftmikroskop die mechanischen Eigenschaften einer Faser durch eine Nano-Eindringprüfung untersuchen kann, ermöglicht der NanoTens die Materialprüfung unter der für Fasern bedeutsameren mechanischen Belastung, der Zugbelastung. Philipp Thurner vom Forschungsbereich Biomechanik erklärt dies wie folgt: „Man kann sich die Vorrichtung wie einen mikroskopischen Gabelstapler vorstellen. Die magnetische Kugel, die an die Faser angeklebt wird, wird in die Gabel des Gabelstaplers eingelegt. Durch eine Auf- bzw. Abbewegung der Gabel kann man die Faser nun unter Zugbelastung testen. Diese Belastungsart ist vor allem für biologische Fasern wie z. B. Kollagenfibrillen relevant. Diese werden physiologisch hauptsächlich unter Zug belastet, und daher sind die mechanischen Eigenschaften unter eben dieser Belastung besonders relevant.“

Die Biomechaniker Nalbach und Thurner untersuchen zumeist natürliche Fasern wie Kollagen. Da deren mechanischen Eigenschaften stark von äußeren Bedingungen abhängen, ist es wichtig, diese auch bei der Zugprüfung zu berücksichtigen. „Dies gelingt uns, da mit dem NanoTens Zugversuche in unterschiedlichen Medien durchgeführt werden können. Eine trockene Kollagenfaser ist beispielsweise viel spröder und steifer als eine feuchte. Auch nimmt ihr Durchmesser signifikant ab, wenn sie ausgetrocknet wird“, sagt Mathis Nalbach, Erstautor der Studie.

Qualität und Quantität steigen

Den Forschenden gelingt es mit ihrer Methode nicht nur, physiologische Bedingungen zu simulieren, auch gewinnen die mit NanoTens generierten Ergebnisse an Validität. Denn um aussagekräftige Ergebnisse über biologische Materialien wie Kollagenfibrillen zu erhalten, bedarf es einer Vielzahl von Messungen. „Herkömmliche Verfahren erlauben uns nur, ein bis zwei Proben pro Woche zu untersuchen. Das macht es quasi unmöglich, statistisch aussagekräftige Studien durchzuführen“, schildert Nalbach das Problem. Philipp Thurner ergänzt: „Die neue Methode erlaubt ein schnelles An- und Abkoppeln der Fasern. Dadurch – und da der Sensor wiederverwendet wird – können wir nicht nur die Anzahl der Zugversuche auf bis zu 50 Messungen pro Woche, sondern auch die Präzision der Messung erhöhen.“

Die Zugversuche können – je nach Wahl – über einen großen Kraftbereich und zudem über eine Regelung auch kraftkontrolliert durchgeführt werden. Dies ist wichtig, da Zugprüfverfahren normalerweise davon ausgehen, dass das Material linear elastische Eigenschaften hat. Bei biologischen Geweben, wie beispielsweise Kollagenfibrillen, ist das jedoch nicht der Fall: Sie sind viskoelastisch. Durch kraftkontrollierte Zugversuche wird die Untersuchung eben dieser Viskoelastizität ermöglicht.   

Von der Erfindung zum Produkt

NanoTens wurde bereits von der TU Wien international zum Patent angemeldet. Auch die Machbarkeit der Methode konnte nachgewiesen werden (TRL 6), wie in der Studie von Nalbach et al. nachzulesen ist. „Der nächste Schritt wäre, sich mit industriellen Partnern zusammenzuschließen. Wir hoffen, mit Hilfe des Forschungs- und Transfersupports eine_n Lizenznehmer_in zu finden. Wir sind an Kooperationen mit der Industrie zu diesem Thema interessiert“, sagt Mathis Nalbach. NanoTens ist dabei so konstruiert, dass es sich generell in jedes Eindrucksmessgerät oder auch Rasterkraftmikroskop integrieren lässt. Neben der Materialwissenschaft findet die Zugprüfung auch – unter anderem – in den Biowissenschaften, der Halbleitertechnik sowie der Elektronik Anwendung.

Weitere Informationen und Originalpublikation

M. Nalbach et al.: Instrument for tensile testing of individual collagen fibrils with facile sample coupling and uncoupling (2022), https://doi.org/10.1063/5.0072123, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster.

Technology Offer, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster der TU Wien.

 

Rückfragehinweis

Mathis Nalbach
Forschungsbereich Biomechanik
Technische Universität Wien
+43 1 58801 31739
mathis.nalbach@tuwien.ac.at

Philipp Thurner
Forschungsbereich Biomechanik
Technische Universität Wien
+43 1 58801 31723
philipp.thurner@tuwien.ac.at

Georg Schitter
Forschungsbereich Intelligente Mechatronische Systeme
Technische Universität Wien
+43 1 58801 37610
georg.schitter@tuwien.ac.at